Als 2015 innerhalb weniger Monate mehr als eine Million Menschen nach Deutschland flüchteten, wurde Zarah Bruhn schnell klar: Es reicht nicht, sie willkommen zu heißen und mit dem Nötigsten zu versorgen. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Menschen auch langfristig gut in Deutschland ankommen. Bruhn wollte nicht warten, sondern handeln. 2016 gründete sie eine Firma, die Geflüchtete in den Arbeitsmarkt integriert: Social-Bee. Das Münchner Start-up funktioniert wie eine Zeitarbeitsfirma: Es stellt arbeitssuchende Geflüchtete an und verleiht sie für ein Jahr als Arbeitskräfte an Unternehmen.
Sind diese zufrieden, bieten sie einen festen Job oder Ausbildungsplatz an. Während des Probejahrs kümmert sich Social-Bee um alle Integrationsfragen: Sprachkurse, Weiterbildungen, Behördengänge – und alle möglichen Notfälle, etwa bei der Wohnungssuche, Versicherungsfragen oder persönlichen Problemen. „Indem wir Unternehmen bei der Integration von Geflüchteten entlasten, wollen wir sie motivieren, mehr von ihnen einzustellen“, erklärt die 28-Jährige. Bisher hat Social-Bee knapp 200 Geflüchtete vermittelt, etwa 100 davon wurden von Firmen übernommen.
Social Bee ist mit diesen Erfolgszahlen kein Einzelfall: Die Integration der Geflüchteten, die seit dem Jahr 2015 nach Deutschland kamen, geht schneller und reibungsloser voran, als viele Beobachter kritisch bis ängstlich erwartet hatten. „Wir sehen eine schrittweise Integration in den Arbeitsmarkt, die trotz bürokratischer Hürden und Verzögerungen bei den Asylverfahren schneller verläuft als erwartet“, sagt Herbert Brücker, der beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zur Integration von Migranten ins Arbeitsleben forscht. Zunächst fanden dabei vor allem diejenigen Geflüchteten Jobs, die bereits eine vergleichsweise gute Schul- und Ausbildung mitbrachten und deshalb Sprach- und Integrationskurse schnell absolvierten und recht einfach in die Betriebe zu integrieren waren, erklärt Brücker.
40 Prozent der Geflüchteten im Alter zwischen 15 und 64 Jahren einen Job
Heute haben rund 40 Prozent der Geflüchteten im Alter zwischen 15 und 64 Jahren einen Job. Auch wenn derzeit weniger Menschen nach Deutschland kommen, gibt es für Integrationshelfer*innen nun weiter viel Arbeit: „Unsere Aufgabe ist nicht einfacher geworden“, sagt Social-Bee-Chefin Bruhn, „es gibt noch viel zu tun.“ Denn bei jenen 60 Prozent der Geflüchteten, die nach drei Jahren in Deutschland nun noch eine Arbeit suchen, wird die Integration eher schwieriger. Oft sind das gerade die Menschen, die besonders hohe Hürden bei der Integration überwinden müssen – etwa, weil sie in ihrem Heimatland nur kurze Zeit oder gar nicht zur Schule gehen konnten, weil sie sich selbst um kleine Kinder kümmern, traumatische Erfahrungen verarbeiten müssen oder sich mit Sprachkursen schwer tun.
Hinzu kommt: Auch wenn Unternehmen und ihre Mitarbeiter großes Engagement für die Integration von Geflüchteten zeigen, machen Bürokratie und rechtliche Unsicherheiten es ihnen oft schwer. „Gerade für kleinere Unternehmen kann der Umgang mit Behörden und die sich häufig ändernde Gesetzeslage eine Hürde sein“, berichtet etwa Marlene Thiele vom Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“, in dem sich mehr als 2300 Firmen zusammen geschlossen haben, die Geflüchtete eingestellt haben.
Wer Geflüchteten beim Jobeinstieg helfen will, kann seinen Chef daher auf Unterstützungsangebote solcher Unternehmensnetzwerke hinweisen. Oder aber zum Einsatz von professionellen Integrationsdienstleistern raten, um zu zeigen, dass Betriebe die Integration von Geflüchteten nicht alleine stemmen müssen.
Die Zeitarbeit gilt dabei heute vielen Arbeitsmarktforschern als einer der wichtigsten Wege, um Geflüchtete in den Arbeitsmarkt zu vermitteln. Mehr als ein Drittel der Geflüchteten haben als Leiharbeiter den Sprung in einen Job geschafft. Spezialisierte Anbieter wie Social Bee oder auch das Berliner Startup Avenir, das ein ähnliches Modell sozialer Leiharbeit verfolgt, sind zudem gemeinnützig und reinvestieren ihre Gewinne in Sprach- und Integrationskurse, Mentoring und Weiterbildungen für Geflüchtete.
Aber auch jeder Einzelne kann im eigenen Unternehmen etwas dafür tun, dass Geflüchtete bessere Integrationschancen haben: Etwa, indem man sich dem Chef als Mentor für geflüchtete Mitarbeiter anbietet. Und den neuen Kollegen dann etwa durch Unterstützung bei Behördengängen und durch Hilfe im Arbeitsalltag unter die Arme greift.
Geflüchtete haben in Deutschland mit vielen Hürden zu kämpfen, wenn sie eine feste Arbeit suchen. Zahlreiche Initiativen und Unternehmen zeigen, wie man sie dabei unterstützt.