Besser investieren

11 Antworten rund um eine gute Geldanlage

Wir haben elf Experten elf Fragen rund um nachhaltige Geldanlage in Aktien, Fonds und Anleihen gestellt. Das sind ihre Antworten

Wie haben sich grüne Fonds in den vergangenen Jahren im Vergleich zu konventionellen Investmentfonds entwickelt?

Jörg Weber, Chefredakteur ECOreporter.de: In etwa gleich. So lautet etwas unspektakulär das zusammengefasste Ergebnis hunderter Untersuchungen, die Renditen von nachhaltigen Fonds mit konventionellen Varianten verglichen haben. Natürlich haben nachhaltige Fonds, beispielsweise bei Aktien, eine geringere Auswahl an Anlagemöglichkeiten. Das muss aber kein Nachteil sein. In unseren ECOreporter-Fondstests kommen wir sogar zu dem Ergebnis, dass gerade jene Fonds mit den strengsten nachhaltigen Kriterien am besten abschneiden.

Wie kann ich speziell in Unternehmen meiner Heimatregion investieren?

Antje Tönnis, Senior Referentin, GLS Gemeinschaftsbank: Wenn jemand sein Geld in einer bestimmten Region wirksam sehen möchte, geht das etwa über ein Crowdinvestment. Ansonsten lässt sich ein Engagement in einer Regionalwährung empfehlen – diese stärken alle die Wirtschaft vor Ort. Dazu gehören neben vielen anderen der Chiemgauer oder der Elbtaler. Außerdem kann man Teil einer Unternehmung werden, etwa in Genossenschaften. Bauprojekte des Mietshäuser-Syndikats suchen ebenfalls Kapitalgeber vor Ort. Handelt es sich um eine Aktiengesellschaft, deren Papiere gehandelt werden, ist auch ein solches Investment möglich. In der Landwirtschaft ist die Teilnahme an Solidarischer Landwirtschaft geeignet.

Wie wird die Qualität eines Aktien- oder Rentenfonds bewertet?

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Julia Dubslaff, Facingfinance.org: Im Sinne von Nachhaltigkeit ist ein Fonds nur dann ein „guter“, wenn keine eklatanten Verstöße gegen den Klima- und Umweltschutz, die Menschenrechte oder gute Unternehmensführung vorliegen. Dazu müssen robuste Kriterien formuliert sein, die der Fondsmanager auch konsequent befolgt – wenn nötig auch in der Form, dass bestimmte Titel verkauft werden. Erst wenn eine solche Strategie vorliegt, sollte sich ein Fonds mit Begriffen wie „nachhaltig“, „grün“ oder „sozial“ bezeichnen dürfen.

Welche Risiken bestehen bei „grünen“ Aktien?

Gabriele Glahn-Nüßel, Abteilungsleiterin Wertpapiere & Vorsorge, UmweltBank AG: Grundsätzlich bieten grüne Aktien dieselben Chancen und unterliegen denselben Risiken wie andere Aktien. Allerdings werden sich meiner Meinung nach auf lange Sicht nur nachhaltig handelnde und ressourceneffizient wirtschaftende Unternehmen durchsetzen.

Gibt es Prüfsiegel für ethische und ökologische Geldanlagen? Wenn ja: wie wirkungsvoll sind sie?

Volkmar Haegele, Finanzberater Grünvorsorgen.de: Inzwischen gibt es eine Menge Indizes, Prüfsiegel, Ratings und Zertifikate. Manche legen den Schwerpunkt auf Assets, andere berücksichtigen Unternehmen und Finanzprodukte. Wer grün vorsorgen möchte, sollte neben den Geldanlagen die Produktanbieter und uns Finanzdienstleister genauestens unter die Lupe nehmen – nicht zu vergessen: tatsächlich auch den Anbieter der „Bewertungen“. Wir denken, dass es bei der nachhaltigen Anlageentscheidung um „Mehr-Werte“ gehen sollte, sprich: was wollen alle Beteiligten ergänzend zur ökonomischen Rendite Sinnvolles bewirken?

Kann ich Anteile an grünen Unternehmen (Greenpeace Energie, etc.) kaufen?

Prof. Max Wimmer, Finanzexperte: Direktanlagen in Unternehmen oder in ökologisch sinnvolle Projekte sind möglich – wenn die betreffenden Unternehmen selbst das anbieten. Wenn diese in der Region des Anlegers beheimatet sind, haben sie obendrein den Charme, dass man vor Ort direkt verfolgen kann, was mit dem Geld passiert. Es gibt allerdings auch eine Vielzahl höchst spekulativer Ökoinvestments bei denen die in Aussicht gestellten Renditeziele völlig realitätsfern sind. In den Niederlanden flossen in den neunziger Jahren mehrere Hundert Millionen Euro in Teakfonds, die später der Reihe nach insolvent gingen. Einen ähnlichen Reinfall erlebten Anleger 2006 mit dem Schweizer Anbieter Prime Forestry. Vorsicht ist in jedem Fall geboten.

Gibt es bei kleineren, ethisch agierenden Banken ein höheres Anlagerisiko als bei den als „systemrelevant“ eingestuften großen Bankhäusern?

Dirk Eilinghoff, Finanztip.de: Wenn es um Spareinlagen geht (Guthaben auf Girokonten, Sparbüchern, Tagesgeld, Festgeld), unterscheidet sich das Verlustrisiko für den Durchschnittskunden nicht. Es gelten die Regeln der Europäischen Einlagensicherung; im Kern sind also 100.000 Euro pro Kunde und Bank geschützt: Inwieweit man als Kunde auf dieses Sicherungssystem angewiesen ist, hängt von der Geschäftspolitik der Bank ab. Eine kleine, ethisch agierende Bank kann ebenso in Schieflage geraten wie eine Großbank.

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Was ist von grünen Investitionen auf dem „grauen Kapitalmarkt“ zu halten?

Heidi Pätzold, Verbraucherzentrale Hamburg e.V.: Die Verbraucherzentralen raten zur Vorsicht bei Angeboten auf dem Grauen Kapitalmarkt. Anleger sollten das Kleingedruckte lesen und bedenken, dass mehr Rendite zugleich mehr Risiko für das investierte Geld bedeutet. Je länger die Laufzeit, desto schwieriger ist eine seriöse Prognose für Verlauf und Ausgang des Investments. Ein vorzeitiger Ausstieg ist oft nicht möglich. Wir raten Kleinanlegern außerdem, nur Risikokapital zu investieren, wenn sie dessen Verlust verkraften können.

Manche Unternehmen bieten keine Aktien, sondern „stille Beteiligungen“ an. Was bedeutet das?

Marie-Luise Meinhold, Vorstandsvorsitzende Geld mit Sinn e.V.: „Stille Beteiligungen“ sind für das Unternehmen, welches das Geld erhält, Eigenkapital, genauso wie Aktien. Anleger aber haben mit der stillen Beteiligung, anders als bei stimmberechtigten „Stammaktien“, keine Stimmrechte. Außerdem ist die stille Beteiligung nicht auf die Aktiengesellschaft beschränkt. So kann sie etwa auch von GmbHs angeboten werden. Ein weiterer Unterschied liegt zumeist in der Liquidität, das heißt also, wie schnell ich wieder an mein Geld komme, wenn ich es brauche. Börsennotierte Aktien lassen sich an der Börse recht schnell wieder verkaufen, bei stillen Beteiligungen muss ich zunächst einen Käufer finden oder die Beteiligung aufkündigen. Beides geht in der Regel nicht von jetzt auf gleich, sondern kann sich über Jahre hinziehen.

Wie groß ist das Risiko bei Crowdinvesting?

Florian Koss, Leiter Kommunikation Triodos Bank Deutschland: Da es sich bei Crowdfunding immer um projektbezogene Finanzierungen handelt, ist es für jeden Anleger wichtig, sich aktiv mit dem konkreten Projekt und dessen spezifischen Risiken zu beschäftigen. Entsprechend sollte das Verhältnis zwischen Risiko, Rendite und sozio-ökologischer Wirkung der Investition individuell abgewogen werden. Aufgrund der gesetzlichen Vorgaben in Deutschland ist bei Crowdinvestments der Totalverlust einer Investition möglich. Für Anleger ist es daher ratsam, das Risiko über eine breit angelegte Portfoliostrategie und entsprechend kleinteilige Einzelinvestments zu streuen. Durch unsere Kooperation mit der Plattform bettervest können wir als Triodos Bank nun auch in Deutschland eine wichtige Finanzierungslücke für kleine, hochgradig sozial und ökologisch wirksame Projekte schließen, die absolut unseren Werten und Zielen entsprechen, die wir als Bank bisher aber nicht bedienen konnten.

Sind nachhaltige Fonds teurer als konventionelle?

Mathias Winkler, Experte für nachhaltige Finanzprodukte: Bei den meisten nachhaltigen Fonds lässt sich feststellen, dass die Gesamtkostenquote (TER) im Schnitt etwas höher liegt als bei nicht-nachhaltigen Fonds. Das ist auch nicht verwunderlich, denn Nachhaltigkeits-Analyse und -Auswahl kommen ja als Dienstleistung hinzu. Wenn man sich die Entwicklung von besseren Nachhaltigkeitsfonds anschaut, kann diese aber durchaus mit „normalen“ Fonds mithalten. Es kommt somit auf eine gute Portfolio-Zusammenstellung an. Dann lässt sich auch mit ethisch-ökologischen Kriterien eine gute Performance im Vergleich zum Markt erzielen.

Titelbild: Josh Appel/Unsplash

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