Erweiterung von Sims 4

Wie funktionieren nachhaltige Videospiele?

Egal, ob die Sims, Pokémon Go oder Minecraft: Immer mehr Spiele wenden sich nachhaltigen Themen zu. Aber wie nachhaltig sind diese Spiele und die Firmen dahinter wirklich?

Das Computerspiel „Die Sims“ gilt als eines der erfolgreichsten Spiele aller Zeiten. In einer Art virtuellem Puppenhaus erstellen Spielende menschenähnliche Figuren namens Sims, statten sie mit Charaktereigenschaften, einen bestimmten Kleidungsstil und Lebenszielen aus und lassen sie in ein Haus einziehen, das man nach und nach einrichtet. Währenddessen lässt man seine Sims Familien gründen, schickt sie zur Ausbildung oder ermordet sie in skurrilen Szenarien im eigenen Swimming-Pool, wenn man das möchte. Als Spieler*in ist man nahezu allmächtig.

Bis heute hat das Spiel eine riesige Fangemeinde. Nach Angaben des Herstellers Electronic Arts (EA) wurde es bisher über 200 Millionen mal weltweit verkauft. Früher waren die Sims in der Regel superschlanke, weiße Figuren, bei denen sich alles um das perfekte Familienleben und das schöne Haus drehte: am wichtigsten im Spiel waren und sind der Kontostand und Konsum. Über Jahre wurde das Spiel diverser, verschiedene Hautfarben und Figur-Typen stehen zur Auswahl und auch was Homo-und Transsexualität angeht, hat sich das Spiel geöffnet.

Nun hat EA eine Erweiterung zu der bereits 2014 erschienenen vierten Version des Spiels veröffentlicht, die ökologisch sein will: „Die Sims 4: Nachhaltig leben“ soll das erste Erweiterungspack der Reihe (bis auf einige Elemente der Erweiterung „Inselleben“) sein, das sich auf Umweltschutz konzentrieren soll. Die Erweiterung hat mit 40 Euro einen stolzen Preis.

Die Sims 4 Nachhaltig leben: Ökologisch, aber nicht konsumkritisch

Hat man das Spiel installiert, kann man in die Nachbarschaft „Evergreen Harbour“ eintauchen: ein ehemaliger verwahrloster Industriehafen, der voller Smog und Müll ist. Hier kann man wahlweise in eine Wohnung, ein geothermisches Haus, oder auch in zwei Container ohne Wasser und Strom einziehen. Die Aufgabe ist es zunächst, den eigenen Haushalt ökologisch zu gestalten. Die Sims können hierbei Lebensmittel und auch alte Möbelstücke aus Containern retten, mithilfe von Solarzellen und Windturbinen ihren eigenen Strom erzeugen, Gegenstände upcyclen, eine Insektenfarm unterhalten und Gemüse anbauen. Doch auch für diese Tätigkeiten ist zunächst Geld relevant. Das elektronische Equipment für Energiegewinnung ist auch in der Sims-Währung teuer, insbesondere, wenn man gerade erst mit dem Spielen angefangen hat. Auch das Upcycling funktioniert nicht als „Fähigkeit“ der Sims, sondern wird erst durch ein ebenfalls kostspieliges Gerät möglich, dass der Sim kaufen muss. Hier wurde nicht wirklich konsequent gedacht. Im Englischen lautet der Titel des Spiels „Eco-Lifestyle“, es spiegelt teilweise ein sehr elitäres Verständnis von Nachhaltigkeit wieder, das sich nicht vom Konsumdenken löst.

Wirklich interessant und gut umgesetzt ist jedoch der Community-Aspekt: Schon zu Beginn des Spiels kommen benachbarte Sims vorbei und bieten ihre Hilfe bei Reparaturen im Haus an. Eine andere Sim macht auf die nachbarschaftlichen Aktionspläne aufmerksam, an denen man teilnehmen kann. Es soll entschieden werden, ob man sich als Gemeinde etwa auf das Anpflanzen von Bäumen konzentrieren sollte oder eher auf eine technische Lösung zur Säuberung der Umwelt. Nur als Gemeinschaft kann man es schaffen, das Viertel ökologisch zu gestalten. Sind die Sims dagegen untätig, ist die Luft von Evergreen Harbour bald verschmutzt und trüb, die Müllberge in der Stadt wachsen und den Sims geht es körperlich und psychisch schlecht.

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Partnerschaft mit den Vereinten Nationen

Die Sims sind nicht das einzige kommerzielle Spiel, das sich neuerdings mit der Umwelt befasst. Im September 2019 erklärten 21 der größten Vertreter*innen der Game-Industrie in der sogenannten „Playing for the Planet Alliance“ der Vereinten Nationen ihre gigantische Reichweite zu nutzen, um die Klimakrise zu bekämpfen. „Die Videospielindustrie hat die Möglichkeit, Milliarden von Menschen weltweit zu inspirieren. Das macht sie zu einem wichtigen Partner, wenn wir uns mit der Klimakrise befassen wollen“, sagt Inger Andersen, Executive Director des UN Environment Programme. Die Industrie versprach dabei einerseits Engagement auf Seite der Firmen selbst: Co2-Emissionen sollen verringert werden, Hardware soll recycelt und durch umweltfreundlichere Downloads ersetzt werden.

Die Firma Sony Interactive Entertainment hat konkret angekündigt, einen effizienten Energiesparmodus für die nächste Generation der Playstation umzusetzen, der den weltweiten Energieverbrauch reduzieren soll. Sports Interactive will dagegen bei allen Verpackungen vollständig auf Plastik verzichten und nur noch recycelbare Materialien verwenden. Veränderung ist dringend notwendig: Bei der Herstellung von Spielen werden Millionen Tonnen von Elektroschrott und Plastik produziert. Rein digitale Spiele haben laut Recherchen des Big Fish Games Magazins sogar einen noch höheren CO2-Verbrauch als Hardware-Spiele, da für das Streamen von Games Unmengen an Datenspeicher und damit Energie benötigt wird. Inwiefern die Unternehmen ihre Ziele auch wirklich umsetzen, wird man erst in den nächsten Jahren sehen. Viele haben als Deadline für ihre Ziele erst das Jahr 2030 angegeben.

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Inhaltlich wollen die Firmen Spiele entwickeln, die ökologisch aufklären sollen und dabei auch Aktivismus vorantreiben, bei dem Offline- und Online-Realität miteinander verknüpft werden: So erhielten Spieler*innen des beliebten Augmented-Reality-Games „Pokémon Go“ Belohnungen innerhalb des Spiels, wenn sie sich an Aufräumaktionen im Zuge des Earth Days beteiligten. Das Spiel „Minecraft“ rief im Zuge der Coronakrise eine Education Challenge ins Leben, bei der Schüler*innen in den USA während des landesweiten Lockdowns das Spiel dazu nutzen sollten, gemeinsam Strategien zur ökologischen Stadtplanung oder zu sozialen Themen wie Inklusion zu erarbeiten. Der Report, den die Vereinten Nationen über das Potenzial der Spielindustrie veröffentlicht hat, empfiehlt außerdem auch die vielen Influencer*innen anzusprechen, die es in der Gaming-Szene gibt. Manche von Ihnen haben auf sozialen Netzwerken wie Youtube Millionen Follower*innen und könnten insbesondere viele junge Menschen erreichen.

Game-Jam für nachhaltige Videospiele in Mexiko

Neben kommerziellen Spielen, die oft an hohe Preise gebunden sind, die sich gerade ärmere Menschen nicht einfach so leisten können, gibt es aber auch zahlreiche Open-Source-Spiele und von Regierungen und NGOs geförderte Bildungsprojekte weltweit, die Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit vermitteln wollen.

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Ein Beispiel aus dem globalen Süden ist die „Game Jam Climática México“, die Ende Mai 2020 gemeinsam vom Goethe-Institut Mexiko, dem Institut français d’Amérique latine und mit finanzieller Unterstützung des deutsch-französischen Kulturfonds stattfand. Bei einem virtuellen Climate Game Jam (GJC) hatten junge Gamer*innen 48 Stunden Zeit, Spiel-Prototypen zu entwickeln, die sich mit konstruktiven Lösungen für den Kampf gegen den Klimawandel befassen. Das Gewinnerprojekt soll bis programmiert nun einen  Prototyp. Vor dem GJC konnten die Teilnehmenden sich mit deutschen, mexikanischen und französischen Expert*innen zur Klimabekämpfung vernetzen, um Input für ihre Spiele zu erhalten. So sollen auch die Spieler*innen selbst Games und Lösungen entwickeln, die bei der Bekämpfung des Klimanotstands helfen können.

In Europa verbindet das Game-Studio Causa Creations mit Sitz in Wien und Karlsruhe Games mit Social Entrepreneurship: So entwickelte die Firma unter anderem ein Spiel namens “Burn the Boards”, in dem man einen indischen Arbeiters spielt, der Elektroschrott recyceln muss und sich dabei giftigen Stoffen aussetzt. 50 Prozent der Erlöse sollen realen Arbeiter*innen in Indien zukommen.

Die Sims 4: Nachhaltig leben, 39,99 Euro. USK ab 6 freigegeben, erschienen bei Electronic Arts.

EA Games

Im Erweiterungspack des Spiels „Sims 4: Nachhaltig leben“ dreht sich alles um einen ökologischen Lifestyle.

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