Schwerpunkt: Ernährung

Wie schaffen wir eine Zukunft, in der alle satt werden?

Klimakrise, Krieg und fragile Lieferketten: Millionen Menschen droht Hunger, gerade auf dem afrikanischen Kontinent. Doch wir können das ändern. Etwa indem wir neue Ernährungsweisen suchen, unseren Speisezettel verbreitern und innovative Herstellungsmethoden entwickeln.

Speiseöl und Weizen – die Preise für diese Lebensmittel sind in den letzten Monaten explodiert. Millionen von Menschen wissen nicht, ob sie täglich satt werden. Wie unsicher ihre Ernährung auch zuvor schon war, das hat der russische Angriffskrieg auf die Ukraine schlaglichtartig gezeigt. Der Konflikt liegt zwar geografisch in Europa, verschärft aber bestehende Ernährungskrisen auf der ganzen Welt. Bis Februar dieses Jahres produzierten die Ukraine und Russland zusammen zwei Drittel des weltweit exportierten Speiseöls und ein Drittel des weltweit exportierten Weizens. Mais, in vielen Ländern ebenfalls ein wichtiges Grundnahrungsmittel, stammte zu 15 Prozent aus der Ukraine und Russland. Der Krieg erschwert den Export dieser Lebensmittel aus der Ukraine deutlich, wegen der Kämpfe ist absehbar: Auch in Zukunft werden manche Ernten ausfallen. Lebensmittel sind also knapp und die Kosten für Energie gestiegen, der Transport dadurch teurer. Das hat die Preise weltweit in die Höhe schnellen lassen. Der Preisindex der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO für Lebensmittel lag im Juni gut 23 Prozent über dem Vorjahreswert.

828 Millionen gehen hungrig zu Bett

Einkommensärmere Länder vor allem in Afrika sind von diesen Entwicklungen besonders betroffen. Die Vereinten Nationen schätzen, dass die Länder südlich der Sahara rund 44 Prozent ihres Weizens aus Russland und der Ukraine importieren. Im Fall von Somalia sind es sogar über 90 Prozent. Und wenn Lebensmittel knapp und teuer werden, leiden weltweit in erster Linie diejenigen, die selbst in weniger krisenhaften Zeiten nur schwer über die Runden kommen. Jeden Abend gehen bis zu 828 Millionen Menschen hungrig zu Bett, schätzt das UN-Welternährungsprogramms WFP. 50 Millionen Menschen stehen weltweit am Rande einer Hungersnot, vor allem im Globalen Süden. Auch im Globalen Norden fürchten viele Menschen, dass sie bald beim Essen oder beim Heizen sparen müssen.

Woran aber liegt es, dass dieser Krieg das System der weltweiten Ernährungssicherheit in so kurzer Zeit ins Wanken bringen kann und Versorgungswege unterbrochen werden? Das hat komplexe Ursachen: Lebensmittel sind für viele Menschen auch deshalb unerreichbar und unbezahlbar geworden, weil sie über globale Lieferketten verteilt werden, die nun ins Stocken geraten sind, und die Klimakrise der Landwirtschaft zusetzt, die darauf nicht vorbereitet ist.

Beispiel Weizen, ein anspruchsvolles Getreide, das viel nährstoffreiche Erde und Wasser braucht: Mitte Mai verkündete Indien ein nahezu vollständiges Exportverbot von Weizen. Die Ernte wird infolge einer Hitzewelle deutlich geringer ausfallen als üblich. Noch 2020 war das Land laut FAO mit knapp 110 Millionen Tonnen der zweitgrößte Weizenproduzent der Welt und exportierte seine Überschüsse, auch auf den afrikanischen Kontinent.

Der Exportstopp Indiens lässt erahnen, welchen dramatischen Einfluss die Klimakrise in den kommenden Jahren auf die Ernährungssicherheit haben wird. Auch am Horn von Afrika zeigen sich derzeit die lebensbedrohlichen Folgen für einkommensschwache Menschen.

Weltweit nehmen Wetterextreme infolge der Klimakrise zu. Sie sind jedoch nicht der einzige Grund dafür, dass derzeit gleich mehrere Regionen Afrikas unter einem massiven Mangel an Lebensmitteln leiden. Das liegt auch daran, dass die Bevölkerung immer stärker wächst. Darauf weist Christian Borgemeister hin. Er ist einer der Dire…

Fotos: Pexels / Inga Seliverstova, IMAGO / ZUMA Wire

Eine Küche in Tschernihiw, Ukraine, 20. April 2022: Auf den Kühlschrank hat ein russischer Soldat geschrieben: „Vergebt uns, wir wollten das nicht, aber das ist verdammte Politik.“ Nicht nur in der Ukraine, sondern auch weltweit verschärft der Krieg Ernährungskrisen.

Bettina Rühl

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Weltweit tüfteln Menschen an Ideen, wie wir Landwirtschaft fairer und krisenfester machen. Dieses Dossier zeigt Innovationen, Visionen und ganz praktische Ansätze für eine Zukunft, in der alle genug zu essen haben.

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