Naturschutzgebiet Lubombo in Südafrika

Ist Umwelttourismus eine Plage für Einheimische?

Reisende lieben sie, einheimische Farmer*innen nicht: Elefanten. Im Naturschutzgebiet Lubombo zwischen Südafrika, Mosambik und eSwatini sollen Mensch und Tier künftig nebeneinander existieren. Nur wie?

Der Tembe Elephant Park hat ein Problem. Das Naturschutzgebiet im äußersten Nordosten Südafrikas, das 1983 ursprünglich als Elefantenschutzgebiet eingerichtet wurde, wird geplagt von: Elefanten. Auf der Suche nach Wasser, Futter und paarungswilligen Damen durchbrechen vor allem Jungbullen aus dem Nachbarland immer wieder von außen die Zäune, die eigentlich die Tiere im Inneren schützen sollen.

Die Lösung soll ein grenzübergreifendes Schutzgebiet bringen. Zusammen mit weiten Arealen in den benachbarten Mosambik und dem ebenfalls angrenzenden Königreich eSwatini ist der Park schon heute Teil der Lubombo Transfrontier Conservation Area (TFCA). In dem grenzübergreifenden Schutzgebiet sollen auch die lokalen Gemeinden von der Natur profitieren, ohne sie zu zerstören.

Reservate miteinander verbinden

Ein wichtiger Ansatz dabei ist, Reservate miteinander zu verknüpfen. Auf der Landkarte, die Catharine Hanekom auf den Tisch legt, sind der 30 000 Hektar umfassende Tembe Elephant Park und das gut dreimal so große Reserva Especial de Maputo in Mosambik bereits durch einen grün eingezeichneten Streifen verbunden. Durch diesen Korridor sollen sich die Tiere eines Tages frei bewegen können.Doch bis dahin ist es ein weiter Weg. Noch durchtrennt ein doppelter Zaun auf der Staatsgrenze die Tierwelt – und der ist bei weitem nicht die einzige Hürde.

Auch bei Good Impact: Projekte gegen Wilderei- Die Retter*innen der Schuppentiere

Die Ökologin Hanekom, die auf südafrikanischer Seite für die Naturschutzagentur Ezemvelo KZN Wildlife arbeitet, spricht mit der unaufgeregten Sachlichkeit einer Managerin über die Herausforderungen des Projekts. Ihr geht es weniger um offensichtliche Probleme wie die Wilderei, die hier eher eine geringere Rolle spielt, sondern vor allem um technische Fallstricke. So werden sämtliche Tiere in den Bilanzen des Tembe Elephant Parks als Werte der Naturschutzagentur aufgelistet.

„Wir müssen darüber Rechenschaft ablegen, wenn das Wild in ein anderes Land abwandert“, erklärt Hanekom. Problematisch ist zudem, dass der Park auf mosambikanischer Seite noch nicht vollständig umzäunt ist. Da Tembe aber auch über eine Löwenpopulation verfügt, verbietet sich eine Grenzöffnung vorerst, auch aus Sicherheitsgründen. Die Mosambikaner*innen wollten ihre Außenzäune noch in diesem Jahr fertigstellen, als nächster Schritt ist dann zumindest eine Teilöffnung des Korridors geplant, von der Grenze bis zur ersten Hauptstraße, die den Park durchgequert.

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Naturschutzgebiet Lubombo: Zu viele Elefanten im Park

Für Südafrika geht es bei allen Chancen, die ein größeres, grenzübergreifendes Schutzgebiet bietet, auch darum, einen seit Jahrzehnten funktionierenden Park weiterhin zu schützen.

Tembe erstreckt sich über die extrem artenreichen Küstenebenen unweit des Indischen Ozeans. Die Elefanten, die hier durch den stark bedrohten Sandwald ziehen, haben sich über die Jahrtausende an die Bedingungen angepasst. Anders als in vielen anderen Nationalparks wurden sie nicht wieder eingeführt, sondern haben von selbst bis heute in der Region überlebt. Von den Dickhäutern im weiter nördlich gelegenen Krüger-Nationalpark unterscheiden sie sich optisch vor allem durch längere Stoßzähne und eine größere Schulterhöhe. Auch ihr Verhalten ist anders. „Hier fressen sie nicht ringförmig die Borke von den Bäumen wie im Krüger-Nationalpark, aber dafür können unsere Elefanten manchmal auch Bäume einfach komplett zerstören“, erzählt Hanekom. Um das sensible Ökosystem zu schützen, sollten daher eigentlich nur 120 Elefanten im Park leben. Derzeit sind es 220.

Für Tourist*innen bedeutet dies häufige Sichtungen, nachhaltig ist eine Überpopulation allerdings nicht. Der Park gibt deshalb bereits jetzt immer wieder Elefanten an andere Schutzgebiete ab. Zudem werden einigen Elefantenkühen jährlich Verhütungsmittel verabreicht. Vorübergehend schafft das Abhilfe, Kernproblem sind aber die begrenzten Lebensräume, die zu Konflikten zwischen Mensch und Tier führen.

Für die Farmer*innen sind Elefanten eine Plage

Die Farmer*innen, die in Mosambik in direkter Nachbarschaft zum Reserva Especial de Maputo leben, können davon ein Lied singen. Immer wieder kommen die Elefanten aus dem Park, um sich über ihre Felder herzumachen. Auch Affen und Warzenschweine langen bei der Ernte zu.

Die Anwohner*innen, die hier in erster Linie zur Selbstversorgung Mais und Maniok anbauen, sehen die Tiere als Plage. Zwar können sie die Parkranger*innen rufen, um die Elefanten zu vertreiben. Doch die seien oft zu beschäftigt und brauchen auf den unbefestigten Sandpisten in dem weiten Areal einfach zu lange. Der Park versucht, die Farmer*innen mit Ausbildungsprogrammen für schonendere Landwirtschaft auf kleineren und damit leichter zu schützenden Flächen zu unterstützen. „Naturschutz-Landwirtschaft“ haben sie die Methode genannt, bei der Komposterde und Kombinationen verschiedener Feldfrüchte den sandigen Boden ertragreicher machen. Die Hoffnung dahinter ist auch, dass die Landwirt*innen deshalb weniger Wald für neue Flächen roden. Doch wirklich harmonisch scheint die Beziehung zwischen dem Park und seinen Anrainergemeinden noch nicht.

„Ihr könnt viel erzählen, aber das hilft uns nichts – bitte repariert eure Zäune“, fordert der Kleinbauer Fernando Maneca bei einem Treffen mit Parkoffiziellen. Tourist*innen könnten gerne kommen und die Tiere bestaunen, erklärt er – aber bitte innerhalb des Reservats.

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Naturschutzgebiet Lubombo: Die Wildtierbestände haben sich erholt

Im Park hat die Verwaltung in den vergangenen zehn Jahren dafür gesorgt, dass die Wildbestände heute wieder auf einem guten Weg sind. 5000 Wildtiere, darunter Giraffen, Büffel und verschiedene Antilopen-Arten, wurden wiederangesiedelt. In den weiten Ebenen grasen Zebras in der Sonne, als hätte es hier nie anders ausgesehen.

Doch nach Jahrzehnten des Bürgerkriegs war das 1960 ausgerufene Reservat um die Jahrtausendwende nahezu leer. Lediglich ein paar Elefanten, Flusspferde und Krokodile sowie einige kleine und scheue Antilopen hatten das Wüten von bewaffneten Banden und Wilderern überlebt. Inzwischen kommen wieder Tourist*innen. Eine neue Teerstraße von der Hauptstadt Maputo zur südafrikanischen Grenze hat den Park wesentlich leichter erreichbar gemacht.

Großer Vorzug des Parks ist, dass er bis an die Strände des Indischen Ozeans reicht. Im warmen Wasser über den farbenfrohen Riffen tummeln sich zahlreiche Meeresschildkröten, die an der nahen Küste nun wieder effektiv geschützt ihre Eier im Sand vergraben können.

Naturschutzgebiet Lubombo: Der Tourismus soll den Menschen Geld bringen

In der paradiesischen Idylle soll schließlich auch der Schlüssel zum Erhalt der Naturlandschaft liegen. Eine erste luxuriöse Lodge hat bereits im Park eröffnet, zwei weitere sollen folgen. Denn der Naturschutz soll sich rentieren.

Die Parks sollen Urlauber*innen anziehen, der Tourismus soll Arbeitsplätze und Aufschwung bringen. „Das ursprüngliche Ziel war, sozioökonomische Entwicklung zu ermöglichen“ – so nüchtern beschreibt Seth Maphalala, der seit 2009 als Programmmanager für die Lubombo TFCA arbeitet, die Beweggründe für die Ausrufung des Schutzgebiets.

Der stämmige Endvierziger wuchs selbst in einem Township im damals noch unter dem Namen Swasiland firmierenden Königreich eSwatini auf. Er weiß, dass Naturschutz nur in Kooperation mit den Menschen vor Ort funktionieren kann, in deren traditionellen Besitz ein Großteil der Wildnisareale ist.

„Die Gemeinden fragen: Wie profitieren wir als Eigner?“, erklärt Maphalala und gesteht ein, dass es schwierig sei, die verschiedenen Interessen unter einen Hut zu bringen.

„Der Umwelttourismus wird gern als Zauberstab angesehen, mit dem sich sämtliche Probleme lösen lassen, aber die Realität ist: Das kann er nicht leisten“, sagt der Naturschützer.

Naturschutzgebiet Lubombo: Einheimische Führungen

Zu hohe Erwartungen, weiß Maphalala, sind insbesondere in verarmten ländlichen Gemeinden Gift. Sehr wohl aber könne die Branche in strukturschwachen Regionen als Katalysator dienen und über die direkten Arbeitsplätze hinaus auch Folgejobs in der Landwirtschaft und anderen Versorgungsbranchen schaffen – also einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten.

In Maphalalas Heimatland gibt es dafür bereits einige Beispiele. Mit Unterstützung durch ihn und seine Kolleg*innen haben Gemeinden eigene Tourismusprojekte aufgebaut, kleine Lodges, die wiederum kulturelle Führungen durch ihre Gemeinden oder Touren durch die Wildnis auf ihrem kommunalen Land anbieten. Die Lebensmittel für die Verpflegung der Urlauber*innen werden dabei größtenteils aus den Gemeinden selbst bezogen, was noch mehr Familien an den Einnahmen teilhaben lässt.

Maphalala arbeitet nun daran, diese Projekte durch mehrtägige Wanderrouten miteinander zu verbinden, grenzüberschreitend von eSwatini bis nach Mosambik. Der Gedanke dahinter: Die Menschen vor Ort schützen das, was ihnen etwas wert ist.

„Unsere größte Angst ist, dass wir das Interesse der Gemeinden verlieren können, weil sie denken, dass sie nicht genug profitieren – dann stünden wir wieder am Anfang“, sagt Maphalala.

Bild: imago images / robertharding

Elefanten an einer Wasserstelle im Tembe Elephant Park in Südafrika.

Christian Selz, dpa

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