Schwerpunkt: Weltall

Pionierinnen ins All

Elf Männer aus Deutschland waren bisher im Weltall – aber keine Frau. In der Raumfahrt sind Frauen bis heute unterrepräsentiert. Das möchte Claudia Kessler mit ihrer privaten Initiative „Die Astronautin“ ändern. 

Frau Kessler, warum ist es wichtig, dass mehr Frauen in den Weltraum fliegen?

Das hat wissenschaftliche Gründe. In der Schwerelosigkeit des Weltalls verändert sich etwa der Augeninnendruck, Muskeln bauen ab und es tritt schneller Osteoporose auf. Medizinische Erkenntnisse aus dem Weltraum fließen in Behandlungsmethoden auf der Erde ein. Und der weibliche Körper verhält sich sowohl im All als auch auf der Erde anders als der männliche. Aber in Deutschland haben wir bisher keine Daten über Frauen im Weltall. Deswegen möchten das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und das Zentrum für Weltraummedizin der Berliner Charité unsere Forschung nutzen.

Sie setzen sich mit Ihrer Initiative „Die Astronautin“ dafür ein, dass nun eine Frau ins All fliegt. Geht es Ihnen auch um Gleichberechtigung?

Vor allem um eine Vorbildfunktion. Wir möchten zeigen: Frauen können das genauso! Wie in vielen „Männerberufen“ braucht es Pionierinnen, die den Weg in eine neue Normalität weisen.

Eigentlich wollten Sie bereits im Frühjahr die erste deutsche Astronautin für zehn Tage ins All schicken. Ist das noch realistisch?

Nein, das ist es sicher nicht mehr. Dafür stehen jetzt keine kommerziellen Flüge mehr zur Verfügung. Die gibt es erst wieder Ende des Jahres von SpaceX und Axiom. Aber dafür fehlt uns im Augenblick die Finanzierung. Es wird also wahrscheinlich erst 2022 klappen.

Wir sprechen von 50 Millionen Euro, die Sie mit Ihrer Initiative stemmen müssen, denn Ihr Vorhaben ist privat organisiert und nicht staatlich finanziert wie die Missionen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Warum brauchen wir überhaupt kommerzielle Raumfahrt?

Weil durch sie prinzipiell jeder ins Weltall fliegen kann. Erst von dort aus realisiert man: Wir sind Teil des Universums, wir leben alle zusammen auf einem Planeten, für den wir gemeinsam Verantwortung tragen. Viel mehr Menschen brauchen dieses Weltraumbewusstsein, um Dinge auf der Erde zu verbessern – an erster Stelle unser Klima, aber auch unser aller Zusammenleben. Die kommerzielle Raumfahrt öffnet den Weltraum für alle Menschen, auch wenn es sich bisher nur wenige leisten können. Gerade bei diesen Missionen ist es wichtig, dass Männer und Frauen gleichberechtigt vertreten sind, damit auch die Kommunikation der Eindrücke von beiden Seiten kommt.

Sind die beiden deutschen Astronauti…

Illustration: Nico H. Brausch

Die Diplomingenieurin für Luft- und Raumfahrt, Claudia Kessler, hat 2017 mit Kolleginnen die private Initiative „Die Astronautin“ gegründet. Aus mehr als 400 Bewerberinnen wurden die Astrophysikerin Suzanna Randall und die Meteorologin Insa Thiele-Eich ausgewählt.

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