Phänomen „Wärmeinsel“

In Städten ist das Klima anders

Das Klima in der Stadt ist oft anders als im wenige Kilometer entfernten Umland. Wir erklären dir, was hinter dem Begriff „Stadtklima“ steckt.

Eine Stadt – insbesondere eine Großstadt – unterscheidet sich in vielen Aspekten von ihrem Umland: Ein großer Teil des Bodens ist durch Gebäude, Plätze und Verkehrswege versiegelt, es gibt wesentlich weniger Pflanzen als auf dem Land und Gebäude stehen eng und ragen zum Teil hoch auf.  Expert*innen (beispielsweise vom Deutschen Wetterdienst DWD) sprechen davon, dass die Oberfläche des Bodens hier besonders „rau“ ist. Fabriken und Fahrzeuge stoßen viele Schadstoffe wie Kohlenmonoxid, Stickoxide und Feinstaub aus. Diese bilden in der Luft zum Teil Aerosole oder reagieren zu anderen Substanzen weiter. Viele Menschen leben zudem auf engem Raum und (beheizte) Gebäude geben Wärme an die Umgebung ab.

Durch diese besonderen Merkmale unterscheidet sich eine Stadt so sehr von ihrem Umland, dass sogar das Klima dort ein wenig anders ist. Um die Besonderheit deutlich zu machen, spricht man vom „Stadtklima“.

Ein Aspekt des Stadtklimas ist, dass in der Stadt meistens geringere Windgeschwindigkeiten herrschen als auf dem Land. Der DWD erklärt das mit der vergleichsweise „rauen“ Oberfläche: Die hohen und engstehenden Gebäude bremsen den Wind aus. Allerdings bewirken sie auch, dass es beispielsweise an Straßenkreuzungen zu Verwirbelungen und Windböen kommen kann. Dieser Effekt ist dir bestimmt schon einmal aufgefallen.

Die vielen Gebäude und geringeren Windgeschwindigkeiten bewirken auch, dass der Luftaustausch zwischen der Stadt und dem Umland beziehungsweise den Luftschichten über der Stadt häufig reduziert ist. Dies begünstigt, dass ein eigenes Stadtklima entstehen kann.

Der wahrscheinlich prägendste Faktor des Stadtklimas ist das Phänomen der „Wärmeinsel“. Es bezeichnet den Umstand, dass es in der Stadt häufig etwas wärmer ist als im Umland. Dem Deutschen Klimaportal zufolge kann der Temperaturunterschied zwischen einer Großstadt und ihrem Umland im Extremfall deutlich ausfallen kann.

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Stadtklima: Wie entsteht die Wärmeinsel?

Die Temperatur in der Stadt hängt von vielen Faktoren und komplexen Vorgängen ab. Eine ausführliche Darstellung findest du zum Beispiel im Geographie-Lexikon von Spektrum.

Unsere wichtigste Wärmequelle ist die Sonne. Ihre Strahlung enthält sowohl sichtbares Licht als auch Wärmestrahlung.
Die Erdoberfläche reflektiert einen Teil der Strahlung und nimmt einen Teil auf. Außerdem gibt sie selbst Wärmestrahlung ab, die wiederum teilweise von der Atmosphäre zurückgeworfen wird. Das ist der bekannte Treibhauseffekt. Was unterscheidet nun eine Stadt vom Umland? Warum ist es dort oft wärmer? Dies sind die wichtigsten Gründe:

In der Stadt gibt es üblicherweise wesentlich weniger Vegetation als im Umland. Das spielt eine entscheidende Rolle, da Pflanzen eine kühlende Wirkung auf die Umgebung haben. Sie nehmen aus dem Boden und der Luft Wasser auf und „atmen“ es in Form von Wasserdampf wieder aus. Für die Umwandlung des flüssigen Wassers in Wasserdampf ist allerdings Wärme nötig – deshalb kühlt sich die Umgebung ab.

Gebäude und versiegelte Böden sind oft gute Wärmespeicher, so Spektrum. Sie nehmen tagsüber viel Sonnenwärme auf und geben diese im Verlauf der Nacht wieder ab. Ihnen fehlt der Mechanismus der Verdunstung. Deshalb entstehen Wärmeinseln vor allem nachts.

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Die Körperwärme der Menschen hat laut einer Studie aus Münster draußen keinen signifikanten Einfluss auf die Lufttemperatur. Was jedoch eine Rolle spielen kann, ist die Wärme, die wir Menschen durch Heizungen und Verbrennungsprozesse von Öfen, Fahrzeugen und Fabriken produzieren. Heizungen spielen vor allem im Winter eine Rolle.

Die hier beschriebenen Prozesse können dafür sorgen, dass die Temperatur in der Stadt gegenüber der auf dem Land ansteigt und eine Wärmeinsel entsteht. Besonders groß werden die Temperaturunterschiede, wenn die Sonne stark scheint (also an wolkenlosen Sommertagen) und der Luftaustausch mit der Umgebung besonders gering ist (also an eher windstillen Tagen).

Übrigens: Wenn Städte sehr warm sind, findet über ihnen besonders viel Konvektion statt. Das bedeutet, dass warme Luftmassen aufsteigen. Dadurch kann es dem DWD zufolge vereinzelt zu Starkregen kommen – für die Stadt bedeutet das Überschwemmungsgefahr, da das Wasser auf einem versiegelten Boden nicht versickern kann. Davon abgesehen beeinflussen auch die Aerosole über der Stadt die Niederschläge. Je nach Aerosol kann der Effekt aber unterschiedlich sein.

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Das Stadtklima als Belastung für die Gesundheit

Manchen gefällt die Vorstellung einer Wärmeinsel möglicherweise. Doch vor allem an heißen Sommertagen können die Hitze am Tag und die fehlende Abkühlung in der Nacht insbesondere für Senioren, Kinder und Kranke zu einer Belastung werden. Durch den Klimawandel werden solche Tage in Zukunft wohl häufiger auftreten.

Hinzu kommt die Luftverschmutzung. Zwei Punkte sprechen dafür, dass diese ebenfalls an heißen, windstillen Tagen besonders ausgeprägt ist: An windstillen Tagen ist der Luftaustausch mit dem Umland besonders gering. Unter dem Einfluss von Sonnenlicht entsteht durch Reaktionen von Luftschadstoffen wie Stickoxiden Ozon. Dieses ist in der Stratosphäre sehr wichtig (Stichwort Ozonloch), reizt jedoch Augen und Atemwege und schädigt viele Pflanzen und Tiere. In bodennahen Schichten ist Ozon deshalb ein Problem. Warme Temperaturen begünstigen die Entstehung von Ozon zusätzlich. In manchen Städten ist die Ozonbelastung an heißen Sommertagen so groß, dass man von einem „Sommersmog“ spricht. Dieser enthält auch noch andere Schadstoffe, Ozon dominiert das Gemisch jedoch. Diese problematischen Auswirkungen des Stadtklimas lassen sich durch geeignete Maßnahmen jedoch abmildern.

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Stadtklima verbessern: Diese Möglichkeiten gibt es

Breitere Schneisen zwischen den Häuserreihen sorgen dafür, dass der Luftaustausch zwischen Stadt und Umland besser funktioniert. Pflanzen kühlen die Luft nicht nur, sondern filtern zum Teil auch Schadstoffe heraus. Laut Modellrechnungen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben stark reflektierende Oberflächen den größten kühlenden Effekt, so die Wissensplattform Erde und Umwelt (ESKP) der Helmholtz-Forschungsgemeinschaft.

Besser gedämmte Gebäude geben weniger Wärme an die Umgebung ab und müssen im Winter weniger stark geheizt werden. Allerdings ist Vorsicht angebracht: Laut ESKP sorgt eine kühlere Stadt dafür, dass sich der Luftaustausch mit der Umgebung sogar noch verringert. Schadstoffe reichern sich deshalb noch stärker an (abgesehen vom Ozon, das eher bei hohen Temperaturen entsteht).

Was zeigt das? Nicht nur die Temperatur in den Städten muss sinken, sondern auch die Schadstoffkonzentrationen.

Stadtklima verbessern: Das kannst du tun

Du kannst mithelfen, das Klima deiner Stadt zu verbessern: Nutze möglichst selten Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Fahre stattdessen nach Möglichkeit Fahrrad oder gehe zu Fuß. Wenn du einen Garten oder Balkon hast, kannst du diesen bepflanzen und von den wohltuenden Effekten des Grüns profitieren.

Lasse dein Haus oder deine Wohnung besser dämmen, damit weniger Abwärme in die Umgebungsluft gelangt. Übrigens: Städtische Wärmeinseln lassen sich in manchen Fällen sogar als Energiequelle nutzen. Eine Studie im Rahmen des Wissenschaftsjahrs 2015 setzte sich damit auseinander: Sie untersuchte das Potenzial von erwärmtem Grundwasser unter Städten für Geothermie-Anlagen.

Unsere Kooperationspartner*innen

Enorm kooperiert mit Utopia.de, einer deutschsprachigen Website über nachhaltiges Leben und bewussten Konsum.

Bild: Adam Vradenburg / Unsplash

Weniger Vegetation als im Umland, versiegelte Böden, dichtere Besiedelung und Luftverschmutzung führen in Großstädten zu einem veränderten Klima.

 

Leonie Barghorn, Utopia.de

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