Kolumne Einigeln, Teil 6:
Ich bin ein geselliger Typ. Deswegen ist die aktuelle Lage für mich ziemlich doof. Ich versuche, wo ich nur kann, unter strenger Berücksichtigung der ausgegebenen Kontaktverbotsregeln mit Menschen zu sprechen. Ich kenne mittlerweile alle meine Nachbarn und bin sicher, dass das Wort „Social Distancing“ falsch ist, „Physical Distancing“ müsste es heißen. Denn wir haben doch alle viele Menschen angerufen und per Videocall angefunkt, die wir schon ewig nicht gesprochen haben. Supersocial eigentlich.
Was mich persönlich nun sehr hart trifft ist, dass ich nicht mehr wie gewohnt Doppelkopf (kurz: Doko) spielen kann – in der Kneipe oder bei Freunden.
Trotz Corona Doppelkopf spielen: Regel-Crashkurs
Kurzer Crashkurs zum Setting, einfach überlesen, wenn man’s eh schon weiß: Man ist in der Regel mindestens zu viert. Meist spielen jeweils zwei zusammen – das Duo mit Kreuzdamen und das ohne – , es sei denn, jemand spielt ein Solo. Wenn kein Solo gespielt wird, ist es Teil des Spiels, im Verlauf der Partie schnell rauszufinden, mit wem man zusammenspielt. Man kann, sofern man gute Karten hat, aber auch frühzeitig „Re“ (mit Kreuzdamen) oder „Contra“ (ohne Kreuzdamen) ansagen, damit der oder die Partnerin Bescheid weiß. Gewonnen hat die Partei, die in der Regel mehr als 120 Punkte erreicht. Es gibt zahlreiche Sonderregeln und Sonderfälle, die nun den Rahmen dieser Kartenhymne sprengen würden. Wer das Spiel kennt und liebt, weiß, was ich meine, wer nicht, konsultiert bitte die einschlägige und umfangreiche Fachliteratur.
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Kurz: Doko ist ein wundervolles Gesellschaftsspiel, jede Runde ein kleines Sozialexperiment, je nach Tagesform der Spieler*innengemeinschaft. Wer will unbedingt gewinnen, wer nur Spaß haben, was ist das Beste fürs Team, für den Verlauf des Abends? Während die Karten auf den Tisch mal gelegt und mal geknallt werden, wird nahezu über alles gesprochen. Einigeln und Doko geht eigentlich in vielerlei Hinsicht nicht.
Begeisterte Doppelkopf-Nerds, so wie ich einer bin, haben mehrere Runden am Start und suchen dieser Tage ständig nach Lösungen. Eine haben wir gefunden. Aber: Eine perfekte Plattform im Netz gibt es nicht, zumindest haben wir die noch nicht entdeckt, Hinweise gerne per Mail an mich. Wichtig ist vor allem, wie viele Sonderregeln (siehe oben) man einstellen kann. Da gibt es Unterschiede. Und bis man sich zurechtgefunden hat, dauert es auch etwas, muss man halt durch. Später wird’s besser. Anmelden geht fix, drei Spieler*innen müssen nix zahlen, einer aus der Runde braucht allerdings meist eine Art Premium-Mitgliedschaft, die ein paar Euro kostet. Nur so lassen sich bei den Anbietern im Netz auch wirklich Tische aufsetzen, mit denen man nur mit seinen Freunden spielen kann.
Das Tool für die Videokonferenz
Jetzt kommt die eigentliche Herausforderung: das Tool für die Videokonferenz. Bis vor kurzem fanden alle eine US-Firma prima, dann kam raus: Nutzungsdaten landeten bei Facebook. Auch, wenn der werte Herr Zuckerberg gerne wissen darf, dass ich den ganzen Abend nur schlechte Karten hatte, ist das doch ziemlich mies. Alternativen hat etwa die taz-Redakteurin Svenja Bergt hier aufgeschrieben.
Laufen Konferenz und Plattform stabil, geht es also mit dem ungewohnten Corona-Doko weiter. Und das geht ziemlich gut. So gut, dass man sich manchmal dabei erwischt, wie man die Mitspieler*innen bittet, doch schnell ein Bier und Erdnüsse aus der Küche mitzubringen. Gelächter folgt. Trotz Corona Doppelkopf spielen bedeutet: Wer am Ende gewinnt, ist nicht wichtig. Hauptsache man spielt weiter. Und der Weg ins Bett ist definitiv kürzer.
Verschiedene Plattformen ermöglichen Doppelkopf-Runden auch während der Corona-Pandemie.