Im Interview: Julietta Ibishi

Wie ist der Alltag mit einem bedingungslosen Grundeinkommen?

Good Impact begleitet Julietta Ibishi seit 2021. Die Berlinerin nimmt am ersten Modellversuch zum bedingungslosen Grundeinkommen in Deutschland teil und bekommt jeden Monat 1.200 Euro ohne Gegenleistung. Was hat das bis jetzt mit ihrem Leben gemacht?

Julietta, du bekommst nun schon seit zwei Jahren das bedingungslose Grundeinkommen. Zwei Drittel der Zeit sind um. Wie fühlt sich das gerade an?

Julietta Ibishi: Also es fühlt sich auf jeden Fall alltäglicher an, es gehört jetzt dazu. Es ist vielleicht nicht mehr so aufregend wie am Anfang, aber ich denke natürlich immer wieder darüber nach, wie ich das Geld sinnvoll einsetzen kann. Vor allem für die Zeit nach dem Grundeinkommen.

Hast du Angst vor diesem Danach?

Eigentlich nicht. Ich bin einfach sehr dankbar für die Möglichkeiten, die ich durch das Grundeinkommen habe. Wenn es vorbei ist, dann wird es eben wie davor. Für mich ist das nicht schlimm. Wenn man findet, was einen erfüllt, dann kommt es nicht wirklich darauf an, wie viel man am Ende auf dem Konto hat.

Und hast du gefunden, was dich erfüllt?

Ich mache gerade eine Ausbildung und habe einen super tollen Job. Endlich. Ich fühle mich safe und happy.

Julietta hatte durch das Grundeinkommen Zeit herauszufinden, was sie glücklich macht, Foto: Julietta Ibishi

Seit wir deine Reise begleiten, hast du vieles ausprobiert: Du hast als DJ aufgelegt, eine Heilpraktiker:innenausbildung begonnen, für zwei Start-ups und in einem Plattenladen gearbeitet …

Die Heilpraktiker:innenausbildung hat mir gut gefallen. Aber ich habe gemerkt, dass mein Herz doch beim Yoga liegt. Also habe ich mit der Heilpraktiker:innenausbildung pausiert und Anfang des Jahres angefangen, in einer Yogaschule zu arbeiten. Dort mache ich schon länger selbst Yoga. Ich habe eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin begonnen, vor zwei Wochen bin ich mit der Grundausbildung fertig geworden. Jetzt muss ich mir eine Mentorin suchen, die mich auf das nächste Level führt.

In Deutschland gibt es großen Druck, Dinge zu Ende zu bringen. Etwas Vernünftiges tun, bloß nicht Zeit und Geld verschwenden. Aber was ist vernünftig? Hast du das Gefühl, dass das Grundeinkommen dir den Rücken freihält und dir erlaubt, etwas abzubrechen und stattdessen etwas Neues zu wagen?

Definitiv. Von Anfang an habe ich mir gedacht: Okay, ich nutze jetzt diese finanzielle Freiheit, um mal verschiedene Sachen auszuprobieren. Das konnte ich mir davor nicht erlauben, die Miete musste ja bezahlt werden. Das Grundeinkommen ist wie ein Polster für Freiheit. Als mein Fahrrad gestohlen wurde, konnte ich mir sofort ein neues kaufen. Weil ich dieses sichere Polster habe, kann ich Teilzeit arbeiten und in der restlichen Zeit nach meiner Bestimmung suchen. Im Moment ist das Yoga für mich.

Seit unserem ersten Gespräch im Sommer 2021 zieht sich Yoga wie ein roter Faden durch dein Leben. Damals waren wir noch mitten in der Pandemie und die Studios zu.

Yoga war immer die einzige Konstante in meinem Leben. Ich bin sehr sprunghaft und fange tausend Sachen an, aber Yoga hat mir Stabilität gegeben. Mit der Pandemie war das plötzlich vorbei. Während der Heilpraktiker:innenausbildung wurde ich irgendwann sehr unglücklich. Ich merkte, dass es nicht zu hundert Prozent das ist, was ich will, aber habe mir Druck gemacht. Dann öffneten nach und nach wieder die Yoga-Studios und mein Freund sagte zu mir: Guck mal wie glücklich du damals warst, als du in einer Yogaschule gearbeitet hast. Also habe ich wieder damit angefangen. Ich liebe die Philosophie, das gemeinsame Praktizieren, die Nähe zum Menschen.

Spiritualität spielt eine große Rolle in Juliettas Leben, Foto: Julietta…

Foto: Julietta Ibishi

Mit dem Grundeinkommen will Julietta ihre Zukunft gestalten

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