Kamala Harris

Das ist die Frau, die Joe Biden in den Schatten stellt

Es gab eine ganze Reihe von US-Demokratinnen, die als potenzielle Vize-Kandidatin von Joe Biden gehandelt wurden. Nun hat der designierte Präsidentschaftskandidat eine historische Entscheidung getroffen – und Amtsinhaber Trump schießt sich schon auf sie ein.

Mit Kamala Harris könnte erstmals eine Schwarze Frau Vize-Präsidentin der Vereinigten Staaten werden. Der designierte Trump-Herausforderer der US-Demokraten, Joe Biden, verkündete die Senatorin aus Kalifornien am Dienstag als seinen „Running Mate“ (Vizepräsidentschaftskandidatin) für die US-Präsidentschaftswahlen im November. Der erste gemeinsame Auftritt der beiden soll schon am Mittwochnachmittag (Ortszeit) in Wilmington (Delaware) folgen.

Auf Twitter bezeichnete die 55-jährige Harris es als „Ehre“, mit Biden antreten zu dürfen. Sie werde alles dafür tun, um ihn zum Oberbefehlshaber zu machen. „Joe Biden kann das amerikanische Volk einen, weil er sein Leben damit verbracht hat, für uns zu kämpfen. Und als Präsident wird er ein Amerika aufbauen, das unseren Idealen gerecht wird“.

Zuvor hatte Biden Harris als seine Wahl für den Posten der Vize-Präsidentin verkündet. „Ich habe die große Ehre, bekanntzugeben, dass ich Kamala Harris – eine furchtlose Kämpferin für die einfachen Menschen und eine der besten öffentlichen Bediensteten des Landes – als meinen Running Mate ausgewählt habe.“ Beide sollen beim offiziellen Parteitag der Demokraten vom 17. bis 20. August nominiert werden. Wegen der Corona-Pandemie findet das Treffen weitgehend digital statt.

Vize-Kandidatin der USA: Eine nicht-weiße Frau

Der 77-jährige Biden hatte bereits Mitte März angekündigt, im Fall eines Wahlsiegs eine Frau zur Vizepräsidentin zu machen. Infolge der landesweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai in Minneapolis war der Druck auf ihn gewachsen, eine nicht-weiße Frau aus der Liste der potenziellen Kandidatinnen zu wählen. Harris galt als Favoritin.

Die 55-Jährige ist die zweite Afroamerikanerin in der Geschichte, die in den US-Senat gewählt wurde. Sie gehört zu den bekanntesten Schwarzen Politikerinnen des Landes und wurde 1964 in Kalifornien geboren. Harris hat Politik, Wirtschaftswissenschaft und Jura studiert. Nach ihrer Zulassung als Anwältin arbeitete sie ab 1990 zunächst für die Staatsanwaltschaft in Almeda County an der Westküste und wechselte 1998 zur Staatsanwaltschaft ins nahe San Francisco. 2003 wurde sie Bezirksstaatsanwältin, 2011 schließlich Generalstaatsanwältin und Justizministerin von Kalifornien. Seit 2017 vertritt sie als Senatorin den Bundesstaat.

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Harris wollte Trump im November den Präsidentenposten eigentlich selbst streitig machen und hatte versprochen, das Land wieder einen zu wollen. Zu Beginn galt sie als chancenreiche Kandidatin. Ihre Kampagne konnte den anfänglichen Schwung aber nicht aufrecht erhalten.

Ihre Beziehung zu Biden gilt als gut, auch wenn die beiden im Präsidentschaftsrennen einige Male aneinander gerieten. Als Generalstaatsanwältin habe sie eng mit Bidens Sohn Beau zusammengearbeitet, zusammen hätten sie es mit den großen Banken aufgenommen, die arbeitende Bevölkerung unterstützt und Frauen und Kinder vor Missbrauch geschützt, erklärte Biden. „Ich war damals stolz und ich bin jetzt stolz, sie als meine Partnerin in dieser Kampagne zu haben.“

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Trump mobilisiert gegen Kamala Harris

Von US-Präsident Donald Trump kam am Dienstag direkt die erste Breitseite: „Sie hat gelogen. Sie hat Dinge gesagt, die nicht wahr waren“, sagte er, ohne genauer darauf einzugehen. Harris wolle die Steuern erhöhen, die Militärausgaben senken und sei gegen die Erdgas-Förderung per Fracking, zählte er auf. Das alles sind Ansichten, mit denen Trump versuchen könnte, seine republikanische Kern-Wählerschaft gegen Harris zu mobilisieren.

Trump ergänzte, Harris sei im Vorwahlkampf „bösartig“ über Biden hergezogen. Sein Vizepräsident Mike Pence gefalle ihm viel besser. Trumps Wahlkampfteam griff Harris in einem kurzen Video zudem als „Schwindlerin“ an. Sie sei extrem nach links gerückt, um die Gunst der Wähler zu gewinnen – diese hätten sie jedoch durchschaut.

Würdigungen von Obama, Clinton und Rice

Ex-Präsident Barack Obama – dessen Vize noch Joe Biden war – schrieb: „Das ist ein guter Tag für unser Land. Jetzt lass uns das Ding gewinnen.“ Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton würdigte Harris „als unglaubliche Beamtin und Anführerin“. Susan Rice, die auch als aussichtsreiche Kandidatin für den Posten gehandelt wurde, übermittelte ihre „wärmsten Glückwünsche“ und nannte Harris „eine hartnäckige und wegweisende Anführerin, die eine großartige Partnerin auf dem Kampagnenweg sein wird“.

Bidens Entscheidung war mit Spannung erwartet worden, weil sie sich nicht nur auf seine Wahlchancen auswirken dürfte, sondern auch entscheidend auf die Zukunft des Landes. Bei Amtsantritt wäre Biden 78 Jahre alt. Es wird gemutmaßt, dass er nur eine Amtszeit lang regieren könnte, sollte er die Wahl am 3. November gewinnen. Als Vizepräsidentin könnte sich Harris an seiner Seite profilieren und in Stellung dafür bereiten, sein Erbe anzutreten.

Biden liegt im Walkampf deutlich vor Trump

Biden liegt in Umfragen derzeit deutlich vor Trump. Wegen des komplizierten Wahlsystems sind diese Prognosen allerdings mit Vorsicht zu genießen. Zudem kann in den USA in den verbleibenden Wochen bis zur Wahl erfahrungsgemäß viel passieren.

Die Corona-Pandemie hat den Wahlkampf komplett auf den Kopf gestellt. Negativ wirkte sich das auf Bidens Kampagne bislang nicht aus. Trotz Trumps fast täglicher Auftritte blieb Biden seit der Zuspitzung der Krise zumeist zuhause in seinem Haus im Bundesstaat Delaware, ging zuletzt aber immer öfter in die Offensive. So stellte er einen Investitionsplan und seine Absichten im Kampf gegen den Klimawandel vor.

Bild: imago images/UPI Photo

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat Senatorin Kamala Harris als seine Vize-Kandidatin ausgewählt. Biden und Harris treten im November gemeinsam gegen Präsident Donald Trump und Vize-Präsident Mike Pence an.

Redaktion, dpa

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