Herr Dr. Bruns, was versteht man unter dem Rebound-Effekt?
Es gibt verschiedene Definition für den Rebound-Effekt. In der wissenschaftlichen Literatur wird zwischen dem direkten und indirekten mikroökonomischen sowie den makroökonomischen Rebound-Effekten unterschieden.
Was sind die Unterschiede?
Der direkte Rebound-Effekt lässt sich gut am Beispiel der Glühbirnen erläutern. Zwar gab es in den vergangenen Jahren erhebliche Effizienzsprünge, es wird jedoch mehr und länger beleuchtet – da die einzelne Birne nicht mehr so viel Energie verbraucht wie vorher. Die eigentlich mögliche Energieeinsparung wird nicht umgesetzt, da es zu Verhaltensanpassungen der Verbraucher kommt. Das ist der direkte mikroökonomische Rebound-Effekt. Der indirekte Rebound-Effekt ist primär der Einkommenseffekt. Kauft sich ein Verbraucher beispielsweise ein sparsameres Auto und spart dadurch Geld, stellt sich die Frage, wozu er dieses alternativ ausgibt. Fliegt er beispielsweise im Extremfall davon in den Urlaub, kann das ganze sogar ins Gegenteil umschlagen und der Energiekonsum kann steigen. Das Phänomen nennt man in der Wissenschaft „Backfire“.
Und der makroökonomische?
Bei den makroökonomischen Rebound-Effekten ist die wissenschaftliche Forschung noch nicht zu einem Konsens gekommen, was die eindeutigen Definitionen angeht. In der Regel wird jedoch zwischen dem makroökonomischen Preis- und Wachstumseffekt unterschieden.
Sinkende Preise führen zu mehr Konsum.
Genau. Zunächst zum Preiseffekt: Nehmen wir mal an, im Rahmen der EU würde besonderen Wert auf Energieeffizienz gelegt und es gelänge, den Energiekonsum insgesamt zu senken. Dann stellt sich die Frage: Wie wirkt sich das auf den Energiepreis aus. Sinkt er dadurch beispielsweise weltweit, kann dies dazu führen, dass andere Länder mehr Energie verbrauchen.
Und der Wachstumseffekt?
Der beschreibt, dass in einer Volkswirtschaft eine systematische Erhöhung der Energieeffizienz dazu führen kann, dass die Volkswirtschaft wächst. Zum Beispiel, können durch gesunkene Produktionskosten die Produkte günstiger werden und der Absatz steigen.
In ihrer Studie wollen sie in den kommenden drei Jahren den gesamtwirtschaftlichen Rebound-Effekt ausführlich untersuchen. Warum ist das wichtig?
Der gesamtwirtschaftliche Rebound-Effekt untersucht wie groß der Rebound-Effekt für eine gesamte Volkswirtschaft ist. Dies ist der Rebound-Effekt, welcher durch die mikroökonomischen und makroökonomischen Rebound-Effekte sowie deren Interaktionen entsteht. Bisher gibt es in diesem Bereich nur Simulationsstudien. Diese sind allerdings nur bedingt empirisch validiert. Das Ziel unseres Projektes ist es, empirisch den gesamtwirtschaftlichen Rebound-Effekt für verschiedene Länder zu bestimmen. So können Entwicklungen auf gesamtwirtschaftlicher Ebene betrachtet werden.
Wie wollen Sie das konkret messen?
Wir nehmen uns makroökonomische Daten – beispielsweise den Energiekonsum, den Output und die Energiepreise – eines Landes und untersuchen, wie sich Veränderungen der Energieeffizienz auf den Energiekonsum des Landes auswirken. Das Problem dabei ist, dass der Energiekonsum nicht nur von der Energieeffizienz abhängt, sondern natürlich auch von den Energiepreisen und dem generellen Wachstum des Bruttoinlandproduktes. Zudem gibt es zwischen allen wichtigen Kennzahlen wechselseitige Zusammenhänge. Zudem ist die Datenlage nicht immer ausreichend.
Wie wollen sie diese Herausforderungen angehen?
Wir greifen auf Algorithmen zurück, die aus der Forschung zur künstlichen Intelligenz stammen. Mit diesen Algorithmen kann versuchen wir Kausalzusammenhänge in Beobachtungsdaten zu erkennen. Diese Verfahren kombinieren wir mit anderen Methoden, um die Ergebnisse robuster zu machen.
Welche Ergebnisse erwarten Sie? Ist all unser technischer Fortschritt umsonst?
In den Simulationen wurde gezeigt, dass alles möglich ist. Von einem negativen Rebound-Effekt, bei dem der Energiekonsum über die Steigerung der Energieeffizienz hinaus gesenkt werden kann, bis zum sogenannten Backfire, bei dem der Energiekonsum sogar steigt. Die empirischen Ergebnisse, die bisher zu den direkten und indirekten mikroökonomischen Effekten vorliegen, pendeln oft zwischen 10 und 30 Prozent. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 70 bis 90 Prozent der möglichen Einsparungen erzielt werden. Manche Analysen weisen aber auch deutlich höhere Rebound-Effekte auf. Genaue Prognosen unser Ergebnisse sind schwierig, aber solange der gesamtwirtschaftliche Rebound-Effekt unter 100 Prozent liegt, tragen Energieeffizienzsteigerungen dazu bei, Energie einzusparen und damit die CO2-Emissionen zu senken.
Je energieeffizienter die Lampen, desto mehr Licht – die Städte werden immer heller