„Ich hatte eine tolle Kindheit. Ich bin in Rheinland-Pfalz aufgewachsen und erinnere mich an die Liebe in meiner Familie und daran, mit meinen Freund:innen rauszugehen und durch den Wald zu fahren. An die Idylle. Am See abhängen, Fußball spielen. Ob ich selbst einmal Kinder haben möchte? Ich weiß es nicht. Mein Wissen über die Klimakrise und das Artensterben hat meinen Blick auf diese Frage extrem verändert.
Ein Wendepunkt waren für mich die furchtbaren Überflutungen im Ahrtal. Ich habe davon gehört, als ich gerade in die USA gezogen war. Über Freund:innen und über meine Mutter, die noch in Rheinland-Pfalz lebt, habe ich mitbekommen, was damals passiert ist. Die Bilder haben mich bis ins Mark getroffen. Eigentlich ist es ja so, dass reiche Länder die Folgen der Klimakrise besser auffangen können, als ärmere Länder. Weil sie – ungerechterweise – weniger betroffen sind und weil ihnen mehr Ressourcen zur Verfügung stehen. Hochwasserschutz ist in Deutschland seit Jahrzehnten Thema. Aber als dann auch hier unzählige Menschen starben und die Regierung völlig überfordert war, dachte ich mir: Da kommt auch auf uns etwas Riesiges zu.
Die Diskussion, dass mehr Menschen mehr Treibhausgasemissionen verursachen und damit das Klima weiter anheizen, spielt in meinen Überlegungen aber keine Rolle. Das Letzte, was ich will, ist anderen Leuten vorwerfen, dass sie Nachwuchs bekommen. Auch weil Kinderkriegen nach wie vor ein großes Bedürfnis von vielen ist. Mir geht es allein um die Frage: Würden meine Kinder ein gutes Leben haben? Denn die Auswirkungen der Erderhitzung werden laut Forscher:innen immer extremer.
Ich bin jetzt 31 Jahre alt und in einer Beziehung. Meine Freundin nimmt die Klimakrise ebenfalls sehr ernst, aber sie beschäftigt sich nicht so viel damit wie ich. Deswegen ist sie, glaube ich, weniger besorgt als ich. Dass ich womöglich keine eigenen Kinder bekommen will, heißt für mich nicht, dass ich keine Familie haben möchte. Ich kann mir gut vorstellen, eines Tages ein Kind zu adoptieren oder mit meiner Freundin Kinder als Pflegeeltern aufzunehmen.
Mir ist bewusst, dass die Frage, ob man trotz der Klimakrise Kinder haben möchte, nur in einem ganz bestimmten Milieu gestellt wird. Das ist eine kleine Minderheit, meistens aus der oberen Mittelschicht, während die allermeisten Menschen darüber nicht nachdenken. Ich habe eine Weile in Ruanda gelebt und wenn ich meinen Freund:innen dort von meinen Zweifeln erzählen würde, dann wären sie wahrscheinlich erstaunt. Für sie sind Kinder das Schönste auf der Welt und etwas, worüber man sich freut. Und so sehe ich das auch. Auch dann, wenn ich selbst vielleicht keine eigenen haben werde.“
*Ort und Name von der Redaktion auf Wunsch des Interviewten geändert. Sie sind der Redaktion bekannt.