Die Wunde unter seinem rechten Auge ist doppelt so groß wie eine Zwei-Euro-Münze. Tief und rot, fransig an den Rändern, vermutlich die Folge eines Kampfes. Der mächtige Orang-Utan im Regenwald von Sumatra greift zu den Blättern der Akar-Kuning-Liane, zerkaut sie, reibt ihren Saft in die Wunde und bedeckt seine Verletzung mit den Blattresten. Acht Tage lang wiederholt der Affe die Prozedur. Bis die Wunde vollständig verheilt.
Die Beobachtung, die ein Forscher:innenteam der indonesischen National University im Frühjahr 2024 im Fachblatt Scientific Reports veröffentlicht, ist eine Sensation. Ein Wildtier, das sich selbst verarztet? Das ist neu. Ob der Primat bewusst zu der Heilpflanze gegriffen oder zufällig gemerkt hat, dass sie entzündungshemmend wirkt, als seine Wunde mit dem Saft in Berührung kam, konnten die Wissenschaftler:innen zwar nicht sagen. Sicher ist: Der Affe behandelte seine Verletzung mit Bedacht.
Die Nachricht von der Selbstmedikation des Primaten im dunklen Grün von Sumatra ist ein Momentum, das zeigt, wie sehr wir Tiere bis heute verkennen. Gerade überschlagen sich die Meldungen von Verhaltensbiolog:innen aus aller Welt über die Fähigkeiten von wilden Tieren. Wildschweine befreien Artgenossen in Not. Fledermäuse pflegen Freundschaften. Kakadus klappern rhythmisch mit den Deckeln von Mülleimern, auf-zu-auf-zu, in regional unterschiedlicher Freestyle-Kultur. Und nicht nur Schimpansen, Elefanten und Schweine, sondern auch Delfine, Elstern, Pferde und sogar Putzerfische erkennen sich selbst im Spiegel.
Im April 2024 gingen 40 Forschende mit der New Yorker Erklärung an die Öffentlichkeit: Wir unterschätzen Tiere massiv. Manche haben vermutlich sogar eine Form von Bewusstsein. Ihr Plädoyer: Wir müssen sie endlich besser verstehen. Mehr respektieren. Besser schützen. Das Mensch-Tier-Verhältnis ganz neu bewerten. Was heißt das für Massentierhaltung und Zucht, für Forschung an Tieren, für Zoos, Haustierhaltung und unseren Umgang mit Wildtieren? Letztlich steht unser Selbstverständnis, die Frage nach dem Verhältnis zur Natur insgesamt auf dem Prüfstand.
Seit Jahrhunderten sieht sich der Mensch in der westlichen Welt nicht als Teil der Natur, sondern als ein ihr überlegenes Gegenüber. Der Blick auf das Tier als andere, minderwertige Kategorie ist verwurzelt in der Geistesgeschichte. Aristoteles sprach Tieren jede Vernunft ab, der französische Philosoph René Descartes bezeichnete sie als „Reflexmaschinen“ – Wesen, die auf Knopfdruck handeln wie Automaten. Immanuel Kant gestand ihnen weder Rechte noch Würde zu, Wesen ohne Vernunft schulde der Mensch keine Achtung, habe ihnen gegenüber keinerlei Pflichten.
Die Kirche und ihre Vordenker von Augustinus bis Thomas von Aquin verankerten dieses Denken religiös. Der Mensch als Krone der Schöpfung, geschaffen von Gott, fernab des Tierreichs. Und obwohl die Erkenntnis des Naturforschers Charles Darwin, der Mensch stamme aus dem Tierreich, diese Überzeugung erschütterte; obwohl immer wieder Philosophen wie der Brite David Hume an die Verbundenheit mit dem Tierreich erinnerten; obwohl Menschen in Landwirtschaft und Alltag eng mit Tieren zusammenlebten und sich vieler Fähigkeiten durchaus bewusst waren – der Mensch-Tier-Gegensatz blieb prägend und ist es im Kern bis heute. Der Philosoph Peter Singer spricht sogar von „Gattizismus“ – eine Form der Diskriminierung anderer Spezies durch den Menschen.
Und nun lösen die neuesten Forschungen diese vermeintlichen Gewissheiten mit einer Vehemenz auf, die Norbert Sachser als Revolution bezeichnet.
An einem Dienstagvormittag im Oktober sitzt Sachser in seinem Arbeitszimmer in Münster, hinter ihm lange Reihen von Aktenordnern. Sachser ist Verhaltensbiologe an der Universität Münster und zählt zu den bekanntesten Tierforscher:innen Europas. Nach Jahren in der Wissenschaft schreibt er nun als Seniorprofessor Bücher über seine Erkenntnisse, um die Menschen aufzurütteln. Das neuste mit dem Titel Das unterschätzte Tier. Sachser: „Die Revolution des Tierbildes ist so fundamental, dass sich die Gesellschaft, jede:r einzelne dringend damit auseinandersetzen sollte.“
Tiere können nicht kreativ denken? Von wegen. Nicht nur Affen, auch Seeotter, Delfine oder Rabenvögel stellen ausgetüftelte Werkzeuge her. Neukaledonische Krähen etwa brechen Zweige von Bäumen ab und formen mit dem Schnabel an ihrem Ende einen Widerhaken, um Futter aus Erdlöchern zu angeln. Um an eine Nuss zu kommen, die in einem mit Wasser gefüllten Reagenzglas schwimmt, spucken Orang-Utans ins Glas, damit sich der Wasserstand hebt und sie sich den Leckerbissen schnappen können. Schimpansen in Gabun legen sich eine Toolbox von Instrumenten zurecht, die sie nacheinander einsetzen, um an Honig zu gelangen. Eine Reihe von Arten, Kolkraben etwa, sind zum Perspektivwechsel in der Lage. Sie merken, wenn plünderfreudige Artgenossen sie beim Futterverstecken beobachten – und legen Fake-Vorräte an. Schweine, so fanden Rostocker Verhaltensforscher:innen heraus, meistern sogar das berühmte Marshmallow-Experiment, in der Psychologie ein Test für Selbstkontrolle: Je länger Kleinkinder ihre Schmacht auf ein süßes Zuckerschaum-Stückchen aufschieben können, wenn sie dafür später zwei Stücken bekommen, desto ausgeprägter ist bei ihnen diese Fähigkeit. In einem modifizierten Experiment konnten auch Schweine bis zu einer halben Minute ihre Lust bezwingen, wenn ihnen das noch saftigere Futterbrocken einbrachte. Von „unterschiedlichen Dimensionen der Intelligenz“ spricht der Wiener Kognitionsbiologe Ludwig Huber. Planen, Risiken abschätzen, Neues entwickeln etwa. „All diese Dinge können Menschen nicht ohne Bewusstsein tun – müssen wir daher nicht auch bei einigen Tieren von einer Art Bewusstsein ausgehen?“
Tiere können nicht fühlen? Lange hieß es in der Verhaltensbiologie: Es fehlen uns wissenschaftliche Methoden, um das zu erforschen. „Um 2000 kam die emotionale Wende“, sagt Verhaltensforscher Sachser. Es sind zum einen die Neurowissenschaften, die Aufschluss bringen. Mit bildgebenden Verfahren wie der Magnetresonanztomografie (MRT) analysieren sie zum Beispiel das limbische System, also die Hirnregion, in der bei allen Wirbeltieren die Emotionen verarbeitet werden. Kitzelt man Ratten, glühen ihre neuronalen Schaltkreise vor Freude. Im Ultraschall hört man ihr scheinbar lautloses Lachen.
Um herauszufinden, wie Tiere Stress empfinden, wann sie sich wohlfühlen, wie ihr soziales Umfeld sie beeinflusst, messen die Forschenden Hormone wie Cortisol und Adrenalin. Zum anderen arbeitet die Wissenschaft heute mit einer Art Analogiexperiment, um auch komplexen Gefühlen wie Frust, Trauer und Empathie auf die Spur zu kommen. „Dabei wird das Verhalten von Tieren in Situationen erfasst, von denen wir wissen, welche Emotionen sie beim Menschen auslösen“, so Sachser. „Dann schauen wir: Gibt es ähnliche Muster beim Tier?“ Kapuzineraffen zum Beispiel haben einen Sinn für Fairness, Schimpansen und Wildschweine trösten gemobbte Artgenossen.
Tiere sind mehr Instinkt als Persönlichkeit? Keineswegs. Natürlich spielen Schlüsselreize eine Rolle. Die Spinne denkt nicht nach, wenn sie ihr Netz webt. Der Stichling attacktiert intuitiv Dinge mit roter Unterseite. Doch schon im Mutterleib wird je nach Hormonhaushalt die Gehirnentwicklung geprägt. Werden Jungtiere nach der Geburt vernachlässigt, fehlen Sozialpartner, können sie Verhaltensstörungen entwickeln. Machen sie gute Erfahrungen, wachsen sie eher zu Optimisten heran. Ähnlich wichtig ist die Jugend. Lernen Meerschweinchen-Teens das Sozialverhalten in Auseinandersetzung mit den Anführern des Rudels, sind sie im Erwachsenenalter friedlicher als Tiere, die ihre Frühzeit in Einzelhaltung verbringen. Sachser: „Wie wir Menschen bilden Tiere im Zusammenspiel von Genen, Umwelt und Sozialisation einmalige Charaktere aus.“
Das Faszinierende daran: Nicht nur Säugetiere, sondern auch Vögel, Oktopusse, Fische und Insekten sind zu viel mehr in der Lage, als wir lange dachten, betont Ludwig Huber, Leiter des Forschungsinstituts für Mensch-Tier-Beziehungen an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Dass Fische Schmerz empfinden können, ist längst Konsens. „Aber es gibt auch Belege für komplexe kognitive Leistungen.“ So verstehen Putzerfische schneller als Schimpansen, woher sie in kniffligen Versuchen das meiste Futter bekommen. „Bienen scheinen die Konsequenzen ihrer Handlungen abschätzen zu können und sind Meister des sozialen Lernens, obwohl ihre Gehirne gerade mal einen Kubikmillimeter groß sind und nicht mehr als 960.000 Neuronen haben (der Mensch: 2,3¹⁰)“, so Huber. Hummeln kopieren spontan das Verhalten ihrer Peers, wenn sie sehen, dass Artgenossen Futter bekommen, sobald sie Grasbällchen in ein Loch rollen lassen. Manche scheinen gar mit den Bällchen zu spielen, schreibt Hubers Kollege Lars Chittka in seinem 2024 erschienen Buch Im Cockpit der Biene. Und auch unter Insekten gibt es verschiedene Persönlichkeiten. Manche Blattkäfer erkunden optimistisch ihre Umgebung, andere halten sich vorsichtig zurück.
Ob sich mit Chittka daher von einer „kopernikanischen Wende“ in unserer Sicht auf Insekten sprechen lässt, bleibt offen. Zu unverstanden sind die Mechanismen hinter ihrem Verhalten, zu groß ist die Gefahr, Tiere durch die menschliche Brille zu bewerten. „Hütet euch vor anthropomorpher Interpretation“, sagt Huber zu seinen Studierenden immer wieder. „Es geht um evidenzbasierte Forschung.“
Trotz aller notwendigen Hypothesen zählen letztlich nur empirische Belege. Hormonausschüttung, Ultraschalldaten, Hirnscans, plausible, reproduzierbare Muster. Hunde, die aggressiv reagieren, wenn ihre Halterin im Versuch einen anderen Hund streichelt, durchleben vermutlich ähnliche Gefühle wie das Säugetier Mensch. „Doch das als Eifersucht zu klassifizieren“, sagt Huber, „läuft fehl – was genau im Hund vorgeht, können wir nicht wissen.“ Verhaltensbiologe Sachser erinnert: „Es geht auch nicht darum, in jedem Seestern ein Bewusstsein zu vermuten, sondern angemessen zu verstehen, wie Tiere ticken, jedes auf seine Art, um ihnen gerecht zu werden.“
Ansätze gibt es längst.
Zum Beispiel in der politischen Philosophie. Tierrechtlerin Friederike Schmitz erinnert sich, wie sie noch vor fünfzehn Jahren auf Kongressen zur Politischen Philosophie manchmal belächelt wurde. „Wir waren Außenseiter.“ Eine politische Theorie zu Tieren, was soll das sein? „Tiere wurden einfach kaum mitgedacht.“ Anfang der 2010er-Jahre publizierten die kanadischen Eheleute Sue Donaldson und Will Kymlicka ihr Buch Zoo-polis, in dem sie eine politische Theorie der Tierrechte vorlegten. Damit begann auch in der politischen Philosophie der „Animal Turn“. Schmitz: „Erst dachte man über das Verhältnis einzelner Menschen zu Tieren nach, jetzt geht es um strukturelle Fragen, die vor ein paar Jahren noch absurd klangen: Sollen Tiere auch politische Rechte bekommen? Wie kann man ihre Interessen in Regierungsentscheidungen einbinden?“
Bernd Ladwig, Professor für politische Philosophie an der Freien Universität Berlin, hat da konkrete Vorschläge: Wie wäre es, wenn – analog zum Check der Gleichbehandlung der Geschlechter beim Gender-Mainstreaming – die politischen Institutionen verpflichtet würden, bei allen Gesetzen und Regelungen zu prüfen: Welche Auswirkungen haben sie auf Tiere? Wo schaden diese ihren Interessen? Egal, ob es um Lebensräume von Kleintieren im Gleisbett einer neu sanierten Bahntrasse geht, um Versuchstiere in der Wissenschaft oder die Genehmigung für Industrieansiedlungen. Tierbeauftrage in den Ministerien etwa könnten darüber wachen. „Tiere gehören zu unseren Gemeinwesen, demokratisches Gemeinwohl muss daher Tierrechte systematisch mitdenken“, sagt Ladwig. Sollten wir etwa für Diensttiere wie Spürhunde nicht Arbeitszeiten definieren? Welche wären angemessen? Und was passiert mit ihnen, wenn sie zu alt sind, um ihre Aufgaben zu erledigen? Erwerben sie Rentenansprüche?
Zum Beispiel in der Nutztierhaltung. Jan Langbein, Verhaltensbiologe am Forschungsinstitut für Nutztierhaltung in Dummerstorf bei Rostock und seine Kolleg:innen schauen Schweinen, Ziegen und Kühen dabei zu, wie sie allerhand Aufgaben knacken. „Wir wissen, dass Schweine etwa in stabilen sozialen Gruppen leben und eine gewisse Kontrolle über ihre Umgebung haben möchten. Dass sie voneinander lernen, kooperieren, miteinander Spielen und Mitgefühl zeigen“, so Langbein. „Wir untersuchen: Wie nehmen sie als Nutztiere ihre Umwelt wahr? Was macht sie happy? Und wie kann man mit diesem Wissen ihre Haltung verbessern?“
Oft gibt es bei Schweinen Rangkämpfe um Futter, Mahlzeiten sind Stress. Was tun? Die Forscher:innen nutzen die enorme Gedächtnisleistung von Schweinen, um sie mit verschiedenen Tonfolgen zu trainieren. Jedem Schwein wurde eine eigene Tonfolge zugeordnet, eine Art individueller Essensgong, bei dem sich automatisch der Zugang zu einer computergesteuerten Futterstation öffnet. Erklingt die Tonfolge durch die Stalllautsprecher, weiß das Schwein: Es ist angerichtet. Geht das falsche Schwein hin, verschließt sich der Zugang. „In unserem Versuchstall gab es durch die ,Aufruffütterung‘ fast keine Rangkämpfe mehr um Futter.“
Parallel arbeiten die Verhaltensforschenden an einem „automatisierten Toilettentraining für Kühe“. Denn auch Rinder sind sehr lernfähig und, wie die Forscher:innen herausfanden, mehr an Reinlichkeit interessiert als vermutet. Im Versuchsstall wurde eine Latrine abgeteilt. Urinierten die Kühe, bevor sie diese vollständig betreten hatten, gab es eine kleine Schreckdusche von oben. Pinkelten sie in die Latrine, wurden sie mit einem Snack belohnt. „77 Prozent lernten innerhalb weniger Tage, die Latrine zu nutzen“, so Langbein. Der Effekt: saubere Ställe, weniger Kosten, geringeres Infektionsrisiko, eine kognitive Stimulation für die Kuh – vor allem weniger Emissionen. „Verrichten Rinder in den Latrinen ihr ganzes Geschäft, entsteht klimaschädliches Ammoniak. Würde man das absaugen, ließen sich 80 Prozent der Emissionen bei Kuhhaltung sparen.“ In den Niederlanden wird damit bereits experimentiert.
Das neue Wissen über Tiere kann also einiges in Bewegung setzen. Ändert sich unser Tierbild, ist das kein Soft Fact. Das zeigt schon ein Blick in die Vergangenheit. Als die Massentierhaltung in den 1950er-Jahren ausgebaut wurde, legitimierte sie ihre industrielle „Tierproduktion“ mit dem Wissensstand der Forschung: Damals dominierte in westlichen Ländern der Behaviorismus, eine Forschungsrichtung, die davon ausging, dass Tiere weder denken noch fühlen können – weil es keine naturwissenschaftlich exakten Belege gäbe. War es da nicht nur folgerichtig, Schweine, Hühner und Kühe wie Autoteile in einer Fabrik zu behandeln? 1971 zog das Tierschutzgesetz nach und legalisierte die Massentierhaltung. „Die vormals gefühlsbetonten Beurteilungsmaßstäbe müssten durch ,exakte … Feststellungen über tierartgemäße … Erfordernisse‘ ersetzt werden, hieß es in der Gesetzesbegründung“, erinnert der Veterinär Jörg Luy in einem Aufsatz über „Die industrielle Tierhaltung als Nebenwirkung einer wissenschaftlichen Fehleinschätzung“ in Sachsers neuestem Buch.
Gut fünfzig Jahre später ist nun das Tierschutzgesetz gerade mal wieder überarbeitet worden. Die Novelle geht Tierschutzverbänden zwar nicht weit genug, aber sie ist ein Anfang. Die gesellschaftliche Diskussion über artgerechte Haltung und Grenzen in der Zucht von Haustieren ist ebenso im Gang wie die Debatte um den Erhalt von Lebensräumen für Wildtiere. Auf der 26. Weltnaturkonferenz COP 16 im kolumbianischen Cali stand erstmals die Finanzierung des Artenschutzes und die stärkere Berücksichtigung indigenen Wissens auf der Agenda – mit bescheidenem Erfolg, aber immerhin. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat Ende Oktober beim Bundesverfassungsgericht die erste Klage weltweit für ein Recht auf Artenschutz eingereicht. Wir verlieren 150 Arten pro Tag, eine Katastrophe. Biodiversitätsschutz müsse daher gesetzliche Pflicht sein, so der BUND. Überall blühen neue Ideen – für bessere Bedingungen in den Ställen und einen Abbau der Tierhaltung; für smarte Hilfen für einsame Haustiere; und für einen höheren Rechtsstatus für Tiere.
Verhaltensforscher Sachser sitzt schon an seinem neuen Buch – in ihm soll es ums Tun gehen, um konstruktive politische Lösungen, vielleicht auch ein wenig um Bildung. „Wir müssen schon den Kleinsten ein anderes Verhältnis zu Tieren und zur Natur vermitteln.“ Dabei geht es nicht darum, Tiere zu heroisieren. „Auch sie können egoistisch und brutal sein, selbst gegenüber Artgenossen, wenn es ihnen selbst nutzt.“
Es geht auch nicht primär ums Staunen, was Tiere alles können oder wie ähnlich sie uns sind. Sicher, das ist wichtig, weil es uns, dem Tier namens Mensch, unseren Platz als einem unter vielen im „Tree of Life“, wie es Sachser nennt, in Erinnerung ruft. Der Wert eines Tieres bemisst sich nicht daran, wie ähnlich es dem Menschen zu sein scheint. „Elefanten sind keine großen Menschen und Hunde keine kleinen“, sagt Sachser. „Jede Art, ja jedes Individuum ist einzigartig und hat eigene Ansprüche an ein gutes, tiergerechtes Leben.“ Egal ob Orang-Utan, Pferd oder Schwein.
Die Wissenschaft stellt unser Tierbild auf den Kopf. Pferde, Raben oder Ratten etwa können mehr als wir denken. Und jetzt?