Honigbienen am Ende

Warum wir Wildbienen besser schützen müssen

Biene ist nicht gleich Biene. Während die Zahl der Honigbienen seit Jahren steigt, sind Wildbienenvölker in Deutschland massiv bedroht. Sie sind anfälliger für Pestizide und angewiesen auf einen Lebensraum, den die konventionelle Landwirtschaft zerstört. Das jüngste EU-Verbot von Neonicotinoiden ist ein erster Schritt gegen das Bienensterben. Doch wir müssen – und können – mehr tun

Seit zwei Jahren summt und surrt es jedes Frühjahr hinter der Südtribüne des Hamburger Millerntor- Stadions. Auf dem Balkon vor den Räumen der Geschäftsstelle des FC St. Pauli verrichten zwei Bienenvölker ihre Arbeit. Im nahen Park „Planten un Blomen“ finden sie ausreichend Blüten zum Bestäuben – und genug Nektar. Daraus entsteht der Ewaldbienenhonig, benannt nach dem ehemaligen Trainer Ewald Lienen. Bei den Fans des FC St. Pauli ist dieser Honig ein Renner.

Die Mitarbeiter des Clubs kümmern sich allerdings nicht selbst um die etwa 160.000 Bienen in den beiden Kisten hinter der Südtribüne. Die Imkerei Marleena pflegt die Völker, erntet den Honig und füllt ihn in schmucke Ewaldbienenhoniggläser. „2017 hatten wir etwa 67 Kilogramm, genug für 700 kleine Gläser“, sagt Jetta Leena Ramcke von der Imkerei Marleena.

Ramcke, 37, ist Sportlehrerin und kümmert sich derzeit um vier Bienenvölker. Die Imkerei betreibt sie in ihrer Freizeit –und liegt damit voll im Trend. 96 Prozent der deutschen Honigproduzenten sind Hobbyimker und halten nach Angaben des Deutschen Imkerbundes bis zu 25 Völker. Imkern ist in Mode. Heute setzen 25 Prozent mehr Menschen auf dieses Hobby als noch vor fünf Jahren. Der Effekt: Es gibt wieder mehr Bienenvölker in Deutschland. Von 2010 bis 2017 stieg ihre Zahl von 600.000 auf 850.000.

Eine erfreuliche Entwicklung. Denn nach der Wende war die Zahl der Bienenvölker fast um die Hälfte zurückgegangen. „Die ehemalige DDR hatte die Imkerei stark subventioniert“, so Robin Moritz von der Universität Halle-Wittenberg. Nach dem Mauerfall fiel diese Unterstützung weg, Imker verloren das Interesse, viele machten sich gen Westen auf. Zu Recht befürchteten Experten, dass die natürlichen Bestäuber zu wenige werden. Fehlen sie, tragen Apfelbaum, Erdbeere, Tomate und Co. keine Früchte. Ein Drittel aller Lebensmittel hängt von der Arbeit der Bienen ab.

Weltweit gibt es immer mehr Bienenvölker

Dass es neuerdings wieder mehr Imker und Bienen gibt, führt Werner von der Ohe, Leiter des Instituts für Bienenkunde in Celle, vor allem auf einen Bewusstseinswandel in der Öffentlichkeit zurück. Die Medienberichte über das große Sterben hätten den Menschen klar gemacht: Die Biene ist in Gefahr. „Mittlerweile wächst die Zahl der Bienenvölker in Deutschland sogar um etwa 15 Prozent im Jahr.“

Auch weltweit gibt es immer mehr Bienenvölker. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Rom wurden 2013 mehr als 81 Millionen Bienenstöcke gemeldet. 13 Jahre zuvor waren es nur 70,7 Millionen, 1973 sogar nur 55,3 Millionen. So gut sich das alles anhört, Fakt ist auch: Das große Bienensterben, das derzeit viele Menschen besorgt, ist trotzdem real. Bedroht …

Titelbild: Swapnil Sharma/Pexels

Was der Wildbiene gut tut, davon profitiert letztlich auch die Honigbiene

Christian Sobiella

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