Robert Habeck reicht’s. „Ja, man kann darüber klagen, wie schwer alles ist und wie groß die Herausforderungen sind und wie sehr wir in Rückenlage anfangen. Ich will das nicht mehr tun.“ Er sieht die Chancen für die deutsche Wirtschaft. Für Wachstum und Klimaschutz. Der Weg hin zur Klimaneutralität, zur ökologisch-sozialen Marktwirtschaft ist verdammt schwierig, aber möglich. Noch. Deswegen beeilt sich der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz am 13. Januar 2022 im Deutschen Bundestag. Seine Rede ist Teil der Regierungserklärung. Sie dauert weniger als zehn Minuten. Robert Habeck muss sich beeilen, weil wir keine Zeit mehr haben.
Wer ihm seit der Amtsübernahme im Dezember vergangenen Jahres zugehört hat, merkt, dass der Mitteilungsdrang des 52-Jährigen diesem Diktum folgt. Denn bis 2030 müssen die Emissionen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 runter. Heißt bis zu 41 Millionen Tonnen CO2- Äquivalente weniger – pro Jahr. Dafür muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien verdreifacht werden – von aktuell 240 auf bis zu 600 Terawattstunden. Wie soll das gehen? Schon das Genehmigungsverfahren für eine Windkraftanlage braucht derzeit etwa sechs bis acht Jahre. Da müsse man „nun nicht besonders helle sein“, um zu begreifen, dass die Rechnung nicht aufgeht, sagt der Klimaschutzminister im Bundestag.
Von Solarzellen sind Bürger:innen leichter zu überzeugen. Sie stören weder auf Dächern noch auf Balkonen. 200 Gigawatt Leistung sollen so bis 2030 entstehen. Beim Thema Wind sieht es schwieriger aus. Damit sich genug große Räder drehen, müssen zwei Prozent der deutschen Landesfläche entsprechend genutzt werden. Nur Hessen und Schleswig-Holstein kommen annähernd an diese Zahl ran. Die Entfernungen zu Siedlungen machen es Planer:innen schwer. Es gelten Mindestabstande von um die 1.000 Meter. Und Ausbau-Gegner:innen haben sich gut organisiert, vom Sauerland bis nach Mecklenburg-Vorpommern.
Die Erneuerbaren sind ein entscheidender, aber nicht der einzige Baustein. Überall mangelt es an Fachkräften, die die grüne Infrastruktur planen und aus dem Boden stampfen können. So waren etwa im dritten Quartal 2021 laut dem Verein Deutscher Ingenieure 132.000 entsprechende Stellen unbesetzt. Die Bundesagentur für Arbeit meldet zwar 38.000 Lehrstellen auf dem Bau, doch 15.000 davon sind bislang nicht besetzt. Bis Stellen in Handwerksbetrieben nachbesetzt werden können, vergehen hierzulande zwischen 180 und 210 Tagen. Gerade in wichtigen Bereichen fehlt daher das Personal: Heizungs-, Klima- und Energietechnik.
Habeck war mal Schriftsteller. Vor der großen Polit-Karriere hat er mit seiner Frau Romane geschrieben. Er weiß, Menschen brauchen Geschichten, eine gemeinsame Sprache, eine überzeugende Erzählung. Nur dann ziehen sie mit. Das ist genauso wichtig wie Budgets, Vorschriften und Gesetze. Nun muss der Grüne aus der klimaneutralen Utopie also eine gemeinsame, gesellschaftliche wie ökonomische Erfolgsstory …
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