In Australien wüten seit Monaten riesige Buschfeuer. Über 10 Millionen Hektar Land sind mittlerweile abgebrannt. Laut dem australischen Ökologie-Professor Christopher Dickman sind schätzungsweise eine Milliarde Tiere verendet. 27 Menschen sind Opfer der Flammen geworden. Das Krisenmanagement des Premierministers wird stark kritisiert. Und der Höhepunkt der Trockenzeit steht dem Land noch bevor. Auch, wenn das Ausmaß der Katastrophe verheerend ist, gibt es Hoffnungszeichen.
Herr Goldammer, läuft etwas bei der Eindämmung der Buschfeuer in Australien derzeit falsch? Was könnte man besser machen?
Das, was die australische Regierung schon längst hätte machen können, ist ein Einlenken in der Klimapolitik. Die Regierung setzt – trotz nationaler und weltweiter Kritik – immer noch auf den Export und die Nutzung von Steinkohle als Energieträger. Damit ist Australien eines der Länder, die unverändert die Emissionen aus fossiler Verbrennung bewusst einkalkulieren und damit den Treibhauseffekt – den Klimawandel – verstärken.
Was die Löschung selbst angeht, läuft nichts falsch. Die australischen Firefighter haben gezeigt, dass sie auch in gefährliche Lagen die Feuer sicher eindämmen können. Die Anzahl der verbrannten Häuser und die Zahl der Todesopfer sind auch viel niedriger, als in anderen Jahren, beispielsweise beim „Black Saturday Fire“ im Jahr 2009, als 173 Menschen ums Leben kamen. Auch die Brände in Kalifornien 2018 und 2019 sahen sehr viel mehr verbrannte Häuser und Todesopfer. In Australien greift man gerade heute auch schneller zu Maßnahmen der Evakuierung.
Welche Technologien werden zum Löschen der Buschfeuer in Australien eingesetzt?
Die Technologien und Methoden der Bekämpfung von Landschaftsbränden – die Australier nennen Brände in allen Vegetationstypen „bushfires“ – sind die gleichen, die von richtig geschulten und ausgerüsteten Spezialisten eingesetzt werden. Die traditionell für Gebäude und Industriebrände gut trainierten Feuerwehren sind in Ländern wie Australien auch für den Einsatz bei Landschaftsbränden vorbereitet. Sie verfügen über geländegängige Fahrzeuge, Führungssysteme, die auch erlauben, das Feuerverhalten in bestimmtem Maß zu berechnen und damit vorherzusagen. Darüber hinaus bestehen Erfahrungen und operative Standards in der Zusammenarbeit zwischen dem Personal am Boden und den Löschflugzeugen.
Steigt die Zahl der Wildfeuer durch den Klimawandel auch in Europa?
Die Folgen des Klimawandels haben sich in den vergangenen Jahren durch das zunehmende Vorkommen von Wetterextremen wie Stürmen, Orkanen, Starkniederschlägen, Hitzewellen und länger andauernde Trockenzeiten ausgedrückt. Die Abschwächung des Jet-Stream (ein Starkwind, der rund um den Globus an der Grenze zwischen kalten und warmen Luftmassen entsteht, Anm. d. Red.) wird voraussehbar auch weiterhin persistente Großwetterlagen und damit auch lang andauernde Trockenperioden mit sich bringen: Der Wechsel zwischen Hoch- und Tiefdrucklagen über Mitteleuropa wird abgeschwächt, so dass Hochdrucklagen ohne Niederschläge über bislang ungewohnte Dauer stationär bleiben können und nicht durch Tiefdruckgebiete abgelöst werden. Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass 2018 und 2019 keine Ausreißer bleiben werden, wenn es um großflächige Feuer geht.
Und wie steht es um Deutschland?
Deutschland wird dabei nicht verschont bleiben. Noch aber haben sich die Behörden in Hinblick auf die notwendigen, fachlich angemessenen Planungen zur Erhöhung der Prävention von großen Landschaftsbränden und der Effektivität und Effizienz der Maßnahmen und Ausrüstung zu Bekämpfung von Großbränden nicht eingestellt. Das liegt an der zersplitterten Kompetenz und Finanzierung dieser Maßnahmen zwischen Bund, Ländern, Landkreisen und Gemeinden. Das Jahr 2020 kann sich zu einem problematischen Jahr in Deutschland entwickeln, wenn nichts getan wird.
Welche Maßnahmen sind notwendig, um lokale Katastrophen zu verhindern?
Die einzige Fraktion im Bundestag, die bislang das Thema ernsthaft aufgegriffen hat, waren die Freien Demokraten. Diese haben gemeinsam mit dem GFMC und dem ehemaligen Präsidenten der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) im Oktober 2019 die Fachtagung „Auswirkungen des Klimawandels auf Landschaftsbrände – Herausforderungen und Lösungsansätze für Deutschland und die EU“ im Bundestag abgehalten. Von den anderen Fraktionen des Bundestags, die eingeladen waren, war niemand erschienen. Wir brauchen in Deutschland eine gemeinsame koordinierte Strategie verschiedenen Bundesministerien und der entsprechenden Konferenzen mit den Bundesländern. Diese sollte sich vornehmlich auf Maßnahmen der Erhöhung der Widerstandsfähigkeit unserer Naturlandschaften, also Wälder und Schutzgebiete und der Kulturlandschaften wie landwirtschaftliche Flächen einschließlich der Offenland-Naturschutzgebiete konzentrieren, aber auch auf die Ausbildung von Spezialkräften zur Bewältigung der Landschaftsbrände.
Wie sind unsere Feuerwehren auf Landschaftsbrände eingestellt?
Die Freiwilligen Feuerwehren, die die wesentliche Last der Bekämpfung von Landschaftsbränden in Deutschland tragen, sind weder ausreichend ausgebildet, noch ausgerüstet. Wie sollen freiwillige Feuerwehrangehörige, die im Zivilberuf Juristen, Lehrer oder Handwerker sind, die für die Bekämpfung von Gebäudebränden und Rettung bei Unfällen ausgebildet sind, eine komplexe Situation von einem großen Landschaftsbrand beherrschen? Das kann nicht nur nicht funktionieren. Es ist auch gefährlich für den einzelnen Firefighter.
Auch, wenn das Ausmaß der Katastrophe in Australien verheerend ist, gibt es Hoffnungszeichen.