„Ausflüge in den Supermarkt sind angsterfüllt”
USA, Dallas, Andrew Wisniewski, 28, Berater für soziales Unternehmertum: „An den meisten Tagen arbeite ich sowieso von zuhause aus. Also ändert sich an meinen Arbeitsalltag nicht viel. Ich reise natürlich nicht mehr für meine Arbeit. Zuvor war das fast jede zweite Woche der Fall. Am meisten haben sich meine Abende und Wochenenden verändert. Denn selbst-verständlich fallen jetzt viele soziale Aktivitäten weg. Ansonsten vermisse ich die täglichen Einkäufe im Supermarkt für das Abendessen. Ich liebe es eigentlich, in Ruhe nach den richtigen Zutaten oder nach Inspiration zu suchen. Aber jetzt sind solche Ausflüge eher angsterfüllt und ich versuche so schnell wie möglich wieder aus dem Geschäft heraus zu kommen.
Ich fühle mich gestresst. Vor allem von meiner Arbeit. Aber ich weiß auch, dass es ein riesiger Luxus ist, überhaupt Arbeit zu haben. Dennoch lastet auf meinen Kunden und auf meinem Team ein riesiger Druck, für sichere Arbeitsplätze zu sorgen – und auch für eine Art der Normalität.
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Gerade bemühe ich mich einfach nur, mental gesund zu bleiben. Ich versuche, sofern ich kann, nicht so viel Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen, spreche oft per Video mit meinen Freunden und habe ein paar Projekte im Haus und im Garten. Ich merke, dass es mich noch mehr als sonst raus in die Natur zieht.
Ich lebe eigentlich seit mehr als zwei Jahren in Berlin, jetzt bin ich zu meinen Eltern zurückgekommen. Ich wollte meine Familie in dieser Zeit unterstützen. Es ist seltsam zu sehen, wie mein Heimatland und insbesondere mein Bundesstaat Texas in dieser Krise komplett versagen, während Deutschland so gut wie möglich damit umgeht. Dadurch fühle ich mich Berlin und Deutschland näher und verbundener – und bin sogar etwas stolz. Ich frage mich daher einmal mehr, ob ich jemals wieder in einem Land leben will, das so unorganisiert ist wie die USA.”
In den USA sind laut der Johns Hopkins Universität 609.995 Menschen an dem Corona-Virus erkrankt und 24.429 daran gestorben (Stand 15. April).
„Ich bete und weiß: Nichts währt ewig”
Sambia, Lusaka, 29-jähriger IT-Experte einer NGO: „Normalerweise gehe ich jeden Tag zur Arbeit und am Wochenende gehe ich in die Kirche und sehe danach Freunde und Familie. Sambia ist ein sehr christliches Land, die Wochenenden sind von unzähligen Gottesdiensten überall im Land bestimmt. Nun sind die Kirchen geschlossen, was gut ist, weil sich dort unglaublich viele Menschen infizieren könnten. Vor allem hier in Lusaka, denn die Hauptstadt des Landes ist das Epizentrum der Pandemie. Wir können aber weiter an Gottesdiensten teilnehmen, weil sie nun im Radio und in den sozialen Netzwerken stattfinden.
Ich arbeite nun komplett von zuhause und habe überall einen Mundschutz und Desinfektionsmittel dabei. Meine Familie und Freunde besuche ich nicht mehr, aus Angst, den Virus zu haben, ohne es zu wissen und sie dann anzustecken. Ich fühle mich einsam, weil virtuelle Präsenz von Freunden und Familie einfach nicht dasselbe ist, wie echter physischer Kontakt. Aber ich rede so oft ich kann mit ihnen über soziale Medien und Telefon.
Was die politische Lage in Sambia betrifft, so hat die Regierung meiner Meinung nach zu Beginn zu lange gezögert. Auch als es schon in unseren Nachbarländern erste Covid-19-Fälle gab, haben sie die Grenzen nicht sofort geschlossen. Auch unser Hauptflughafen ist immer noch geöffnet. Ich halte das für falsch und ich glaube wir hätten einen Ausbruch verhindern können, wenn alles schneller geschlossen worden wäre. Ich bin aber dankbar, dass öffentliche Zusammenkünfte nun verboten sind, Restaurants nur Take-Away-Essen anbieten dürfen und auch Bars und Clubs nicht mehr geöffnet haben. Ich vermeide Nachrichten auf sozialen Medien, die Panik schüren. Ich bete und weiß: Nichts währt ewig. Plagen und Hungersnöte kommen und gehen und diese wird auch enden, das sage ich mir jeden Tag.”
In Sambia gibt es bisher 45 Menschen, die positiv auf das Corona-Virus getestet wurden, und zwei Todesfälle (Stand 15. April).
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„Diese „kollektive Einsamkeit“ kann positive Auswirkungen für uns alle haben“
Italien, Castagneto Carducci, Virginia Letizia, 26 Jahre, Studentin: „Die Coronakrise beeinflusst mein Leben in jedem Bereich. Genau seit einem Monat befinde ich mich in Isolation. In dieser Zeit war ich nur zweimal einkaufen und bin ansonsten zuhause geblieben.
Zwar bin ich keine sportliche Person, aber normalerweise liebe ich es, einmal am Tag zum Meer zu gehen, um einen Spaziergang zu machen. Das vermiss ich am meisten – zumindest, wenn man davon absieht, dass ich die Menschen, die mir wichtig sind, nicht sehen kann. Aber das ist ja offensichtlich.
Ich denke, dass diese „kollektive Einsamkeit“, die wir gerade erleben, positive Auswirkungen für uns alle haben kann. Wir haben jetzt die Chance, über viele Dinge nachzudenken. Dafür nehmen wir uns im normalen Alltag oft nicht die Zeit.
Auch ich hatte eigentlich zunächst gedacht, dass diese Zeit für mich produktiv werden würde, da ich meine Abschlussarbeit schreiben muss. Aber jetzt verbringe ich die Zeit, die ich auf einmal zur Verfügung habe, vor allem damit, zu meditieren und über existenzielle Fragen nachzudenken. Ich glaube Meditation kann im Moment für jeden eine gute Sache sein. Haltet einfach inne und denkt nach.”
Bisher sind in Italien laut der Johns Hopkins Universität 162.488 Menschen an Covid-19 erkrankt und 21.067 daran gestorben (Stand 15. April).
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