Schwerpunkt: Zeit, dass sich was dreht

Die Kreislaufwirtschaft: eine perfekte Endlosschleife?

Recycling ist ein Anfang für die Kreislaufwirtschaft. Um vom linearen ins kreislauffähige Wirtschaften zu kommen, braucht es aber mehr.

Der Mensch sucht gerne nach Dingen, die ihn vom Tier abheben. Wie wär’s mit: Tiere produzieren keinen Müll. Die Natur ist so was wie die perfekte Kreislaufwirtschaft. Der Abfall der einen Spezies ist die Nahrung der anderen. Energie liefert die Sonne. Was stirbt, wird zersetzt und der Erde zurückgegeben. Der Gegenwartsmensch dagegen tut vor allem eins: nehmen. Der Münchener Historiker Roman Köster hat darüber ein Buch geschrieben: Müll. Eine schmutzige Geschichte der Menschheit.

Für die alten Griech:innen bis zu den Aztek:innen kam Verschwendung nicht infrage: Metalle wurden nahezu immer wiederverwendet, aus Lumpen wurde Papier, aus Fäkalien Dünger. Aber nicht etwa, weil das alles Ökos waren, sondern weil Rohstoffknappheit herrschte.

Mit dem Anstieg der Arbeitsproduktivität im industriellen Zeitalter wuchsen auch die Müllberge. Köster fragt: „Wie passt die Fähigkeit, Waren extrem effizient zu produzieren, mit der enormen Verschwendung von Ressourcen zusammen?” Und antwortet: „Müll ist nichts, was sich wohlhabende Gesellschaften leisten. Müll ist vielmehr eine Nebenfolge davon, warum diese wohlhabenden sind.” Güter können global, arbeitsteilig und in Massen hergestellt und transportiert werden. Vormoderne Gesellschaften dagegen lebten sparsam und nachhaltig, weil sie mit existentieller Knappheit zurechtkommen mussten. Würden die Aztek:innen heute leben, schreibt Köster, wären sie wohl genauso verschwenderisch drauf wie wir.

Denn die Massenproduktion und globale Verteilung von Gütern (und Müll) hat alles verändert. Seitdem reagieren wir auf Engpässe nicht mehr mit Sparsamkeit. Ist Erdgas knapp, wird vorrangig nach neuen Quellen gesucht statt nach langfristigen Einsparungsmöglichkeiten, und für klimaschädliche Transportmittel werden neue Antriebe oder Treibstoffe entwickelt, statt den Verkehr zu reduzieren. Seit 2018 haben wir 500 Gigatonnen Materialien konsumiert. Das sind 28 Prozent aller Materialien, die die Menschheit seit 1900 verbraucht hat. So heißt es im aktuellen Circularity Gap Report der Non-Profit-Organisation Circle Economy. Und der Rohstoffverbrauch steigt weiter.

Zwar reden wir immer mehr über Kreislaufwirtschaft als eine potenzielle Lösung – in den vergangenen fünf Jahren hat sich die Menge an Debatten und Artikeln darüber fast verdreifacht –, doch wirtschaften wir immer weniger zirkulär. Ein Maß dafür ist die Zirkularitätsrate, der Anteil recycelter Materialien an allen verbrauchten Materialien. 2018 lag dieser weltweit bei 9,1 Prozent. 2023 waren es nur noch 7,2 Prozent.

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Aber von vorne. Was heißt das genau, Kreislaufwirtschaft? Und wer setzt sie (im Kleinen) schon um?

In einer Kreislaufwirtschaft bleiben Produkte und Materialien durch Prozesse wie Wartung, Reparatur, Wiederaufbereitung, Wiederverwendung, Recycling und Kompostierung unentwegt im Kreislauf. Je länger Produkte und Materialien in Gebrauch sind oder desto mehr Menschen sich ein Produkt teilen – Beispiel Carsharing –, desto weniger Neumaterialien müssen gewonnen und verbraucht werden. Das wiederum senkt die Umweltbelastung und CO2-Bilanz der Weltwirtschaft, bremst die Klimakrise und das Artensterben. Denn 70 Prozent der globalen Treibhausgase gehen auf das Konto der Gewinnung und Nutzung von Materialien.

Reparatur wieder cool machen

Die ökologischsten Turnschuhe sind die, die du bereits hast. So steht es auf der Website der Sneakermarke Veja. Seit 2020 bringt sie nicht nur neue Schuhe in den Umlauf, sondern reinigt und repariert alte Exemplare – egal welcher Marke. In den acht Repair-Stationen in sieben Städten wurden bisher rund 25.000 Paare ausgebessert. 2022 kam der „Reparatur-Tempel“ in Paris hinzu, in dem nicht nur Schuster:innen, sondern auch Schneider:innen arbeiten, die sich alte Kleidung vorknöpfen, wieder: egal welcher Marke. Das Licht langer Neonröhren an der Decke gleißt über minimalistisches Interieur aus Beton, Glas, Holz und Stahl. Die Botschaft ist klar: Lasst uns Reparatur (wieder) cool machen. Der Marke zufolge gab es im Paris der 1950er-Jahre 50.000 Repairshops für Schuhe– 2023: 3.500.

Das Unternehmen Veja bietet eine Reparatur ihrer Schuhe an. Foto: Veja

Zirkulär ist nicht zu verwechseln mit recycelbar oder nachhaltig. Eine nachhaltige Verpackung wird aus unschädlichen, recycelten oder nachwachsenden Rohstoffen hergestellt. Eine zirkuläre Verpackung besteht zu 100 Prozent aus recyceltem und recycelbarem Material. Gebrauchsgegenstände müssen in einer Kreislaufwirtschaft so designt sein, dass sie länger halten, einfach zu reparieren sind und am Lebensende in ihre Einzelteile zerlegt werden können.

Beispiel Solarpaneele: Die verschiedenen Lagen eines Paneels – Glas, Solarzellen, Plastik – sind meist zusammengeklebt, damit die Zellen mindestens 25 Jahre halten. Die Paneele des niederländischen Start-ups Biosphere Solar etwa sind modular und klebstofffrei, damit sich einzelne kaputte Teile austauschen lassen. Ein anderes Beispiel ist Vertmonde aus Ecuador – auf den ersten Blick ein klassisches Recyclingunternehmen, auf den zweiten ein kreislauffähiges: Es sammelt Elektroschrott von Industrie und Gesellschaft, repariert, vermietet, verkauft oder recycelt ihn. All-in-one.

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Die Aktivistin Ellen MacArthur bezeichnet das als technischen Kreislauf. Wenn es um wertvolle, langlebige, teils giftige Stoffe gehe, sei Recycling so etwas wie der letzte Ausweg. Für den biologischen Kreislauf sind Materialien wie Holz oder Baumwolle vorgesehen, alles, was sich in der Natur auflösen kann. Ein Riesenproblem unserer Zeit: Wir kombinieren technische und biologische Materialien – verweben, verschweißen, verkleben sie. So, dass wir sie nicht mehr voneinander trennen können, wie beim Mischgewebe Polycotton aus Baumwolle und Polyester.

„Wir können aus einer Barbie aus den 60ern ein sicheres neues Spielzeug machen. Das glaubt nur kaum jemand“
Fridolin Pflüger, Co-Gründer von HolyPoly

Plastik hat die Grenzen beider Kreisläufe gesprengt. Denn: Es ist ein langlebiges Material, das massenhaft in der Natur landet. Und wir produzieren immer mehr davon. Bis 2050 könnte sich die Kunststoffproduktion verdoppeln. Schon heute entspricht das Plastikvolumen in den Ozeanen der Welt rund einer Million Blauwale. Davon sind nur drei Prozent in Reichweite für Sammelaktionen.

In Hamburg und Dresden sitzen zwei Start-ups, die sich zwei sehr unterschiedliche Lösungen überlegt haben: HolyPoly hilft Plastikherstellern beim Schließen des technischen Kreislaufs, Traceless Materials entwickelt einen pflanzlichen Plastikersatz für den biologischen Kreislauf.

Die Sonne brennt auf den trüben Zollkanal, einen Seitenarm der Elbe, es riecht nach altem Fisch. Entlang des Kanals in der Hamburger Speicherstadt reihen sich historische Lagerhäuser mit strahlend grünen Kupfergiebeln aneinander, in denen außer Teppichen kaum noch Waren des Welthandels lagern. Statt Gewürzen und Tee nun also Ausstellungen, Ateliers und Büros – wie das von Traceless Materials und anderen Start-ups.

Viele Schreibtische in einem großen Raum, die vor lauter gemütlicher Einrichtung kaum auffallen: Da baumelt eine Hängematte über den weißen Holzdielen, leben Pflanzen, beugt sich eine Stehlampe über ein Sofa und lädt ein möbliertes Gewächshäuschen zur Talkrunde ein. Ein Staubsaugroboter macht sich gerade auf den Weg zu ihr, als Gründerin Anne Lamp zur Begrüßung aufsteht. Zusammen mit Johanna Baare hat sie Traceless 2020 gestartet, 2023 sicherten sie sich fünf Millionen Euro vom Bundesumweltministerium und 36,6 Millionen Euro von Investor:innen.

Lamps Start-up stellt aus Abfällen der Getreideindustrie ein plastikfreies Granulat her, aus dem sich – mit den gleichen Maschinen, die auch Plastik weiterverarbeiten – etwa Folien für Süßigkeiten, Einwegbesteck oder Papierbeschichtungen für To-go-Becher herstellen lassen. Alles, was oft auf der Straße oder im Park herumliegt, vor allem in Regionen ohne funktionierendes Müllsammelsystem.

„Doch wie die Orangenschale, die nach einem Picknick aus Versehen auf dem Boden landet, wird Traceless in der Natur in wenigen Wochen durch Mikroben abgebaut, weil es aus hundert Prozent natürlichen Polymeren besteht“, sagt die Verfahrensingenieurin. ImWasser ebenso, nur langsamer. Damit grenzt es sich klar von „Bioplastik“ und anderen irreführend benannten Plastikalternativen ab, die synthetisch und energieintensiv hergestellt werden und/oder sich nicht von allein in der Natur abbauen, sondern nur in industriellen Kompostanlagen bei 60 Grad.

Und was, wenn Traceless nicht auf dem Kompost, sondern im Hausmüll oder Gelben Sack landet – und verbrannt wird? Lamp sieht auch dann den biologischen Kreislauf geschlossen. „Bei der Verbrennung wird nur das CO2 freigesetzt, das die Pflanze beim Wachsen gebunden hat. So, wie es auch Mikroben im Kompost tun.”

Zeit für eine neue Platte: Wirtschaft on repeat. Illustration: Shiwen Sven Wang

Aktuell ist Traceless teurer aks Neuplastik und Recyclingplastik, wird bisher auch nur in kleinen Mengen produziert. Ende des Jahres vergrößert sich die Produktion „auf ein paar Tausend Tonnen Granulat” jährlich. Wichtig, damit das Interesse der Unternehmen wächst. Die Textilkette C&A, das Versandhaus Otto und Papierhersteller Mondi testen Traceless schon. In einem C&A in Hamburg-Altona etwa hängen Socken an Traceless-Haken.

Weil Unternehmen „am meisten verändern können, aber wenig Zugang zu Innovation haben“, hat Fridolin Pflüger HolyPoly 2020 in Dresden mitgegründet. Das Beratungsunternehmen entwickelt zirkuläre Geschäftsmodelle für Markenhersteller von langlebigen Plastikprodukten, etwa Bosch, die Barbie-Marke Mattel, die Schreibwarenfirma Lamy und den Babyartikel-Hersteller Nuk. HolyPoly überlegt sich, wie die Produkte zurück zum Unternehmen gelangen und im nächsten Schritt wiederverwertet werden können. Pflüger: „Wir wollen den Status quo umdrehen. Aktuell stecken in einem Produkt nur fünf Prozent recyceltes Material. Daraus müssen 95 Prozent Recycling- und fünf Prozent Neumaterial werden.“

Warum ist das noch so? Pflüger sieht drei Hürden. Die größte davon: Qualitätsbedenken. „Viele Menschen denken immer noch, Altplastik sei giftig, dreckig, grau und minderwertig.” Und damit für etliche Produktkategorien, wie Spielzeug, vermeintlich ungeeignet.

„Im Rahmen unseres Rücknahmesystems mit Mattel bekommen wir Barbies aus den 60ern. Da stecken Additive drin, die heute verboten sind. Wir können sogar aus solch einem Spielzeug ein sicheres neues Spielzeug machen. Das glaubt nur kaum jemand. Wir könnten aus einem stinkenden Mischmüll ein Innenraumteil fürs Auto machen. Nur muss man davon nicht nur einen Ingenieur überzeugen, sondern zwischen zehn und 600.” Energiesparender als die Herstellung neuer Materialien aus Erdöl sei man dabei immer.

Die zweite Hürde: Unternehmen empfinden den Markt für sogenannte Sekundärrohstoffe als zu klein und damit zu unsicher. „Dabei ist viel mehr Markt da, als genutzt wird”, sagt Pflüger. Das erkenne man daran, dass Recyclingunternehmen pleitegehen. „Wenn die Nachfragesignale nicht kommen, wird die nötige Infrastruktur niemals aufgebaut werden. Das wollen wir mit HolyPoly ändern.” erst im Februar sorgte die Insolvenz von Renewcell für Aufsehen. Dem schwedischen Betrieb war es gelungen, aus Alttextilien neue Textilfasern herzustellen. Doch ihm fehlten Abnehmer dafür.

Die dritte Hürde ist gleichzeitig ein Erklärungsansatz: Neuplastik ist billig. In Deutschland ist es etwa von der Mineralölsteuer befreit. Zwar hat die EU 2021 eine Steuer auf nicht recycelten Plastikmüll beschlossen. Nur wurde diese in Deutschland bisher aus dem Bundeshaushalt gezahlt, statt auf die Herstellerfirmen umgelegt zu werden.

Kümmert euch um euren eigenen Dreck

Doch es gibt sie, die Unternehmen, die auch ohne großen politischen Druck ins Handeln kommen. Zum Beispiel Werner & Mertz, Hersteller der Frosch-Reiniger. Ihm ist es gelungen, den eigenen Rohstoffkreislauf zu schließen: aus alten Reinigungsflaschen neue zu machen. Das ist aufwendig, denn die alten Flaschen werden im Gelben Sack entsorgt und sind dadurch stark verdreckt. Deswegen bedienen sich die meisten Unternehmen am PET-(Pfand-)Flaschenkreislauf.

Auch Textilhersteller greifen hier ordentlich zu: 99 Prozent des recycelten Polyesters in Klamotten wird aus Plastikflaschen hergestellt statt aus alten Textilfasern. Dabei endet der Kreislauf frühzeitig, wenn aus einer alten PET-Flasche ein neuer Pulli wird. Aus einer alten PET-Flasche dagegen kann immer wieder eine neue Flasche werden. So forderte die Getränkeindustrie Textilfirmen jüngst auf, vor ihrer eigenen Haustür zu kehren. Textile-to-Textile-Recycling ist aber (noch) deutlich aufwendiger.

Weniger als ein Prozent des globalen Fasermarktes entstammte 2022 recycelter Kleidung. 2012 tat sich Frosch-Geschäftsführer Reinhard Schneider mit anderen Unternehmen und NGOs auf der Suche nach Lösungen zusammen. 2015 ließ er ein kleines Motorflugzeug über der Zentrale von Henkel kreisen, um den Konzern zum Mitmachen aufzufordern. Das Ergebnis: eine Klage.

Egal, 2016 standen die ersten Frosch-Flaschen aus 100 Prozent Gelber-Sack-Müll im Laden. Genauso gibt es Unternehmen, die einen kreislauffähigen Ansatz verfolgen, aber scheitern. Wie Tchibo. 2018 baute es eine Mietplattform für Kinderkleidung auf, später kamen Kaffeemaschinen und Sportartikel dazu Miet-, Abo- oder Sharingmodelle sind ein zentrales Geschäftsmodell der Circular Economy. So bleiben weniger Produkte länger in Gebrauch und kehren zurück zum Hersteller.

Nach drei Jahren stellte Tchibo das Projekt ein. Und wandte sich dem Aufbau einer Second-Hand-Plattform zu. Kaufen ist gelernt, die Kosten geraten irgendwann in Vergessenheit. Beim Mieten oder Abonnieren dagegen wird man regelmäßig daran erinnert. Alltagsgegenstände nicht zu besitzen, sondern zu benutzen – dafür fehle noch das Bewusstsein, so die Verantwortlichen von Tchibo Shares. Wobei es Bereiche gibt, in denen das Geschäftsmodell schon gut funktioniert. Beispielsweise Wasserzähler: Die müssen ohnehin in gesetzlich vorgeschriebenen Abständen ausgetauscht werden. Also hat sich der deutsche Herstelle Lorenz auf die Vermietung und das Remanufacturing seiner Geräte spezialisiert. Lorenz gibt an, seinen Materialverbrauch so um 30 Prozent gesenkt zu haben.

Und genau das muss unser Fokus sein, sagt Janine Korduan, Referentin für Kreislaufwirtschaft beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Unser Grundproblem ist nicht der Müll, den wir sehen können, sondern der massive Ressourcenverbrauch. Nur wenn wir am Anfang der Wertschöpfungskette ansetzen, können wir unsere Klima- und Artenschutzziele erreichen.“ Korduan betont: „Es gibt keine verlustfreie Kreislaufwirtschaft.“ Um Materialien wiederverwenden oder recyceln zu können, sind immer auch neue Materialien und Energie notwendig.

Die Umstellung der Energiewirtschaft auf Erneuerbare benötigt ebenfalls Tonnen an Materialien – und Zeit. „Wenn die Wirtschaft weiter so wächst wie jetzt, gibt es einfach irgendwann keine Rohstoffe mehr. Egal ob mit oder ohne Kreislaufwirtschaft.“ Deswegen fordert der BUND: Unser jährlicher Rohstoffverbrauch pro Kopf muss sich halbieren. Von 16 Tonnen im Jahr 2008 auf acht Tonnen 2030. In der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie, die die Bundesregierung auf Druck von der EU im Juni vorgelegt hat, ist das Acht-Tonnen-Ziel für 2045 vorgesehen.

Ein Nachbar von Deutschland hat es tatsächlich fast schon erreicht: die Niederlande. Während der Materialverbrauch in Deutschland gerade bei 12,9 Tonnen pro Kopf liegt, beträgt er in den Niederlanden 8,5 Tonnen. Wegen dieses niedrigen Werts haben die Niederlande auch EU-weit die mit Abstand höchste Zirkularitätsrate oder Circular Material Use Rate (CMUR): 27,5 Prozent. Deutschland liegt seit Jahren relativ stabil bei 13 Prozent.

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„Wenn die Wirtschaft weiter so wächst wie jetzt, gibt es einfach irgendwann keine Rohstoffe mehr. Egal ob mit oder ohne Kreislaufwirtschaft“
Janine Korduan, BUND

„Die Niederlande sind in einiger Hinsicht Vorbild. Etwa, was die Rückgewinnung und Wiederverwendung von Materialien im Bausektor angeht. Außerdem setzt sich das Land hohe politische Ziele, überwacht seinen Materialflow und erfasst ausreichend Daten“, so Andrew Keys, Wissenschaftler für „Circularity Gap Solutions“ bei Circle Economy in Amsterdam. Die hohe Zirkularitätsrate liegt jedoch vor allem an den Besonderheiten des Landes und der Wirtschaft: Die Niederlande haben eine engmaschige Infrastruktur, ein starkes öffentliches Verkehrsnetz und eine dienstleistungsbasierte Wirtschaft. Das macht einen niedrigen Materialverbrauch einfacher. Allein die Zirkularitätsrate mach noch kein Vorbild. Denn „neben ‚wiederverwenden‘ gibt es noch andere wichtige Aspekte in der Kreislaufwirtschaft, die von der CMUR nicht erfasst werden, nämlich ‚weniger verwenden‘, ‚länger verwenden‘ und ‚Ökosysteme regenerieren‘“, sagt Álvaro Conde, ebenfalls Wissenschaftler bei Circle Economy.

Begreifen wir die Kreislaufwirtschaft als eine Lösung für die Klima- und Biodiversitätskrise, muss es um weniger gehen. Wie Ende des Jahres, wenn in Korea über eine Drosselung der weltweiten Kunststoffproduktion verhandelt wird. Das Plastikabkommen könnte ein ähnlich historischer Moment werden wie das Pariser Klimaabkommen 2015.

In seinem Buch traut sich Roman Köster zu schreiben, was sich niemand traut zu sagen: „Müllmengen an der Quelle zu reduzieren heißt, (…) das Leben für die Menschen teurer, langsamer, unbequemer zu machen.“ Zumindest dort, wo lange im Überfluss gelebt wurde: Nur rund 20 Prozent der Weltbevölkerung verbrauchen etwa 80 Prozent der Weltressourcen.

Illustration: Shiwen Sven Wang

Gebrauchsgegenstände müssen in einer Kreislaufwirtschaft so designt sein, dass sie länger halten, einfach zu reparieren sind und am Lebensende in ihre Einzelteile zerlegt werden können.

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