Schwerpunkt: Weltall

Das Kolumbus-Syndrom

Elon Musk und Jeff Bezos wollen ins Weltall fliegen, Deutschland hat das erste Weltraumkommando ins Leben gerufen. Nationen und Konzerne wollen das All besiedeln und wirtschaftlich erschließen. Ausweg aus der Klimakrise? Oder Imperialismus in einer neuen Dimension?

Als Christoph Kolumbus in See stach, um einen neuen Weg nach Indien zu erkunden, trieb ihn bekanntlich die europäische Gier nach Gold. Um die hohen Zölle des Osmanischen Reichs auf den Handelswegen zu Land zu umgehen, sollte ein Seeweg nach Asien Güter wie Seide und Gewürze steuerfrei nach Europa bringen. Als Kolumbus statt in Indien in der heutigen Karibik ankam, begann die brutale Unterwerfung und Ausbeutung des amerikanischen Kontinents für die spanische Krone.

Der (Alb-)Traum von der Weltallkolonie

Heutzutage müssen Menschen den Blick gen Himmel und darüber hinaus richten, wenn sie von „neuen“ Welten träumen. Der prominenteste von ihnen ist Elon Musk, der sich selbst schon alles andere als kritisch mit Kolumbus verglichen hat. Mit seinem privaten Raumfahrtkonzern SpaceX, der bei der Entwicklung von Raketen mittlerweile als technisch führend gilt, will der Tesla-Chef innerhalb des nächsten Jahrzehnts den Mars besiedeln – beachtlicher Weise nachhaltig und im System einer Kreislaufwirtschaft. Eine Kolonie im Weltall sei Musk zufolge „eine logische Fortsetzung unserer Evolution“. Außerdem bezeichnete er sein Vorhaben als „Lebensversicherung“ für den Fall, dass die Erde durch die Menschen selbst oder eine Naturkatastrophe zerstört würde. Ein Back-up unserer Zivilisation sozusagen. Finanzieren will Musk das Ganze durch Mondflüge für reiche Tourist*innen und durch sein Satellitennetzwerk Starlink, das ein weltweit zugängliches Internet verspricht. Nutzer*innen der Betaversion mussten 2020 folgende Klausel bestätigen: „Die Parteien erkennen an, dass Mars ein freier Planet ist und dass keine sich auf der Erde befindende Regierung Autorität oder Souveränität über marsianische Aktivitäten hat.“ Musk betonte, dass er sich für eine Marskolonie eine direkte Demokratie wünsche.

Imperialismus im Weltall: Der neue Goldrausch 

Der gebürtige Südafrikaner ist aber nicht der Einzige, der über unseren Orbit hinaus expandieren möchte. Die NASA betreibt unter anderem in Kooperation mit der europäischen und der japanischen Weltraumorganisation (ESA, JAXA) das Artemisprogramm: Ziel ist es, eine lunare, mit Solarenergie betriebene Raumstation als Ausgangspunkt für bemannte Mond- und Marsmissionen zu installieren. Die ESA bezeichnete das Projekt als Grundlage für einen „zukünftigen menschlichen Außenposten“. Entsprechende Gebäude für die Mondoberfläche will die NASA in Zusammenarbeit mit internationalen Architekturbüros durch nachhaltigen 3D-Druck herstellen. Währenddessen haben die USA eine Space Force als nationale Militäreinheit ins Leben gerufen (Im Juli 2021 hat auch die deutsche Außenministerin das erste deutsche Weltraumkommando ins Leben gerufen) und arbeiten neben Indien, China, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Luxemburg an Gesetzen, die den Weltraumbergbau (Space Mining) auf Mond, Mars und anderen Himmelskörpern legalisieren sollen. Das Magazin Forbes sprach schon von einem „neuen Goldrausch“ im Weltall, und die Politikwissenschaftlerin Namrata Goswami veröffentlichte gemeinsam mit ihrem Kollegen Peter Garretson Ende 2020 das Buch Scramble for the Skies, in dem sie die These vertreten, dass es beim globalen Wettrennen um das Weltall nicht länger primär um nationales Prestige gehe – wie es im Kalten Krieg der Fall war –, sondern um Ressourcen.

Wasser, seltene Erden und Edelmetalle

Ziel der Begierde sind nicht nur Asteroiden, auf denen es gigantische Vorkommen von Seltenen Erden und Edelmetallen wie etwa Gold und Platin gibt. Amazon-CEO Jeff Bezos, der mit Blue Origin einen weiteren privaten Space-Konzern gegründet hat, will auf dem Mond auch nach Wasser graben. Eine Ressource, die nicht nur für eine zukünftige Siedlung im Weltall unerlässlich wäre, sondern auch auf unserem Heimatplaneten immer knapper wird.

So dient nicht nur Elon Musk das Wohl der Erde als ethische Rechtfertigung der Weltallkolonialisierung. Der ehemalige Leiter der NASA, Charles Bolden, sagte 2014: „Wenn diese Spezies auf unbestimmte Zeit überleben soll, müssen wir eine multiplanetarische Spezies werden, wir müssen zum Mars vorstoßen. Und der Mars ist das Sprungbrett zu weiteren Sonnensystemen.“ Zudem heißt es auf der Website der NASA: „So könnten wir auf dem Mond und den kleinen Planeten Bergbau betreiben und mi…

Bild: IMAGO / Science Photo Library

Eine neue Zivilisation auf dem roten Planeten? Unternehmer Elon Musk möchte schon innerhalb der nächsten zehn Jahre Menschen zum Mars schicken, um dort eine Siedlung zu gründen. 

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Elon Musk und Jeff Bezos wollen ins Weltall fliegen, Deutschland hat das erste Weltraumkommando ins Leben gerufen. Nationen und Konzerne wollen das All besiedeln und wirtschaftlich erschließen. Wir werfen einen nachhaltigen und sozialen Blick ins Weltall.

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