Ein Kilo Pflaumen, zwei Pakete Nudeln, eine Brotbackmischung – übrig geblieben oder in den Tiefen des Vorratsschranks vergessen. Wegwerfen? Kommt für Monika Heissenbüttel nicht infrage. Sie ist seit langer Zeit auf der Nachbarschaftsplattform nebenan.de registriert, hat sich dort schon für Freizeitaktivitäten vernetzt und ausrangierte Haushaltsgegenstände an Menschen in ihrer Bremer Nachbarschaft verschenkt. Warum die Plattform nicht auch nutzen, um Abnehmer:innen für Lebensmittel zu finden? Die Beiträge für die Website sind schnell erstellt, Pflaumen, Nudeln und Brotbackmischung als „zu verschenken“ markiert. Schon kurze Zeit später sind alle Lebensmittel abgeholt.
Nebenan.de ist mit rund zwei Millionen aktiven Mitgliedern Deutschlands größte Nachbarschaftsplattform. Nutzer:innen können sich kostenlos und lokal mit anderen registrierten Nachbar:innen vernetzen, verabreden, austauschen, Aktionen planen. Im September startete nebenan.de einen Aktionsmonat zum Umwelt- und Klimaschutz, das Motto lautet „Lokal für Global“. Die Plattform will ihre Nutzer:innen motivieren, sich im Kleinen für Klima und Umwelt zu engagieren. Infos auf nebenan.de helfen bei der Planung von Nachbarschaftsaktionen in drei Bereichen: User:innen können ihren Kiez von Müll befreien, Lebensmittel retten oder gemeinsam kaputte Gegenstände reparieren.
Foodsharing: Lebensmittel mit der Nachbarschaft teilen
Monika Heissenbüttel stößt zufällig auf den Aktionsmonat zum Umwelt- und Klimaschutz. Ihr Interesse ist schnell geweckt, sie klickt sich durch die Infos auf der Website. Bei einer Aktion bleibt sie hängen: Wer einen Bericht über seine Erfahrung mit Lebensmittelrettung schreibt, kann eine von 50 Lebensmittelrettungsboxen gewinnen. „Ich dachte: Lebensmittel habe ich schon gerettet, ich habe ja schon häufiger verschenkt, was ich nicht mehr verwerten konnte. Darüber habe ich dann geschrieben.“ Und sie ist neugierig geworden. Welche Möglichkeiten gibt es noch, Lebensmittel zu retten?
Auch auf nebenan.de entdeckt Heissenbüttel die Initiative Foodsharing, macht sich schlau, registriert sich als offizielle Foodsaverin. Und organisiert gleich die ersten Probeabholungen bei Märkten und Supermärkten. Diese überlassen den Retter:innen kostenlos Obst und Gemüse, das sie nicht mehr verkaufen können. „Schon vor der Abholung, habe ich mich gefragt, wie ich die Lebensmittel hinterher schnell wieder loswerde. Da kam mir die Idee, eine Gruppe auf nebenan.de zu gründen: ‚Lebensmittel retten in Findorff‘.“ Die Gruppe hat schnell acht Mitglieder. Ihnen bietet Monika Heissenbüttel das abgeholte Essen an. Allein in Bremen sind fast 1600 Lebensmittelretter:innen in verschiedenen Gruppen auf der Nachbarschaftsplattform vernetzt. „Bis ich es auf nebenan.de gelesen habe, hatte ich keine Ahnung davon, dass es so ein großes Netzwerk aus Foodsaver:innen gibt.“
Nebenan.de-Geschäftsführerin Ina Remmers bestätigt: „Auf der Plattform sehen wir täglich, wie Nachbar:innen sich in Foodsharing-Gruppen zusammenfinden.“ Außerdem ergab eine User:innen-Umfrage von nebenan.de: Für 64% der Teilnehmer:innen sind Nachhaltigkeit, Umwelt- und Klimaschutz das wichtigste Thema bei der Nachbarschaftsvernetzung. Das Ergebnis inspirierte nebenan.de zur Planung des Aktionsmonats.
Auch Tanja Pausner ist nebenan.de-Nutzerin, die ihre Nachbarschaft für den Aktionsmonat mobilisiert. Ihre Gruppe „Veedel Cleaner Eller & Umgebung“ befreit das Düsseldorfer Viertel (rheinisch: Veedel) Eller schon seit Anfang dieses Jahres regelmäßig von Müll. Als sie auf nebenan.de erfährt, dass der World Cleanup Day in den Aktionsmonat fällt, steht fest, dass die Veedel Cleaner auch bei „Lokal für Global“ zur Tat schreiten werden. „Wenn so große Aktionen stattfinden, unterstützen wir sie!“ Das Motto des Aktionsmonats hat Tanja Pausner dabei fest im Kopf: „Es geht natürlich darum, den Müll wegzubekommen, aber wir wollen auch das Thema öffentlich machen und die Leute sensibilisieren.“ Deshalb erinnert sie die Mitglieder ihrer Gruppe immer wieder daran, Berichte über die Müllsammelaktionen zu schreiben und zu posten. „Unser Ziel ist, dass möglichst viele Nachbar:innen mitmachen!“
Umweltbewusstsein im Alltag
Was aber müsste geschehen, damit sich Menschen im Alltag noch häufiger für umweltbewusstes Verhalten entscheiden? Das will nebenan.de in der diesjährigen Umfrage von seinen User:innen wissen. Ergebnis: 28 Prozent wünschen sich mehr Ideenaustausch mit ihren Nachbarinnen, rund 38 Prozent geben an, dass ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Die meisten aber, etwa 68 Prozent erwarten klarere Regelungen von der Politik.
Können nachbarschaftliche Initiativen also überhaupt etwas bewegen, wenn politische Maßnahmen auf sich warten lassen? Und ob. Darauf weist eine Studie des US-amerikanischen Psychologen Robert Cialdini hin: Gerade in Nachbarschaften kann umweltfreundliches Verhalten „ansteckend“ sein, die Handlungen Einzelner prägen die Handlungen ihrer Nachbar:innen. Cialdinis Erklärung: Wenn Einzelne klimafreundlich leben, erkennen ihre Nachbar:innen, dass es machbar ist. Also schließen sie sich an. Und schon sind es nicht mehr die Handlungen Einzelner, sondern Vieler.
Die Nachbarschaftsplattform nebenan.de macht aus dem September einen Aktionsmonat zu Umwelt- und Klimaschutz. Das Motto: Lokal für Global. Lebensmittel retten ist eine der Aktionen, für die sich Nachbar:innen zusammentun können.