Selbst eine verlorene Schraube wird im Weltraum zur Gefahr. Denn sie gleicht einer explodierenden Handgranate, wenn sie mit einer Geschwindigkeit von 40.000 Kilometern pro Stunde auf einen Satelliten oder eine Raumstation prallt. „Weltraumschrott ist keine theoretische Bedrohung, sondern eine bedrohliche Realität“, sagte die Weltraumexpertin Ekaterini Kavvada während der European Space Conference im Januar 2021.
Es lässt sich nicht anders beschreiben: Die Umlaufbahnen der Erde sind zur Müllhalde geworden. Auf Sputnik 1 im Jahr 1957 folgten mehr als 10.600 künstliche Satelliten. Gut 6.000 davon rasen noch immer durchs All, knapp die Hälfte kaputt und unbrauchbar. Zusätzlich vermüllen ausgediente Teile von Raketen und versehentlich von Astronaut*innen verlorene Gegenstände unseren Orbit. Wie der Ersatzhandschuh von Ed White, der beim ersten US-amerikanischen Spacewalk 1965 aus dem Raumschiff schwebte. Schätzungen kommen auf rund 129 Millionen Trümmerobjekte, die größer als ein Millimeter sind. Und es werden immer mehr, vor allem seit nicht mehr nur Staaten, sondern auch Unternehmen ins All fliegen. Allein um das Internet auf Hochgeschwindigkeit zu bringen, planen etwa SpaceX oder Amazon Flotten mit Tausenden Satelliten.
Schon jetzt kommt es immer wieder zu Kollisionen, die das Problem verschärfen. So etwa im Februar 2009: Damals prallten der US-Satellit Iridium und der ausgemusterte russische Satellit Kosmos 2251 aufeinander. Der Unfall steuerte rund 2.000 Schrottteile, die größer als zehn Zentimeter waren, zum Weltraummüllplatz bei. Besonders verheerend war auch Chinas Test einer Anti-Satelliten-Waffe im Jahr 2007, bei dem der chinesische Wettersatellit FengYun-1C absichtlich abgeschossen wurde. Allein diese Kollision erhöhte den Weltraummüll im gesamten Orbit um 30 Prozent.
Die zunehmend verstopften Umlaufbahnen machen Missionen teurer, Ausweichmanöver gehören zum Alltag. Letztlich könnte uns der Müll den Weg in den Weltraum komplett verschließen. Denn wenn Weltraumtrümmer aufeinanderprallen, kann das eine Kettenreaktion mit immer weiteren Kollisionen auslösen. Ab einem gewissen Kipppunkt wären Umlaufbahnen dann schlicht nicht mehr zugänglich – sondern mit Müll verstopft. Dieses Szenario nennt sich Kessler Effekt und wäre das Ende der Raumfahrt und damit jeglicher Forschung im All, aber auch der Satellitentechnik, die wir nutzen, um zu kommunizieren, zu navigieren oder Stürme vorherzusagen. Warum also räumt niemand auf?
Weltraumschrott: ESA plant erste Weltraum Müll-Mission
Weltraummüll zu entfernen ist kompliziert. Verschiedene Techniken wurden – mehr oder weniger erfolgreich – erprobt: Harpunen etwa, die Trümmer aufspießen. Oder Netze, die Objekte einfangen und sie dann in die Atmosphäre schleppen, wo s…
Seit Beginn der Raumfahrt im Jahr 1957 haben mehr als 10.000 künstliche Satelliten die Reise ins All aufgenommen. Viele von ihnen enden irgendwann als Weltraumschrott.