„KomPot“, „E-ChargeNets“, „Edudy“ – davon hat bisher kaum jemand gehört. Das liegt daran, dass es diese Initiativen noch nicht lange gibt. Was ihnen gemein ist: Ihre Gründer*innen sind unter 20 Jahre alt – und sie haben an „Jugend gründet“ teilgenommen.
Den Schüler*innen- und Jugendwettbewerb „Jugend gründet“ gibt es seit 2003. Seitdem können junge Menschen dort Businesspläne einreichen. Darauf erhalten sie dann ein professionelles Feedback. Im vergangenen Wettbewerbsjahr haben sich 783 Teams registriert. „Teilnehmer erleben die Gründung eines virtuellen Start-up-Unternehmens, lernen spielerisch wirtschaftliche Zusammenhänge kennen und erwerben dabei betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse“, sagt Projektleiterin Franziska Metzbaur. Der aktuelle Hauptpreis ist verlockend: eine Reise ins Gründer*innenparadies Silicon Valley. Und: Manche der Jung-Unternehmer*innen setzen ihre Ideen tatsächlich in die Realität um. Mit einem ganz besonderen Blumentopf hat etwa das Team „KomPot“ dieses Jahr den ersten Platz gewonnen. Der Ursprung des prämierten Projekts liegt mitten in Berlin: ein kleiner Garten, rundherum summende Bienen und duftende Blumen. Der 18-jährige Edgar Schmidt-Narischkin bepflanzt seinen Garten jedes Jahr neu, doch eine Sache störte ihn: die Plastik-Blumentöpfe seiner Setzlinge. „Es hat sich ein riesiger Haufen Müll angesammelt“, sagt der junge Mann. „Es tut weh, dass jedes Mal so viel Plastik anfällt.“
Komplett abbaubarer Bio-Blumentopf
Jährlich landen laut Deutscher Umwelthilfe (DUH) hierzulande rund 116.000 Tonnen Plastik aus Verpackungen und Produkten in der Umwelt. Daran wollte Edgar Schmidt-Narischkin etwas ändern. Er hat mit seinen Freund*innen Kilian Holle, Karl Weiss, Liv Jürgensen und Subonn Lee einen Blumentopf entwickelt, der nachhaltig ist und das Gärtnern erleichtern soll. Ihr „KomPot“ besteht aus einer gepressten Mischung aus Holzfasern, dem Holzbestandteil Lignin sowie Stärke. Miteingepflanzt zersetzt sich der Bio-Blumentopf innerhalb von zwölf Monaten in der Erde und düngt gleichzeitig die Pflanze. Das funktioniert sogar im Blumenkasten auf dem Balkon. Mithilfe einer 3D-Druckfirma, einer Berliner Gärtnerei, der Boston Consulting Group und „Jugend gründet“ läuft die finale Testphase. Mitte 2021 soll der „KomPot “auf den Markt kommen.
Klingt gut, doch Christoph Epping, Experte für Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft im Bundesumweltministerium betont: Der Topf bleibe ein Einweg-Produkt. „Wenn der Blumentopf aus gepressten, natürlichen Materialien besteht, kunststofffrei ist, mit eingepflanzt wird und rückstandslos abgebaut wird, ist alles gut.“ Aber der langfristige Nutzen sei begrenzt. Denn der Blumentopf helfe zwar dem biologischen Kreislauf, indem er als Dünger für die Pflanze diene, wiederverwenden lasse er sich nicht. Nach der ersten Benutzung sei er wortwörtlich „vom Erdboden verschluckt“. Sollte der „KomPot“ auf den Markt gelangen, wartet Konkurrenz. Der Blumentopf „Hanfi“ vom Unternehmen meinwoody ist seit 2019 erhältlich und funktioniert nach einem ähnlichen Prinzip.
Straßenlaterne – und Ladestation
Die 17-Jährige Berit Allgeier, Schülerin aus Achern in Baden-Württemberg, will Elektromobilität voranbringen. Sie hat einen Plan entwickelt, um die Pläne der Bundesregierung zu unterstützen, denn bis 2030 sollen eine Million Ladesäulen für E-Autos errichten werden. Allerdings gibt es aktuell lediglich rund 21.200 Stationen laut der Übersichtskarte chargemap.com. Hier setzt das Konzept von Berit Allgeier und ihrer Organisation „E-ChargeNets“ an, mit dem sie bei „Jugend gründet“ den Porsche-Sonderpreis „Digitale Zukunft“ gewinnen konnte. Ihre patentierte Box ist ein Bauteil, das in Straßenlaternen eingesetzt werden kann, um daran Elektroautos zu laden. Eine Lösung, mit der nicht für jede Ladesäule der Boden aufgebaggert werden müsste. Erst vor wenigen Wochen wurde der erste Prototyp in Offenburg installiert. Möglich wurde das durch viele Partnerunternehmen, mit denen Allgeier sich in der Zeit der Entwicklung vernetzt hatte. Die Schülerin hat damit ein großes Ziel: „Durch eine saubere Umwelt die Lebensqualität von uns allen erhöhen.“
Digitale Schulübergreifende Netzwerke
Homeschooling – ein Thema, das während der Corona-Pandemie aktueller ist als je zuvor – bedient das Team „Edudy“ aus Neustrelitz, Mecklenburg-Vorpommern. Florian Meßmann, Anton Rischer, Max Redmer, Timm Baukus und Tim Gundermann haben eine Plattform entwickelt, die den Fernunterricht für Schüler*innen erleichtern soll: Der Austausch von Unterrichtsmaterialien, Aufgaben, Hilfsmitteln und sogar Lehrbüchern soll über „Schoody“ ermöglicht werden. Außerdem können sich Schüler*innen gegenseitig über eine Vielzahl an Foren und Chats unterstützen. „Man muss es sich separiert vorstellen. Einmal gibt es einzelne klassenbezogene Kurse, dann aber auch sehr umfangreiche schulübergreifende Netzwerke“, erklärt Max Redmer.
Im Interview erzählen die Schüler, dass sie ihre schulinterne Cloud, von denen es in Deutschland Hunderte gibt, schlicht nicht benutzerfreundlich fanden. Also haben sie sich etwas einfallen lassen und mit „Schoody“ an „Jugend gründet“ teilgenommen. Während Tim Gundermann, der Programmierer im Team, derzeit an der Umsetzung des Konzepts arbeitet, kümmern sich die anderen vier Jungs um die Organisation, sprechen mit Lehrer*innen und Schüler*innen über ihr Vorhaben. „Wir haben sehr positive Resonanzen bekommen“, sagt Florian Meßmann. „Wir denken stark darüber nach, nach dem Abi zu gründen“, so der 17-Jährige. „Nach dem Abi gründen“ – das antworten viele Schüler*innen auf die Frage, wie es nach dem Wettbewerb für sie weitergeht.
Der Autor ist 17 Jahre alt. Er besucht die 12. Klasse des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Sangerhausen in Sachsen-Anhalt. 2019 hat er ebenfalls an „Jugend gründet“ teilgenommen. Mit einem smarten Schuh hat sein Team den Sonderpreis „Innovation in Textil“ gewonnen.
Berit Allgeier und ihr Team haben eine Box entwickelt, die Straßenlaternen zu Ladestationen für E-Autos macht. Sie haben dieses Jahr beim Wettbewerb „Jugend gründet“ den Sonderpreis gewonnen.