Petition für neues Verfahren

Schluss mit ungewollter Werbung

„Bitte keine Werbung!“ Wer keine Prospekte will, muss das deutlich machen. Die Deutsche Umwelthilfe will das ändern und so Müll vermeiden: Nur mit Zustimmung soll sie noch in den Briefkasten wandern. Das Justizministerium zeigt sich nicht begeistert von dem geforderten „Opt-in-Verfahren“.

Bitte keine „Bitte keine Werbung!“-Aufkleber mehr: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will mit einer Petition erreichen, dass Werbeprospekte nur noch in Briefkästen von Menschen landen, die sie auch ausdrücklich haben wollen. Am Freitag werden die gemeinsam mit der Initiative „Letzte Werbung“ gesammelten rund 96.000 Unterschriften dem Bundesjustizministerium in Berlin übergeben.

Bislang muss über einen Aufkleber wie „Stopp – Keine Werbung!“ deutlich gemacht werden, dass man keine Prospekte wünscht. Und selbst an diese Bitte hält sich laut DUH-Abfallexperte Thomas Fischer vor allem in Großstädten oft nicht jede*r. „Wir sehen, dass es nicht funktioniert. Deshalb müssen wir es umdrehen“, sagt er. Nur in Briefkästen mit Aufklebern wie „Werbung – Ja bitte“ soll künftig noch Werbung wandern – so die Forderung ans Justizministerium.

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Amsterdam als Vorbild – hier gilt  das „Opt-in-Verfahren“ bereits seit zwei Jahren

So müsste weniger Werbung produziert, klimabelastend verteilt und entsorgt werden, rechnet Fischer vor. In Amsterdam sei 2018 ein solches System eingeführt worden. Nur rund 30 Prozent der Haushalte entschieden sich dort laut Fischer aktiv für die Werbung. 6000 Tonnen Papier seien so pro Jahr gespart worden. Pro Jahr werden seinen Angaben nach in Deutschland derzeit 28 Milliarden Werbeprospekte gedruckt, es entstehen rund 1,1 Millionen Tonnen Müll – „in diesem Bereich wird ohne Ende gesündigt“. Allein für die Papierproduktion der nicht adressierten Werbebroschüren werden 42 Mrd. Liter Wasser, 4,3 Mrd. kWh Energie und 1,6 Mio. Tonnen Holz von über 1,1 Mio. Bäumen verbraucht. So heißt es in der Petition auf change.org.

Laut Amsterdams Stadtverwaltung konnten bereits 6.000 Tonnen Papier pro Jahr und zwischen 650 und 750 Fahrten der kommunalen Müllabfuhr eingespart werden. Würde ein solches Opt-in-Verfahren in ganz Deutschland umgesetzt, könnten jährlich rund 66.000 Müllabfuhren mit einem Fassungsvermögen von je 12 Tonnen vermieden werden. Das entspräche einer Einsparung von mehr als 20 Mrd. Werbebroschüren – schreibt Sebastian Sielmann von Letzte Werbung e.V. und der Deutschen Umwelthilfe in seiner Petition.

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Anzeigen von Baumarktketten, Drogerien oder des Textilhandels

Das Justizministerium geht davon aus, dass sich auch hierzulande nur wenige Bürger*innen für Werbung entscheiden würden. Das hätte den Vorteil, dass Abfälle vermieden werden könnten, teilte eine Sprecherin mit. Wenn kommerzielle Postwurfwerbung nur mit Einwilligung zulässig wäre, würde dies aber die unternehmerische Freiheit beschränken. „Ob die Belange des Persönlichkeits- und Umweltschutzes einen solchen Eingriff rechtfertigen könnten, wirft eine Reihe von Abwägungsfragen auf“, teilte die Sprecherin mit. Hinzu komme das hohe Gut der Pressefreiheit, wenn lokale Anzeigenblätter auch einen redaktionellen Teil enthielten. Da bei der derzeitigen Regelung ohne großen Aufwand Schutz vor unerwünschter Werbung garantiert sei, sei derzeit keine Änderung geplant.

DUH-Abfallexperte Fischer sagte, Gratiszeitungen wären nicht betroffen. Es gehe vielmehr um Anzeigen von Baumarktketten, Drogerien oder des Textilhandels. „Da müssen wir ran, das ist der ganz große Batzen“, sagte er. Auch könne der Gesetzgeber Ausnahmebestände definieren, damit Gemeinnütziges oder Wahlwerbung weiter ankommen.

Bild: imago images / Seeliger

In Berlin-Pankow wehrt sich eine Wohngemeinschaft mit einer handgeschriebenen Botschaft gegen unaufgeforderte Werbepost.

dpa, enorm Redaktion

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