Das ist das Problem:
Dafür, dass Menschen ihr Land oder ihre Region verlassen müssen, gibt es viele Gründe. Kriege, Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung gehören zu den häufigsten. Eine zunehmende Rolle wird nach Einschätzung von Weltklimarat und Vereinten Nationen die Klimakrise spielen. Diese führt zu mehr Extremwetterereignissen mit Zerstörungen und Überschwemmungen, die Menschen zwingen, ihr Zuhause zu verlassen. Zusätzlich dürfte eine heißer werdende Erde ein Leben in immer mehr Regionen wegen Trockenheit und Dürre unmöglich machen. Solide Verlaufszahlen gibt es dazu nicht. Doch laut der Nichtregierungsorganisation „Internal Displacement Monitoring Centre“ (IDMC) mussten bereits in den zurückliegenden Jahren jeweils mehr als 25 Millionen Menschen ihre Heimat zumindest vorübergehend verlassen. Für die Zukunft schätzt die Weltbank, dass unbewohnbar werdende Landstriche bis 2050 etwa 216 Millionen Menschen zur Flucht zwingen könnten, die Europäische Investitionsbank rechnet sogar mit bis zu einer Milliarde. Auch wenn derlei Prognosen mit Vorsicht betrachtet werden sollten, steht fest: Die Weltgemeinschaft hat keinen Plan, wie sie mit dem Fluchtgrund Klimakrise umgehen soll.
Das ist der Impuls:
Dabei gibt es in einigen Ländern durchaus schon Ideen und Ansätze dazu. In Österreich erhielt 2017 ein somalischer Geflüchteter subsidiären Schutz, weil er seine Heimat aufgrund von Dürre verlassen musste. Der vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Pazifikinsel Tuvalu gelang 2023 ein Abkommen mit Australien, das pro Jahr 280 Menschen ermöglicht, als Klimaflüchtlinge dorthin überzusiedeln. Und auch dem Europäischen Parlament empfiehlt seit 2020 eine von ihm selbst beauftragte Studie „vorausschauende interne EU-Maßnahmen in den Bereichen Asyl- und Migrationspolitik“, die „Klimawandel und Naturkatastrophen ebenso wie andere neu anstehende Herausforderungen berücksichtigen“. Eine rechtliche Anerkennung der Klimakrise als Fluchtgrund gibt es indes noch in keinem Land. In der Schweiz forderte eine sogenannte Motion – ein parlamentarischer Vorstoß – 2022 zwar, auch Klimaflüchtlingen einen Schutzstatus im Rahmen der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) zu verleihen. Sie wurde allerdings abgelehnt.
Das ist die Lösung:
In Deutschland legte der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR), ein wissenschaftliches Gremium mit Sitz in Berlin, mit seinem Jahresgutachten 2023 einen Leitfaden vor, der zeigt, wohin die Reise gehen könnte. Der SVR schlägt drei Instrumente vor: Eine „Klima-Card“ sollte Menschen aus Staaten, die von der Klimakrise besonders bedroht sind, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht gewähren – so lange, bis im Heimatstaat Schutzmaßnahmen eingeführt wurden, die eine Rückkehr ermöglichen. Menschen aus Ländern, die dauerhaft unbewohnbar geworden sind, soll ein unbefristeter „Klima-Pass“ ausgestellt werden. Menschen aus einem mäßig betroffenen Land, die einen Arbeitsvertrag in Deutschland vorweisen können, sollen ein „Klimavisum“ bekommen. Zur Begründung führt das Expert:innengremium aus, Deutschland solle mit diesen Maßnahmen Verantwortung für seinen Anteil an der menschengemachten Klimakrise übernehmen. Ein weiterer wichtiger Schritt wäre die Aufnahme von Klimafolgen als Fluchtgrund in die GFK, wie sie in der Schweiz vergeblich gefordert wurde. In der Forschung – auch unter wenigen Politiker:innen – wird dies durchaus diskutiert.
Laut Prognosen wird der Klimawandel bis 2050 bis zu eine Milliarde Menschen zur Flucht zwingen.