Schmuckdesignerin über Recycling

„Wir brauchen kein neues Gold“

Der Abbau von Edelmetallen schafft zu viele Verlierer*innen, deswegen setzt Gründerin Helge Maren Hauptmann auf Recycling. Ein Gespräch über Abbaugebiete, Wertverlust und ihre Kollektion.

Frau Hauptmann, zehn Jahre haben Sie für große Schmuckhersteller*innen gearbeitet,
warum jetzt ein eigenes Label und Gold-Recycling?

Ich achte darauf, woher meine Kleidung kommt, seit einiger Zeit lebe ich vegan – da war es nur ein Schritt, auch meine eigene Branche zu hinterfragen und zu handeln.

Auch bei Good Impact: Der Schmutz der Goldindustrie

Wo liegen die Probleme?

Es geht vor allem um die Fragen: Wo und wie wird Gold abgebaut? Oft liegen die Abbaugebiete in Regionen, in denen indigene Völker leben. Es kommt zu Einschüchterung, Vertreibung, Gewalt. Um an das Gold zu gelangen, wird zuerst Gestein gesprengt und zermahlen, anschließend auf Plastikplanen zu hohen Hügeln aufgeschüttet und mit Zyanid beträufelt. Die Chemikalie löst die winzigen Goldspuren aus dem Gestein, oft sind es nur ein, zwei Gramm pro Tonne. Die Laugung in Tanks ist besser, produziert aber auch hochgiftige Schlacken. Hinzu kommen Kinderarbeit und die oft miesen Arbeitsbedingungen, unter denen auch all die Menschen leiden, die unseren Schmuck dann letztendlich gießen, schleifen, polieren, meist in Billiglohnländern.

Helge Maren Hauptmann

Die Designerin launchte im Oktober ihre erste Schmuckkollektion. Sie verwendet ausschließlich recyceltes Gold und synthetische Eco-Diamanten. 

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Bild: Anne Duschl

Wie sieht es mit fairem Schmuck aus?

Anbieter von fairem Schmuck arbeiten mit Zwischenhändlern und Organisationen zusammen, die hohe Sozial- und Umweltstandards versprechen. Die Frage ist für mich jedoch, ob wir überhaupt noch Edelmetalle abbauen müssen? Gold wie auch Silber lassen sich zu 100 Prozent recyceln, ohne Verlust. Insofern verliert auch das eigene Schmuckstück nie an Wert. Materiell nicht, emotional schon zweimal nicht.

Mitte November haben Sie dazu aufgerufen, alte Handys und Laptops zu spenden, warum?

In 40 Handys steckt so viel Gold wie in einer Tonne Golderz. Hinter der jährlichen Aktion „World Gold Day“ steht die Earthbeat Foundation, die sich für einen Wandel in der goldverarbeitenden Industrie einsetzt. Nicht zuletzt indem sie den Menschen berufliche Alternativen anbietet. Es kann nicht sein, dass wir sie nach Jahrzehnten der Ausbeutung sitzen lassen. Wir brauchen einen Wandel, der alle mitnimmt und unseren Konsum von Grund auf verändert

Schmucke Alternativen

Aurhen: Edelmetalle und -steine, fair und nachhaltig gewonnen, keine Kinderarbeit, kein Zyanid

Caroraue: recyceltes Silber und FSC-Papier

Fejn: recyceltes Silber und Gold, produziert in Köln oder Kleinbetrieben in Thailand und Italien

Fremdformat: Schmuck aus Industrieabfall, teilweise veredelt mit recyceltem Silber oder Gold

I Am In Peace: recyceltes Gold und Silber, produziert wird in Salzburg

Lani Lees: recyceltes Silber aus Deutschland, Gold für Ringe nachhaltig gewonnen aus den Flüssen Finnlands, produziert wird in Berlin nach Bestellung

Vieri: fair gehandeltes oder recyceltes Gold, setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen weltweit

Bild: imago images / imagebroker

Der Goldabbau hinterlässt Mondlandschaften, nicht nur hier auf dem Areal der Mine Yanacocha in Peru.

Heike Littger

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