ClientEarth und Norwegens Staatsfonds

Wenn sich Investor:innen fürs Klima einsetzen

Wer viel Geld in ein Unternehmen investiert, hat Mitspracherecht und kann Greenwashing verhindern. In einzelnen Fällen nutzen Aktionär:innen sogar ihre Position, um klimaschädliche Projekte zu stoppen.

Beispiel 1: Skandinavischer Domino-Effekt

Norwegens Staatsfonds will kein Geld mehr in Konzerne wie BASF, Volkswagen und Shell investieren, wenn diese keine konkreten Pläne für Klimaneutralität vorlegen.

Text von Jan Scheper

Norwegen zählt zu den reichsten Ländern der Welt und wird gerade noch reicher. Denn Wohlstand und Wirtschaftskraft sind eng an die großen Gas- und Ölvorkommen des Landes gekoppelt. Der Grund für dicke Gewinne ist der russische Angriffskrieg und die damit verbundene Energiekrise auf dem europäischen Kontinent. Equinor (früher Statoil), der für die Förderung zuständige Staatskonzern, meldete im Juli Rekorderträge: 17,6 Milliarden Euro – im Quartal. Klar, dass gerade Skandinavier:innen zwischen Oslo und Tromsø großes Vertrauen in genau jene fossilen Industrien haben, so das Ergebnis einer aktuellen EU-Umfrage. Passend dazu kam durch die Befragung auch raus: Vier von zehn Norweger:innen glauben nicht an die menschengemachte Klimakrise. Puh, nicht schön.

Gut ist dagegen, dass die Verantwortlichen des Norwegischen Staatsfonds – denn dahin fließt das eingenommene Geld aus der Erdölförderung – daran offenbar keinen Zweifel haben. Der Fonds ist 1,2 Billionen Euro schwer und hält Anteile an mehr als 9.000 Unternehmen in 70 Ländern. Ethische Aspekte sind für die Auswahl wichtig, Investitionen in die Rüstungs- oder Tabakindustrie ausgeschlossen. Da aber nur zehn Prozent der Unternehmen im Portfolio anstreben, klimaneutral zu werden, will der Fonds als Miteigentümer stärker mitbestimmen, folglich entsprechende Pläne einfordern – und Unternehmen ansonsten aus dem Fonds werfen. Das Ziel: „Netto-Null-Emissionen bis spätestens 2050 für alle Unternehmen“.

Neben vielen deutschen Unternehmen wie BASF, Vonovia oder Volkswagen gehören auch Konkurrenten wie ExxonMobil und Shell zu den Adressaten der Ansage. Mit einer kleinen Zahl, die große Wirkung verspricht, gesagt: Bei einer gehaltenen Aktienmenge, die 1,3 Prozent der weltweiten Marktkapitalisierung aller börsennotierten Unternehmen entspricht, wäre der Hebel ziemlich groß.

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Beispiel 2: ClientEarth und der Aufstand des Geldes

Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth legt sich mit dreckigen Konzernen wie BP und Total an, um Greenwashing zu verhindern. In manchen Fällen sogar, indem sie Aktionärin wird.

Text von Miriam Petzold

Solarparks glänzen romantisch im Sonnenuntergang, ein süßer Hund streckt seine Schnauze in den Wind, im Hintergrund sprießen Windräder aus dem Boden wie Blümchen: So bewarb BP sein Geschäft 2019. Motto der globalen Kampagne: „Keep Advancing“ (Weiter vorangehen). Nicht bemerkt? Könnte daran liegen, dass sie der Ölkonzern schnell wieder entfernte. Die Umweltrechtsorganisation ClientEarth hatte sich bei der zuständigen staatlichen Behörde in Großbritannien, NCP, beschwert und damit für Furore gesorgt: Ein Konzern, der immer noch 96 Prozent seiner Jahresausgaben in Erdöl und Gas steckt, geht nicht voran.

Auch bei Good Impact: Das bringen Klimaklagen

Ein Teil der spendenfinanzierten Arbeit von ClientEarth besteht darin, Unternehmen mit rechtlichen Mitteln zu mehr Klimaschutz zu zwingen. Neben ihrer Rolle als Greenwashing-Schreck (Beispiel BP) will die NGO umweltschädliche Projekte verhindern. Dafür fährt sie eine trickreiche Strategie: Als Anteilseignerin verschmutzender Unternehmen kann sie von innen heraus Druck machen.

So konnte etwa der Bau eines Kohlekraftwerks durch den Energiekonzern Enea in Polen gestoppt werden. Als Enea-Aktionärin argumentierte ClientEarth vor Gericht: Investments in Kohlekraftwerke würden angesichts steigender Kohlenstoffpreise und günstigen Ökostroms ein zu großes finanzielles Risiko darstellen.

Würden mehr Investierende ihre Rechte wahrnehmen, könnte das ein großer Hebel werden, sagt Paul Benson, Jurist bei ClientEarth. Denn in Aktiengesellschaften dürfen diese klimabezogene Beschlüsse einbringen. Gibt die Hauptversammlung grünes Licht, müssen Vorstandsvorsitzende handeln. Ein Leitfaden von ClientEarth fasst die rechtliche Lage zusammen. Paul Benson: „Selbst wenn man den Erfolg eines Unternehmens rein profitorientiert betrachtet, stellt die Klimakrise ein erhebliches Risiko dar. Das erkennen Anteilseigner:innen langsam – und wollen ihr Geld schützen.“

Bild: IMAGO / NurPhoto

Ein Kohlekraftwerk in Połaniec, Polen, betrieben vom Konzern Enea. 2019 konnte der Bau eines weiteren Kraftwerks durch eine Klage von Aktionär:innen gestoppt werden.

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