Lisa Jaspers, du hast für das nun kommende Lieferkettengesetz gekämpft. Zufrieden?
Das Gesetz wird nicht alle globalen Probleme lösen und keine strukturelle Ausbeutung verhindern. Doch, ich hoffe, dass Unternehmen, weil sie befürchten müssen, haftbar gemacht zu werden, stärker darauf achten, wo und unter welchen Umständen sie produzieren.
Du hast mit Naomi Ryland, Gründerin der Job-Platform tbd*, das Buch „Starting a Revolution“ geschrieben. Ihr sagt eine bessere Businesswelt sei möglich. Wie?
Wir stellen den Menschen und somit vor allem unsere Mitarbeiter*innen in den Mittelpunkt unseres wirtschaftlichen Handelns. Zu lange haben wir auf unser aller Kosten Profite maximiert. Das Resultat: Der Planet ächzt, Ungleichheit wächst, Populismus spaltet unsere Gesellschaft und die Menschen arbeiten sich in den Burn-out. Mit unserem Buch beschreiten wir Pfade abseits von Druck, Konkurrenz und Profitmaximierung. Wir wollen uns selbst und andere Gründer*innen animieren, mit unseren Unternehmen Orte zu schaffen, wo wir uns als Menschen begegnen und miteinander wachsen können.
Auch bei Good Impact: Stoppt die kulturelle Aneignung in der Mode!
Wie setzt Du das konkret um?
Ich versuche bei FOLKDAYS einen Ort zu schaffen, an dem meine Mitarbeiter*innen gerne sind.
Einen Ort, wo sie sich persönlich und beruflich weiterentwickeln können, wo sie sich sicher, wohl und vielleicht sogar mutig fühlen. Letztens hatte eine Mitarbeiterin, die Teilzeit arbeitet, Liebeskummer. Sie war auf einmal ganz oft im Büro und hat sich seelische Unterstützung geholt. Danach hat sie mir erzählt, dass ihr das total geholfen habe. Solche Beispiele machen mich glücklich.
Glaubst Du, dass die Pandemie den Blick auf unsere Arbeitskultur nachhaltig verändert hat?
Corona wirkt wie ein Katalysator: Wenn die Arbeitskultur in einem Unternehmen vorher schon schwierig war, wird es durch Corona richtig kritisch. Ich habe von Chefs gehört, die ihre Mitarbeiter*innen dazu gezwungen haben, den ganzen Tag die Webcam anzulassen, damit sie kontrollieren können, ob wirklich die ganze Zeit gearbeitet wird. Total verrückt. Gleichzeitig sehen wir Positiv-Beispiele: Unternehmen, die schon vorher viel für die eigene Unternehmenskultur getan haben, schaffen es gerade viel besser, alternative Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Was würdest Du jungen Gründer*innen raten, die gerade mit Zukunftsängsten kämpfen?
Niemand arbeitet unter krassem Druck besser. Das ist keine gute Grundlage, um Business-Entscheidungen zu fällen. Um das zu vermeiden, versuche ich, den eigenen inneren Druck zu verstehen, zu
reflektieren und nicht einfach weiterzugeben.
Demonstration in Dhaka, Bangladesh gegen gefährliche Arbeitsbedingungen in der Modeindustrie (Archivbild).