Coronakrise

Globaler Alltag in der Pandemie: Chile, Rumänien und Thailand

Die Corona-Pandemie beeinflusst überall unseren Alltag. Deshalb erzählen hier Menschen weltweit, wie sie die Krise in ihren Ländern erleben. Heute: Chile, Rumänien und Thailand.

„In Valparaíso kaufen Nachbarn füreinander ein“

Chile, Valparaíso, Christóbal, 28, Ingenieur: „Die Corona-Pandemie hat meinen Alltag komplett verändert. Ich arbeite jetzt von zu Hause aus, kaufe nur noch grundlegende Dinge ein und kann die Outdoor-Sportarten nicht mehr ausüben, die ich normalerweise immer betreibe und sehr liebe. Meistens fühle ich mich aber gut. Ich versuche zu Hause Sport zu machen und die Bücher zu lesen, für die ich sonst keine Zeit habe. Manchmal bin ich etwas ungeduldig und besorgt darüber, dass wir nicht wissen, wann wir im Kampf gegen dieses Virus endlich Fortschritte erzielen werden. Außerdem bin ich bei der Arbeit etwas gestresst, da ich das Gefühl habe, dass ich nicht alle Aufgaben so erledigen kann wie im Büro.

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Hier in Chile hat sich aber zum Glück gezeigt, dass sich viele Menschen gegenseitig helfen. In einigen Stadtteilen von Valparaíso organisieren sich etwa Nachbarn, um füreinander Lebensmittel und andere nötige Dinge zu kaufen. Doch die politischen Maßnahmen, die im Land ergriffen wurden, waren meiner Meinung nach bis jetzt zu zögerlich und weit entfernt von dem, was die Menschen wirklich brauchen. Der Schwerpunkt der politischen Maßnahmen lag bisher auf der Unterstützung des Handels und der Wirtschaft, nicht auf der Unterstützung der Menschen, die durch diese Krise arbeitslos geworden sind.

Immerhin muss man sagen, dass es vonseiten einiger Kommunalverwaltungen aber eine schnellere und bessere Reaktion gab: Als das Virus begann, sich im Land auszubreiten, haben sie schnell den Schulunterricht vor Ort ausgesetzt – unabhängig von der nationalen Regierung. Außerdem haben einige Kommunalverwaltungen die Menschen aufgefordert, nicht mehr als notwendig auszugehen und sich ausreichend mit Lebensmitteln und anderen den Dingen einzudecken, die sie benötigen.“

In Chile sind laut der Johns Hopkins Universität 10.832 Menschen an dem Corona-Virus erkrankt und 147 daran gestorben (Stand 22. April).

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„Sich ärgern oder durchdrehen bringt nichts“

Rumänien, Klausenburg, Laura Berceanu, 34, Dolmetscherin, Übersetzerin und Lehrerin: „Dolmetscher werden zurzeit nicht gebraucht, glücklicherweise kann ich aber mit einigen Gruppen noch Online-Deutschunterricht abhalten. Sich ärgern oder durchdrehen bringt nichts. Ich hoffe, dass wir durch die Krise besser verstehen können, dass keiner von uns unschlagbar ist und dass es im Leben wichtigere Sachen gibt, als nach den Launen des eigenen Egos zu handeln und nach Geld und Vergnügen zu jagen, während Mutter Erde sowie Tier und Mensch leiden. In diesem Kontext finde ich es toll, dass die Zivilgesellschaft in Rumänien aktiv ist, dass Facebook-Gruppen zur Unterstützung von örtlichen Bauern gegründet wurden und dass es auch Bürgerinitiativen gibt, die sich zum Beispiel für die Aussetzung der Mieten für schutzbedürftigte Personen aussprechen. Es werden Theaterstücke und Dokumentarfilme im Netz kostenlos übertragen und eine Portion kreativer Humor in der Gesellschaft fehlt auch nicht.

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All das wirkt wie eine „Pille“ gegen hasserfüllte Äußerungen in den sozialen Netzwerken, gegen das Gefühl der Enttäuschung aufgrund der Inkompetenz und der mangelnden Transparenz unserer politischen Entscheidungsträger. Diese Pille wirkt auch gegen die mittelalterlichen Bräuche der orthodoxen Kirche, die im Kampf gegen das Virus mit Reliquien auf die Promenade ging, nachdem sie den Gläubigen über den Eucharistie-Löffel vielleicht sogar das Virus gegeben hatte. Ich bin empört, wenn ich die täglichen leeren Versprechen der Politik höre und dann mitbekomme, dass es an Materialien mangelt, dass zu wenig getestet wird, dass Analysegeräte, die man seit einiger Zeit hätte verwenden können, jetzt in den Kellern von manchen Krankenhäusern entdeckt werden. Diese Pille wirkt aber nur vorübergehend, denn irgendwann stellt man sich doch die Frage, wie man als Gesellschaft endlich heilen könnte.“

In Rumänien sind nach Angaben der Johns Hopkins Universität 9.710 Menschen an dem Corona-Virus erkrankt. Es gab bisher 508 Todesfälle (Stand 22. April 2020).

„Die Menschen verstehen: Besondere Rücksicht ist geboten, um Leben zu erhalten”

Thailand, Bangkok, Johannes Kagerer, 31, IT-Projektmanager: „Seit August leben meine Partnerin und ich in Bangkok. Sie arbeitet für eine internationale britische Schule, ich für ein deutsches Unternehmen als IT-Projektmanager. Anfangs wurden in dem Wolkenkratzer, in dem ich arbeite, nur unsere Körpertemperaturen gescannt und auf einem großen Screen angezeigt, aber schon bald kamen Woche für Woche neue Maßnahmen hinzu. Wer ins Gebäude wollte, durfte in den 14 Tagen zuvor nicht in bestimmten Regionen der Welt gewesen sein. Auch Deutschland stand auf dieser Liste der sogenannten „risk states“. Stichprobenartig wurden bei uns Ausländern Passkontrollen durchgeführt und wenn die Körpertemperatur in Ordnung war, bekam man einen grünen Punkt auf die Brust geklebt.

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Überall wurden Plakate aufgehängt, wie man sich zu verhalten habe; auf den Toiletten standen Anweisungen, wie man sich die Hände waschen soll und jeder Aufzug wurde mindestens alle 30 Minuten desinfiziert und mit Personal besetzt, das auf die gewünschte Taste drückt. Zudem musste jeder eine Maske tragen, doch trotzdem durften nach wie vor viel zu viele Leute in einen Lift. Die Intimzone in Asien ist eine andere. Mal sehen, ob sich das nach COVID-19 verändern wird. Inzwischen gibt es in jedem Supermarkt Markierungen am Boden, dass die Menschen das Social Distancing einhalten. Jeder versucht unnötige Meter im Freien zu vermeiden, um der Regierung keinen Anlass zum totalen Shut-Down zu geben und seinen Teil dazu beizutragen, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. Mittlerweile gibt es eine Ausgangsbeschränkung, diese gilt jedoch nur nachts von 22 Uhr bis 4 Uhr. Zudem wurde der Verkauf von Alkohol in Bangkok vorübergehend verboten.

Wir sind jetzt bereits seit mehreren Wochen alle im Homeoffice. Manche meiner thailändischen Kollegen sind schon früher als ich zu Hause geblieben, um sich nicht mit dem Virus zu infizieren und ihre Liebsten daheim anzustecken. Für viele thailändischen Familien ist es normal, dass drei Generationen unter einem Dach leben. Demnach treffen die jungen Menschen täglich auf engem Raum mit Älteren zusammen, die zur Risikogruppe zählen. Viele Thailänder waren daher sehr früh sehr einsichtig. Die Menschen verstehen: In Zeiten des Coronavirus ist besondere Rücksicht geboten, um Leben zu erhalten.”

In Thailand gibt es bisher laut der Johns Hopkins Universität 2.826 Fälle von Menschen, die mit dem Corona-Virus infiziert sind, und 49 Todesfälle (Stand 22. April).

imago images/Ikon Images

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