Wachmacher für den Boden
Text von Astrid Ehrenhauser
Zwischen Haut und Fruchtfleisch schlummern die Samen der Kaffeekirsche, ihre Bohnen, aus denen Kaffee gebraut wird. Das Fruchtfleisch, die sogenannte Pulpe, landet dabei meist im Müll – und mit ihr Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Rohprotein und Lignin. Wie wertvoll sie für den Regenwald sein könnten, haben Forschende der Universität Hawaii im Süden Costa Ricas auf einer ehemaligen Kaffeeplantage untersucht. In der Fachzeitschrift Ecological Solutions and Evidence beschreiben Rakan Zahawi und Rebecca Cole ihren Versuch, die gerodete und degradierte Fläche wiederzubeleben: Etwa 30 Lkw-Ladungen Pulpe verteilten sie in einer 0,5 Zentimeter dicken Schicht auf einem Teil der Plantage, 1.400 Quadratmetern. Ein ebenso großer Teil diente als Kontrollfläche. Nach zwei Jahren im März 2020 zeigte sich: Der Boden enthielt mehr Nährstoffe als die Kontrollfläche, Bäume und Sträucher waren gewachsen, ihre Samen verstreut von Wind und Tieren. Unerwünschtes Weidegras hingegen hatte die Kaffeepulpe verdrängt. Zahawi erklärt: „Wenn die Kaffeepulpe zu verrotten beginnt, erhitzt sie sich. Weil die Schicht außerdem Sonnenlicht fernhält, stirbt das Weidegras ab.“ Heimische Bäume hatten anschließend Platz zu gedeihen, unterstützt von den Nährstoffen im sich zersetzenden Kaffeekompost.
Inspiriert wurde Zahawi von einem ähnlichen, erfolgreichen Experiment im Norden Costa Ricas in den 1990ern. Als Biodünger wurden dort Orangenschalen verwendet. „Eine Win-win-Situation zwischen Industrie und Naturschutz“, sagt Zahawi. Ob die Orangenschalen negative Auswirkungen auf umliegende Ökosysteme wie Flüsse haben könnten, wurde damals nicht untersucht. Zahawi und Cole holten das für Kaffeepulpe nach. „Eine solche Menge Kaffeepulpe einmalig auszubringen, stellt kein Problem dar, wenn man es nicht direkt an einem größeren Gewässer und nicht mitten im Monsun macht.“ Noch zeigen muss sich allerdings, ob Transportkosten, -emissionen und Ertrag im Verhältnis stehen. Wie viel vorteilhafter ist die Methode als etwa reine Wiederbepflanzung? Zahawi: „Wir hoffen, dass wir in den kommenden ein, zwei Jahren mehr Orte untersuchen können.“
Die Fliege im Trog
Text von Anja Dilk
Vielleicht sind sie ein kleiner Baustein im Kampf gegen den Sojahunger von Nutzvieh auf der Welt: Insekten. Zum Beispiel die Soldatenfliege. Aus ihren Eiern schlüpfen wahre Proteinbomben. Im letzten Stadium vor der Verpuppung bestehen die Larven fast zur Hälfte aus Eiweiß. Getrocknet, gepresst und fein gemahlen, wird aus dem Larvengewimmel braunes Insektenmehl – eine reichhaltige Mahlzeit für Tiere. Der brandenburgische Biotech-Hersteller Hermetia produziert es seit 2005, als erster in Europa. Erst durften nur Hunde, Wild- und Zootiere damit gefüttert werden, seit 2021 hat die EU Insektenfutter auch für Nutztiere zugelassen. „Seine Qualität ist Soja sogar überlegen“, sagt Hermetia-Chef Heinrich Katz. „Jungtiere etwa sind auf tierische Proteine angewiesen, damit sich Knochen und Organe gut entwickeln.“ Klingt prima. Denn Soja ist zentraler Bestandteil des Tierfutters weltweit – und ein Regenwaldkiller. Unter allen Agrarrohstoffen, die in die EU importiert werden, wird für Soja am meisten tropischer Regenwald gerodet. Das zeigt eine Studie der Umweltschutzorganisation WWF aus dem Jahr 2021. 77 Prozent der global geernteten Bohne werden an Tiere verfüttert, vor allem an Hühner und Schweine, nur 6 bis 7 Prozent landen in Lebensmitteln. Klar, idealerweise verzichten wir auf Fleisch und Milchprodukte. Doch die Nachfrage ist nach wie vor hoch, die Suche nach alternativen Proteinquellen unerlässlich.
Mit dem Fruchtfleisch der Kaffeekirsche lassen sich zerstörte Regenwaldflächen schnell natürlich aufforsten (Symbolbild).