Immer mehr Menschen in Deutschland parken ihr Geld auf dem Girokonto. Ende 2018 lagen dort insgesamt 890 Milliarden Euro, wie eine Studie des FinTech-Unternehmens Deposit Solutions ergab. Das ist fast doppelt so viel wie noch sieben Jahre zuvor. Eine riesige Summe Geld – die viel bewirken kann.
Denn die eigene Hausbank finanziert mitunter Unternehmen, die auf fossile Energien, Taierversuche, Kinderarbeit oder Gentechnik setzen. Deswegen sagt auch Christian Klein, Professor für nachhaltige Finanzwirtschaft an der Uni Kassel: „Egal, was wir mit unserem Geld machen, wir bewirken immer etwas. Wenn Sie sagen, es ist mit Ihrem Gewissen nicht vereinbar, wenn Geld in Waffen oder Atomkraft angelegt wird, dann sollten Sie genau gucken, was Ihre Hausbank mit dem Geld macht. Es liegt in der Verantwortung des Verbrauchers, sich damit zu befassen.” Doch Klein stellt eine generelle Trägheit fest: „Einem Großteil der Menschen – gerade älteren Generationen – fällt es schwer, die Bank zu wechseln.” Dabei bieten die meisten Banken einen Wechselservice an, der etwa den Arbeitgeber oder Versicherungen über die neue Bankverbindung informiert. Außerdem kann man auch zunächst ein zweites Konto bei einer nachhaltigen Bank eröffnen und erst kündigen, sobald alles sicher umgestellt ist.
Was bedeutet es, Nachhaltigkeit auf dem Konto zu haben?
Doch wer zu einer nachhaltigen Bank wechseln möchte, hat es nicht leicht. Denn in dem Bereich gibt es keine einheitlichen Kriterien. „Das Problem ist, dass der Begriff Nachhaltigkeit nicht geschützt und nicht definiert ist”, sagt Klein.
Auch Thomas Küchenmeister, Gründer und Vorstand der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Facing Finance, wünscht sich mehr Transparenz darüber, wie Banken investieren. Er stellt fest, dass die meisten Verbraucher*innen „komplett überfordert” sind. Für ihn ist jedoch klar: „Wem Klimaschutz wichtig ist, der sollte zu einer Bank wechseln, die keine Geschäftsbeziehungen zu Erzeugern fossiler Energien hat.” Daher überprüft der gemeinnützige Verein Facing Finance, zusammen mit der Verbraucherzentrale Bremen und anderen Nichtregierungsorganisationen, die Selbstverpflichtungen der Banken. Ein sogenanntes Ranking, der sogenannte Fair Finance Guide, zeigt, welches Institut etwa Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete finanziert oder Geld in Kohlekraftwerke steckt. Im Fair Finance Guide schneiden GLS Bank, Ethikbank und die Triodos Bank als die drei besten von bisher 14 bewerteten Instituten ab. Daneben gibt es noch andere Nachhaltigkeitssiegel. Die meisten davon, wie das FNG-Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlage, konzentrieren sich jedoch auf nachhaltige Fonds.
Facing Finance rät, bei der eigenen Bank, wenn sie bisher nicht in dem Fair Finance-Guide-Ranking auftaucht, zunächst online zu überprüfen, wie sich das Institut zu Nachhaltigkeit oder Unternehmensverantwortung äußert. Außerdem bietet die NGO ein Musterschreiben und anschließende Hilfestellung zum Analysieren der Antworten, damit Verbraucher*innen selbst bei ihrer Bank nachfragen können.
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Was zeichnet nachhaltige Banken aus?
Manche Banken wie die GLS Bank, Ethikbank und die Triodos Bank setzen seit Jahren ausschließlich auf Nachhaltigkeit. Was sie auszeichnet, fasst Klein so zusammen: „Diese Banken versuchen nicht nur nichts Böses zu machen, sondern gehen noch einen Schritt weiter und wollen auch Gutes bewirken.” Außer der GLS Bank mit Hauptsitz in Bochum und Niederlassungen in Frankfurt, Freiburg, Hamburg, Stuttgart, Berlin und München, sind die meisten solcher Banken jedoch Direktbanken, also ohne eigene Filialen. Auch die Umweltbank ist eine grüne Direktbank, jedoch bietet sie bislang kein Girokonto an.
Laut eigenen Angaben wurde die GLS Bank als erste sozial-ökologische Bank der Welt im Jahr 1974 gegründet und ist heute mit 242.000 Kund*innen die größte nachhaltige Bank Deutschlands. Als Genossenschaftsbank legt die GLS Bank ihre Schwerpunkte auf die Bereiche erneuerbare Energie, Bildung und Kultur, Ernährung, Soziales und Gesundheit, sowie nachhaltige Wirtschaft. Auf der Internetseite des Instituts können die einzelnen Projekte transparent eingesehen werden.
Die 1980 in den Niederlanden gegründete Triodos Bank zählt rund 700.000 Kund*innen in sechs Ländern. Auch hier geht es um Investitionen in den Bereichen Umwelt, Kultur und Bildung sowie Soziales. Auch hier sind die jeweiligen Projekte online transparent aufgeschlüsselt.
Die kleinere Ethikbank wurde im Jahr 2002 als Zweigniederlassung der Volksbank Eisenberg eG gegründet. Die Bank verspricht etwa in Umweltschutz zu investieren, in ökologische Bauprojekte und in Unternehmen, die etwa Vielfalt und Gleichberechtigung der Mitarbeitenden fördern. Auch listet die Ethikbank strenge Ausschlusskriterien für Investitionen.
Seit Anfang 2019 gibt es außerdem bei Tomorrow ein mobiles Girokonto, bei der alles über eine App gesteuert wird. Laut eigener Angaben finanzieren mittlerweile fast 25.000 Nutzer*innen von Tomorrow ausschließlich nachhaltige Projekte – zu Beginn ist das zunächst ein Waldschutzprojekt in Portel, Brasilien – und investiert etwa nicht in Rüstung, Kohlekraft oder Gentechnik. Tatsächlich ist das Projekt aber (noch) keine eigene Bank, sondern nutzt aktuell die Banklizenzen der solarisBank AG, einem Berliner Technologie-Unternehmen, das nicht als Marke für Privatkunden auftritt, sondern mehrere junge Firmen mit Lizenzen versorgt. Dadurch, so erklärt Tomorrow, sei jedes Konto bis zu 100.000 Euro abgesichert, wie es auch dem Standard für alle europäischen Kreditinstitute entspricht. Kürzlich hat Tomorrow zusätzlich zum kostenlosen Girokonto außerdem das Premium-Angebot Tomorrow Zero gelauncht, mit dem für 15 Euro pro Monat CO2 kompensiert werden soll. Dafür investiere Tomorrow in „ausgewählte Klimaschutzprojekte” in Ländern des Globalen Südens, etwa Biogasanlagen in Vietnam oder Trinkwasserprojekte in Uganda. Gemäß der Rechnung von Tomorrow – es gibt unterschiedliche Preise für den Ausgleich einer Tonne CO2 – kompensiere jedes Konto dadurch so viel CO2, wie ein Mensch in Deutschland durchschnittlich pro Jahr emittiere, nämlich 11,3 Tonnen.
Nachhaltige Banken? GLS Bank, Triodos, Ethikbank und Tomorrow im Vergleich
GLS Bank | Triodos | Ethikbank | Tomorrow | |
---|---|---|---|---|
Girokonto-Gebühren | 3,80 Euro/Monat | 4,50 Euro/Monat (ab dem 1. April 2020: 5,50 Euro/Monat) | 8,50 Euro/Monat (im ersten Jahr: 2 Euro, „Ethikbank Girokonto Klima mit Klimarabatt“) | keine |
Bargeld abheben | mit Bankkarte gebührenfrei an Geldautomaten der Volks- und Raiffeisenbanken | weltweit gebührenfrei mit der Kreditkarte (Mastercard) an Mastercard-Geldautomaten | mit Bankkarte gebührenfrei an Geldautomaten der Volks- und Raiffeisenbanken | 3 Mal monatlich kostenlos, jede weitere 2 Euro (bei Premium kostenlos) |
Bankkarten-Gebühr | 15 Euro/Jahr bzw. gebührenfrei* | 15 Euro/Jahr | 15 Euro/Jahr** | keine |
Kreditkarten-Gebühr | 30 Euro/Jahr bzw. gebührenfrei* | 30 Euro/Jahr (ab dem 1. April 2020: 39 Euro/Monat) | 35 Euro/Jahr** | keine Kreditkarte |
mobile TAN-Gebühren | gebührenfrei | gebührenfrei | 0,12 € pro SMS/pushTAN** | gebührenfrei |
Dispo (um das Konto zu überziehen) | Null Prozent bis 10.000 Euro | 6,61 Prozent (variabel) | 7,5 Prozent | kein Dispo |
Jahresbeitrag | 60 Euro/Jahr | nein | nein | nein |
Grundkosten***/Jahr | 45,60 Euro + 15 Euro + 30 Euro + 60 Euro = 150,60 Euro (bzw. 105,60 Euro*) | 54 Euro (66 Euro) + 15 Euro + 30 Euro (39 Euro) = 99 Euro (120 Euro ab dem 1. April 2020) | 102 Euro + 15 Euro + 35 Euro = 152 Euro | keine |
App | GLS mBank App | myBankingApp | VR-BankingApp | Tomorrow Mobile Banking (nur über App nutzbar) |
Die Angaben beziehen sich auf Menschen ab 28 Jahren und nicht auf mögliche sogenannte Jugend-Angebote.
*Für GLS-Kund*innen, die zusätzlich Anteile an der Bank in Höhe von mindestens 100 Euro zeichnen
** Im ersten Jahr: null Euro, „Ethikbank Girokonto Klima mit Klimarabatt“
*** Gesamtkosten für Girokonto, Bankkarte, Kreditkarte und Jahresgebühr
Langfristiges Umdenken nötig
Zwar fänden alle Nachhaltigkeit wichtig, sagt Wirtschaftsprofessor Klein, aber speziell darauf ausgelegte Banken wie Triodos oder GLS Bank kennen nur die wenigsten. In einer repräsentativen Umfrage dazu, wem Verbraucher*innen am meisten zutrauen, dass ihr Geld nachhaltig angelegt wird, hat er herausgefunden: Die GLS Bank und Triodos schnitten verhältnismäßig schlecht ab – tatsächlich weil sie kaum jemand kannte. Um also langfristig das System zu verändern, brauche es auch ein Umdenken größerer Banken, insbesondere der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der Sparkassen. „Diese Dinosaurier fangen auch an sich zu bewegen. Das Thema kommt gerade absolut in den Mainstream.”
Zwar kann auch die Spardose grün sein, das Konto bei einer nachhaltigen Bank kann sie aber nicht ersetzen.