Klimawandel

Lösungen statt Weltuntergang

Wenn man davon hört, ist der Tenor schnell klar: Apokalypse, Desaster, Weltuntergang. Eigentlich haben wir gar keine Chance, den Klimawandel aufzuhalten und die Menschheit vor der größten Katastrophe überhaupt zu bewahren. Doch genau hier liegt das Problem: Solange wir es nicht schaffen, diese Herausforderung als Chance zu sehen und Hoffnung anstelle von Verzweiflung treten zu lassen, so lange wird sich auch nicht wirklich etwas ändern. Ein Plädoyer für mehr Zukunftsoptimismus im Kampf gegen den Klimawandel

Seit gut einem Monat läuft der neueste Naturkatastrophenfilm in den Kinos. Geostorm lädt den Untergangsszenario-liebenden Kinobesucher dieser Tage dazu ein, die selbstverschuldete Katastrophe der Menschheit auf zehn Meter Leinwand zu erleben – durch Innenstädte fließendes vulkanisches Magma und Hochhäuser wie Sandburgen unter sich begrabende Monsunregenfälle inklusive. So unglaublich dieser Film im ersten Moment auch erscheinen mag, so schnell kann man Parallelen zu der diesjährigen Serie von Extremwetterereignissen auf der ganzen Welt ziehen. Das Ausmaß der Hollywood-Produktion mag zwar noch ein Anderes sein, die grundlegende Entwicklungsrichtung aber scheint die gleiche.

Das Jahr 2017 ist auf dem besten Weg, eines der seit Beginn der Wetteraufzeichnungen heißesten je gemessenen Jahre auf unserer Erde zu werden. Nur 2016 sei wärmer gewesen, so aktuelle Berechnungen der Weltwetterorganisation (WMO). Auch waren wir im laufenden Jahr wieder Zeugen unzähliger Extremwetterereignisse: Hurricanes in den USA und Puerto Rico, Hitzewellen in Europa, Dürren in Ostafrika, Rekordniederschläge in Neuseeland und sogar Waldbrände in Grönland. Ja, in Grönland – die Eisinsel im Nordpolarmeer! Im Vergleich zu beispielsweise Sizilien im Mittelmeer, wo – fast kaum überraschend – Touristen noch im Juli vor den Flammen der dortigen Waldbrände flüchten mussten, sind derartige Phänomene in einer Permafrostlandschaft eigentlich undenkbar und eine absolute Seltenheit. Noch. Denn Fachleute sagen auch hier eine Klimawandel bedingte drastische Zunahme der Anzahl und Ausmaße von Buschbränden nördlich des Polarkreises voraus.

Die Auswirkungen des Klimawandels ziehen weltweit massive ökologische und gesellschaftliche Konsequenzen nach sich, wie u.a. im Hinblick auf unsere Gesundeit durch die Zunahme von Hitzewellen, die Landwirtschaft und damit unsere Ernährung durch Verschiebung von Vegetationsperioden und die Zunahme globaler Migrationsbewegungen durch Vernichtung von Lebensräumen. Klar ist, dass diese Folgen letztlich von uns provoziert sind. Klimaforscher stellen immer wieder fest, dass mit mehr als 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit menschliche Aktivitäten die Hauptursache der globalen Erderwärmung sind.

Die Tatsache, dass lange noch nicht jeder an diese wissenschaftlichen Erkenntnisse glaubt oder sein Verhalten dementsprechend ändert, gibt Grund zur Sorge. Und gibt außerdem Grund zur Annahme, dass unsere derzeitgen Klimaschutzbemühungen und damit einhergende Kommunikation schlussendlich noch nicht überzeugend genug sind. Was ist, wenn die Art und Weise, wie wir über den Klimawandel berichten, Schuld an diesem Problem ist? Was ist, wenn der öffentliche Diskurs und Botschaften in den Medien geprägt von Extremszenarien nur dazu beitragen, dass die Klimawissenschaft nicht gehört und teilweise sogar vermeintlich ad absurdum geführt wird?

„Desaster“ und „Katastrophe“ statt Lösungen

Fakt ist: Ein Großteil des Diskurses über den Klimawandel erinnert eher an ein unvermeidliches Todesurteil, als an eine tatsächliche Diskussion über Lösungsvorschläge. Laut einer Studie der Universität in Washington framen 80 Prozent der Medienberichte und gar 90 Prozent der Reports des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) das Thema mit Begriffen wie „Desaster“ und „Katastrophe“. Einige der jüngsten Kommunikationen gingen sogar so weit und stellten ein Ende der Menschheit in nicht einmal zehn Jahren in Aussicht. Bei dem weltbekannten theoretischen Physiker Stephen Hawking sind es immerhin noch 100 Jahre, doch auch er hat seine Prognose innerhalb von nur einem Jahr um den Faktor 10 reduziert. Smith Broecker, einer der führenden Geowissenschaftler weltweit, prägte nicht nur den Begriff „Erderwärmung“, sondern spricht auch von dem Planeten als „wütender Bestie“, welche wir mit Stöcken pieksen.

Klar ist jedoch auch: Diese Kommunikationstaktik ist höchst ineffektiv. Jahrzehntelange Psychologie-Forschung lehrt uns, dass der Mensch in der Regel extrem schlecht darin ist, zukünftige negative Konsequenzen seines gegenwärtigen Handelns realistisch einzuschätzen. Unser Gehirn ist derart verschaltet, dass es alles Schlimme, Schmerzhafte und Quälende lieber irgendwie ignoriert, ausblendet und verdrängt. Auch funktioniert es deshalb schlichtweg nicht, wenn Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel vor allem mit einer Einschränkung oder negativ wahrgenommenen Anpassungen des eigenen Lebensstils einhergehen sollen.

Auch sind die Folgen des globalen Klimawandels für zu viele Menschen noch in allzu weiter Ferne, als dass sie sich zum unmittelbaren Handeln gezwungen fühlten. Zwar ist unser Gehirn eine wunderbar konstruierte „Geh-aus-dem-Weg-Maschine“, die uns seit Abermillionen Jahren vor unmittelbaren Gefahren schützt und uns so bspw. vor dem heraneilenden Säbelzahntiger wegrennen lässt. Doch der Umgang mit Gefa…

Warum wir mehr Zukunftsoptimismus im Kampf gegen den Klimawandel brauchen

Daniel Anthes

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