Von der Küste aus sind sie kaum zu sehen, 16 Stunden am Tag laufen sie auf voller Leistung und schon jetzt erzeugen die Windräder im Meer so viel Energie wie drei Atomkraftwerke. Als grundlastfähige Erzeuger erneuerbarer Energien sollen sie das Rückrad der Energiewende werden. Doch was halten die Fische, Krabben und Wale in Nord- und Ostsee von den Stahlrießen? Dipl.-Ing. Assessor Jens Lüdecke beschäftigt sich im Rahmen seiner Doktorarbeit mit ihren Auswirkungen auf die Umwelt.
Herr Lüdeke wie kann es sein, dass Meereslebewesen von den Windkraftanlagen profitieren?
Das ist einfach zu sagen: In der deutschen Nordsee finden sich hauptsächlich Sandbiotope und damit vergleichsweise ausgeräumte Meereslandschaften. Das Einbringen von Turbinen in diese Biotope führt dazu, dass sich neue Tierwelt ansiedelt, die es bis dato in der Menge dort nicht gegeben hat. Die Windräder sind wie neue geschaffene Riffe, wodurch sich die Diversität in den Off-Shore-Windparks enorm erhöht. Zuerst siedeln sich Muscheln und Benthoslebewesen – also Meeresbodenbewohner wie Krustentiere und Würmer – an den Turbinen an. Diese locken Fische an und die Fische wiederum ziehen, möglicherweise, Schweinswale und Vögel an. Insgesamt führt das dazu, dass sich in den Windparks mehr Lebewesen wiederfinden als vorher in der Region waren.
Diese Veränderung des Lebensraumes ist ja dennoch unnatürlich. Werden dadurch nicht auch invasive Arten angezogen, oder steigern sich lediglich die heimischen Populationen?
Darüber haben wir lange in der Forschungsgemeinschaft gestritten. Invasive Arten finden sich dort wohl nicht, es finden sich nur Arten, die auch normalerweise in der deutschen Nordsee vorkommen. Die vorher ausgeräumten Lebensräume sind jetzt sehr artenreich, das ist natürlich eine Änderung im Vergleich zu vorher. Aber ich und die Mehrzahl der Wissenschaftler haben das dennoch als positiv bewertet. Die vorher dort-gewesenen, weit verbreiteten Lebensräume, werden dadurch zwar weniger, aber sie sind, im Gegensatz zu den neu geschaffenen Riffstrukturen, vergelichsweise artenarm.
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