Noch vor wenigen Monaten klangen US-amerikanische Umweltschützer*innen schlichtweg deprimiert, wenn sie am Telefon über die Zukunft ihres Landes sprachen. Damals hieß der Innenminister noch David Bernhardt. Donald Trump hatte ihm 2019 den Posten zugeteilt, der in den USA nicht, wie in anderen Ländern üblich, für die innere Sicherheit zuständig ist, sondern unter anderem für Naturschutzgebiete, indigene Angelegenheiten, Energiegewinnung und die Beaufsichtigung der Ölindustrie. Bevor Bernhardt sein Amt antrat, war er ein gestandener Öllobbyist. Unter ihm und Trump wurden unter anderem 242 Millionen Quadratmeter Meer für die Förderung von fossilen Energieträgern freigegeben, bis zuletzt wollte Bernhardt die Ölförderung im Nationalpark und indigenem Gebiet Alaska National Wildlife Refuge möglich machen.
Haaland schreibt Geschichte
Nur ein paar Monate später hat sich der Wind gedreht: Präsident Joe Biden hat Bohrungen im Wildlife Refuge verboten, er hat der Keystone XL-Pipeline, die ebenfalls durch indigenes Gebiet verlaufen sollte, die Genehmigung entzogen und er hat die erste indigene Ministerin der USA zu Bernhardts Nachfolgerin ernannt: Deb Haaland. Die 60-Jährige ist Angehörige des Pueblo-Laguna-Volkes. Obwohl sie aus bescheidenen Verhältnissen stammt und als alleinerziehende Mutter teilweise auf Essensmarken angewiesen war, schloss Haaland ein Jurastudium ab, setzte sich für eine umweltfreundliche Wirtschaft in New Mexico ein und wurde zur Vorsitzenden der Demokratischen Partei in ihrem Bundestaat gewählt. 2018 schrieb sie gemeinsam mit Sharice Davids Geschichte, als die beiden Frauen als erste indigene weibliche Abgeordnete in den US-amerikanischen Kongress gewählt wurden.
Als Haaland als Innenministerin bestätigt wurde, begann sie ihre Ansprache nicht auf Englisch, sondern auf Keresan, der offiziellen Sprache der Pueblo Laguna: „Hier geht es nicht um mich. Stattdessen hoffe ich, dass dies eine Inspiration für die Amerikaner werden kann, als eine Nation voranzugehen und Möglichkeiten für jeden von uns zu schaffen.“
Eine Politikerin, die Umweltschutz und indigene Rechte gemeinsam denkt
Haaland setzte sich in den vergangenen Jahren gleichermaßen für indigene Rechte, als auch für Umweltschutz ein: Sie ist mitverantwortlich für den „100% Clean Economy Act“, der die Wirtschaft der USA bis 2050 emissionsfrei machen will, sowie für den „30 by 30 Resolution to Save Nature“ Plan, der bis 2030 30 Prozent des Landes und der Meere der USA unter Naturschutz stellen will. Sie ist außerdem eine erklärte Gegnerin der Ölindustrie und wird Bidens Ankündigung, keinerlei neue Lizenzen für Ölförderungen auf öffentlichem Land freizugeben, wohl vehement umsetzen.
Als Innenministerin untersteht ihr außerdem das „Bureau of Indian Affairs“, welches für die Angelegenheiten aller Native Americans in den USA zuständig ist. Unter Trump wurde die Institution stark geschwächt: Viele indigene Territorien wurden gegen geltendes Recht für Bergbau und Ölförderung freigegeben. Während der Coronakrise versagte die Regierung völlig dabei, sich um die medizinische Versorgung indigener Gebiete zu kümmern. Eine Ministerin, die nicht nur selbst als Vertreterin der systematisch unterdrückten indigenen Minderheit für ihre Rechte kämpft und eine erwiesene Umweltschützerin ist, könnte die bisherige Politik des Innenministeriums innerhalb weniger Monate völlig umkrempeln. Seit Beginn ihres Kongress-Mandates brachte sie bereits mehrere Gesetze auf den Weg, die die Ermordung und das Verschwinden von tausenden indigenen Frauen in ländlichen Gebieten bekämpfen sollen. Das Thema wurde bisher in den USA nahezu vollständig ignoriert.
Deb Haaland wird Innenministerin: Ein Zeichen der Hoffnung
Die Erwartungen sind hoch. Biden steht trotz seines diversen Kabinetts und seiner ambitionierten Klimaschutzpolitik unter Druck: Im Februar richteten indigene Aktivist*innen und mehrere Prominente einen offenen Brief an das weiße Haus, in dem sie den sofortigen Shutdown der Dakota Access Pipeline auf indigenem Land forderten.
An der Grenze zu Mexiko werden die allein seit Beginn des Jahres zu Tausenden unbegleiteten und minderjährigen Geflüchteten aus Lateinamerika, die die mexikanische Grenze überschritten haben, immer noch gegen geltendes Recht und unter teils schrecklichen Bedingungen festgehalten.
Nein, es ist sicherlich keine Regierung von Heiligen, die in den USA nun an die Macht gekommen ist. Aber eine Frau wie Deb Haaland verspricht eine echte Veränderung. Nach ihrer Vereidigung sagte sie in ihrer Ansprache: „Wenn eine indigene Frau mit bescheidenem Hintergrund Innenministerin werden kann, hält unser Land ein Versprechen für alle bereit. Ich werde stark sein für alle von uns, für unseren Planeten und alle unsere (indigenen) geschützten Gebiete.“
Deb Haaland wurde zur ersten indigenen Ministerin der USA ernannt. Sie will sich engagiert für die Umwelt und den Schutz indigener Gebiete engagieren.