Schwerpunkt: Weltall

Die dunkle Seite des Mondes

Der Traum vom All ist so alt wie die Menschheit selbst – ein Symbol für Fortschritt, Entdeckungslust und technische Meisterleistung. Doch während Raketen in neue Umlaufbahnen starten und private Akteure den Weltraum als neues Geschäftsfeld erschließen, rücken zunehmend auch die Schattenseiten der Raumfahrt ins Licht. Fragen nach Umweltfolgen, gerechter Nutzung und globaler Verantwortung gewinnen an Bedeutung. Ein Essay über unsere Beziehung zum Universum.

2010 wurden sechs Männer aus Russland, Frankreich, Italien und China 520 Tage zusammen eingesperrt. Keine Kontakte zur Außenwelt, eine strenge Routine und keinerlei Spaziergänge an der frischen Luft.

Der Name dieses Experiments war Mars-500. Es sollte keine Pandemie simulieren, sondern einen bemannten Flug zum 70 Millionen Kilometer entfernten roten Planeten. Europäische und russische Wissenschaftler*innen wollten herausfinden, wie Menschen die extremen Bedingungen der sozialen Isolation einer solchen Reise aushalten würden. Die Auswertung des Experiments ergab: Die Männer bewältigten trotz ihrer interkulturellen Unterschiede Herausforderungen gemeinsam und friedlich und entwickelten eine enge Beziehung zueinander. Sie litten aber auch unter albtraumhaften Schlafstörungen und psychischen Problemen. Die Trennung von Familien und Freund*innen setzte ihnen dabei genauso zu wie das unstillbare Bedürfnis nach einer Begegnung mit unbekannten Gesichtern.

Der Blick ins All

Es ist ein grausames Paradox, dass die Menschen das unendlich weite Weltall nur in einem kleinen, abgekapselten Gefängnis bereisen können. Kaum etwas anderes ist für uns so gefährlich und unnatürlich, kaum etwas bietet uns so viel Inspiration, wie die Erkundung der Sterne. Wir interpretieren unser Schicksal in ihren Verlauf, Nationen streiten um die Vormacht bei ihrer Erforschung und Eroberung. Die Erkenntnis, dass nicht die Erde, sondern die Sonne der Mittelpunkt der Welt ist, leitete die Aufklärung und Blüte der Wissenschaft ein. Der Blick ins All ist seit jeher mit dem Traum vom Fortschritt verbunden.

Mit diesem Traum kam auch das Genre Science-Fiction, in dem seit der frühen Neuzeit gesellschaftliche Dystopien und Utopien durchgespielt werden: 1895 beobachtete der britische Autor H.G. Wells mit Schrecken die Ausbreitung des britischen Empires. Eine Diskussion über die brutale Unterdrückung der australischen Ureinwohner*innen führte dazu, dass er Krieg der Welten schrieb, in dem er die kolonialen Machtverhältnisse umdrehte: In dem Roman greifen technisch überlegene Aliens vom Mars die britische Insel an und zerstören ihre Städte. In der deutschen TV-Serie Raumpatrouille Orion aus den 60er-Jahren gibt es einen Planeten, auf dem zu großem Entsetzen der männlichen Hauptfig…

Illustration: Nico H. Brausch

Kaum etwas ist für uns so gefährlich und unnatürlich, kaum etwas bietet uns so viel Inspiration: Der Blick ins All ist seit jeher mit dem Traum vom Fortschritt verbunden. Doch wie können wir das Universum verantwortungsvoll nutzen?

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