Schwerpunkt: Schatzinseln

So helfen Bauminseln dem Wald, sich selbst zu heilen

Nur ein naturnaher Wald ist widerstandsfähig. Zur Not helfen ihm Bauminseln, sich selbst aufzuforsten. Das lohnt sich auch wirtschaftlich.

Einst war Deutschland ein Land der Laubbäume; heute besteht unser Wald zu 60 Prozent aus Nadelholz. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Holzbedarf hoch und in Regionen wie dem Harz erhöhte der Bergbau die Nachfrage zusätzlich. Die Folge: Laubwälder wurden großflächig abgeholzt und mit dem „Wunderbaum Fichte“ in Monokultur wieder aufgeforstet. „Fichten wachsen schnell und kommen, zumindest in den ersten Jahren, gut mit Hitze und Kälte klar“, erklärt Peter Naumann vom Verein Bergwaldprojekt. Der Verein setzt sich mit Freiwilligen für die Pflege und den Erhalt der Wälder ein.

Ursprünglich sind Fichten aber erst oberhalb von 700 bis 800 Höhenmetern heimisch. In tieferen Lagen sind sie langfristig nicht resilient gegen die Folgen der Klimakrise und Plagen wie den Borkenkäfer. „Allein in den vergangenen drei Jahren haben wir in Deutschland 400.000 Hektar Wald verloren“, sagt Naumann. Mindestens 277.000 Hektar müssten derzeit wieder bewaldet werden, heißt es im Waldbericht der Bundesregierung 2021 – eine Aufgabe für Generationen, doch wenn der Mensch sie lässt, trägt die Natur einen großen Teil dazu bei.

Mit circa 3.000 Hektar Gesamtfläche ist der Goslarer Stadtwald der größte kommunale Wald Niedersachsens. Wie viele Wälder im Harz besteht er zu etwa 80 Prozent aus Fichte – und stirbt. „Deutlich mehr als die Hälfte der Fichten in der Stadtforst sind bereits tot oder so stark vom Borkenkäfer befallen, dass sie absterben“, sagt Wolfgang Lebzien, Leiter der Goslarer Stadtforst. Die Wiederaufforstung der riesigen Fläche bringt ihn und sein Team an ihre Grenzen. Neben neuen Flächen müssen auch bereits bepflanzte Gebiete immer wieder nachgebessert werden, weil Jungbäume vertrocknen oder von Wild gefressen werden. „Wir sind bei der Verjüngung des Waldes auch auf die Hilfe der Natur angewiesen“, sagt er.

Eine Möglichkeit, sich deren Selbstheilungskräfte zunutze zu machen, sind sogenannte Bauminseln oder Klumpenpflanzungen. „Klumpenpflanzung bedeutet, dass man nicht die ganze Fläche mit standortgemäßen Baumarten bepflanzt, sondern der Natur die Möglichkeit gibt, Naturverjüngung beizusteuern“, erklärt Peter Naumann. „Lichtbaumarten wie Ahorn und Eiche werden als kleine Inseln ins offene Meer hineingesetzt.“ Im Gegensatz zu Schattbaumarten vertragen sie direktes Sonnenlicht und bilden einen Schirm, unter dem sich später auch Tannen und Buchen ansiedeln können. Bei der Naturverjüngung erneuert sich der Wald über die Samen bestehender Bäume selbst. Mit der Zeit schließen sich so die Lücken zwischen den Bauminseln und ein flächiger Wald entsteht.

In der Wissenschaft gibt es Überlegungen, hitzebeständigere Baumarten aus dem Mittelmeerraum auch in Deutschland anzusiedeln. Doch Naumann warnt vor der Suche nach einem neuen Wunderbaum wie der Fichte. Nur ein naturnaher Mischwald mit standortheimischen Baumart…

Bild: Unsplash / Steven Kamenar

Naturnahe Aufforstung: Um dem Waldsterben entgegenzuwirken, sollen Bauminseln die Selbstheilungskräfte der Natur aktivieren.

Theresa Lang

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