Vorsorgen, Alter!

„Jede Lebensphase hat ihre Chancen“

Professor Klaus Rothermund erforscht den letzten Lebensabschnitt: das Alter. Er plädiert für ein ganzheitliches Verständnis von Altersvorsorge

Herr Rothermund, angenommen, ich möchte mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen und dann viel reisen. Kann ich das heute schon planen?

Prinzipiell ja. Die Pläne richten sich aber immer danach, was man zur Verfügung hat. Ob große Reisen im Alter möglich sind, hängt natürlich davon ab, ob man über die dazu nötigen Mittel verfügt. Die meisten Menschen entwickeln im Laufe ihres Lebens einen Lebensstil, der eine bestimmte Menge an Geld monatlich beansprucht. Das wird sich normalerweise auch im Ruhestand nicht großartig ändern. Man sollte also darauf achten, dass sich die verfügbaren Mittel im Alter nicht drastisch nach unten bewegen. Denn das kann bedeuten, dass man sich möglicherweise auf einen ganz anderen Lebensstandard einstellen muss, was schwierig sein kann. Zum Beispiel dann, wenn man die eigene Wohnung nicht mehr halten kann und in eine Gegend umziehen muss, in der man niemanden kennt.

Es könnte also sein, dass ich mich finanziell verschätze und mich im Alter auf ganz andere Herausforderungen einstellen muss?

Größere Veränderungen sind schwer aufzufangen, sowohl deutlich höhere Ausgaben wie auch deutlich geringere Einnahmen. Normalerweise passiert das aber nicht, weil sowohl die Einnahme- als auch die Ausgabeseite relativ konstant bleiben, bzw. sich relativ schnell aufeinander einpendeln. Finanzen und Gesundheit sind aber bei Weitem nicht alles. Unsere Altersvorsorge wird leider oft verkürzt dargestellt. Als ginge es einzig darum, finanziell abgesichert zu sein und gesund zu bleiben. Es wäre viel wichtiger, Pläne für die Rente zu machen und Vorstellungen davon zu entwickeln, wie man leben möchte. Wir dürfen nicht vergessen: Das Alter dauert lange. Wer heute in Rente geht, hat oft noch 20, 25, manchmal sogar 30 Jahre vor sich. Diese Zeit muss gestaltet werden. Da gibt es ganz wenig Vorgaben. Man muss also eigene Ideen und Vorstellungen entwickeln: Wo möchte ich leben? Was möchte ich machen? Wie möchte ich mich persönlich entwickeln? Wie möchte ich meine Freizeit gestalten? Wie lange möchte ich beruflich aktiv bleiben?

Völlig außer Acht lassen darf man das Thema Rücklagen aber nicht.

Nein, gewiss nicht. Geld ist wichtig. Doch man kann als Rentner auch mit bescheidenen finanziellen Mitteln sehr glücklich sein. Denn worauf es später wirklich ankommt, sind Beziehungen: eine feste Partnerschaft, enge Verbindungen zur Familie, gute Freunde. Daher rate ich: Natürlich sollte man zusehen, dass man finanziell abgesichert ist, aber es geht nicht darum, der reichste Mann auf dem Friedhof zu werden.

Sie erforschen diese letzte Lebensphase. Welche Vorteile sehen Sie selbst darin, alt zu sein?

Vor allem hat man im Alter mehr Freiheiten und weniger Verpflichtungen. Ich bin jetzt 54 Jahre alt und genieße die Vorteile des Alters bereits jeden Tag. Ich muss mir und anderen nichts mehr beweisen. Ich weiß, wer ich bin, und habe auch schon etwas an Erfahrung in meinem Leben gewonnen – und ich freue mich auf die Erfahrungen und Einsichten, die mir noch bevorstehen.

Mit dieser Einstellung …

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Xenia von Polier

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