„Otter erobern Wasserstraßen und Strände“
Singapur, Selva Kumar, 57, Logistikmitarbeiter: „Die Ungewissheit macht mir Sorgen: Wie lange wird diese Pandemie dauern? Wie viele werden im Kampf gegen Corona unnötigerweise ihr Leben lassen müssen? Wie wird das Leben jüngerer Generationen beeinflusst? Unsere Spielplätze sind jetzt leer und überflüssig. Das macht mich traurig: Kinder werden der Zeit beraubt, in der sie eigentlich lebhaften und aktiv sein müssen.
Ich weiß nicht, ob die Menschen sich durch die Schließung der Gotteshäuser von Religion entfernen werden. Vielen Menschen wird Religion aber auch jetzt Hoffnung spenden.
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Mittlerweile befinden wir uns im Lockdown. Ich muss zugeben, dass die Regierung von Singapur nicht perfekt ist, aber auf jeden Fall glaubwürdig. Die Regierung arbeitet wirklich unermüdlich daran, die Pandemie zu verstehen, koordiniert alle Ministerien und erarbeitet umfassende Pläne etwa für die medizinische Versorgung. Sie baut Intensivstationen aus, kauft Material für Tests, es gibt Contact Tracing. Die Regierung lässt Mund-Nasen-Schutz und Desinfektionsmittel verteilen und macht zusätzliche finanzielle Mittel locker, Unternehmen und Selbstständige müssen ihre Steuern erst später zahlen. Auch sorgt die Regierung dafür, dass es genug Vorräte für die Versorgung aller gibt.
Leider gibt es noch immer selbstsüchtige und unvernünftige Menschen: Sie horten Massen an Essensvorräten und kümmern sich vollkommen gierig nur um sich selbst und nicht um ihre Mitmenschen. Doch viele Leute sind auch solidarisch: Freiwillige überprüfen etwa, dass social distancing eingehalten wird.
Der Verkehr auf den Straßen war noch nie so ruhig. Die Luft ist viel frischer, es gibt weniger Luftverschmutzung. Der Himmel ist viel klarer und blau. Otter erobern Wasserstraßen und Strände.“
In Singapur sind nach Angaben der Johns Hopkins Universität 4427 Menschen an dem Corona-Virus erkrankt und 10 Menschen daran gestorben (Stand 17. April).
„Online-Meetings sind mittlerweile das Highlight meines Tages“
Australien, Brisbane, Pia Dannhauer, 25, Doktorandin in asiatischer Politik: „Australien hat erst deutlich später als Europa Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus getroffen. Es scheint generell lange gedauert zu haben, bis die Australier die Krise wirklich ernst genommen haben. Während aus Europa bereits Krisen-Meldungen kamen, waren die Strände hier noch bis zum Beginn der nationalen Isolations-Maßnahmen brechend voll. Dass die Menschen das hier so lange ignoriert haben, war sehr frustrierend.
Die Situation ist besonders für mich als internationale Studierende sehr belastend. Denn die Reisebeschränkungen bedeuten nicht nur, dass mich meine Mutter und mein Bruder im März nicht wie geplant besuchen konnten, sondern auch, dass ich das Land nicht verlassen kann. Denn eine Ausreise würde bedeuten, dass ich bis zur Öffnung der Grenzen nicht wieder zurückkehren darf.
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Meine Universität hat die Situation jedoch sehr gut gemeistert. Da können sich viele deutsche Unis etwas abschauen. Innerhalb einer Woche wurden alle Seminare und Workshops online bereitgestellt. Online-Meetings mit anderen Studierenden und meinen Professoren sind mittlerweile das Highlight meines Tages. Dort findet weiterhin ein interessanter Austausch über neuen Ideen statt. Außerdem lernt man viele der Fakultäts-Mitglieder so auch persönlicher kennen. Technische Probleme nehmen die meisten Professoren mit viel Humor.
Die Umstände haben auch uns Promovierende näher zusammengebracht. Wir arbeiten trotz der Einschränkungen weiterhin an unseren Forschungsprojekten und unterstützen uns dabei auf digitalem Wege sowohl akademisch als auch emotional. Das bedeutet zum Beispiel, dass wir uns in einer Whatsapp-Gruppe zu den neuesten Entwicklungen austauschen und alle zwei Wochen einen gemeinsamen Video-Call organisieren.“
In Australien sind laut der Johns Hopkins Universität 6522 Menschen an dem Corona-Virus erkrankt und 66 daran gestorben (Stand 17. April).
„Wir schützen Menschen mit HIV oder Tuberkulose“
Südafrika, Kapstadt, Lorenzo van Schalkwyk, 26, Kundendienstmitarbeiter: „Ich arbeite in einem Call Centre für eine Fluggesellschaft und war dort stets umgeben von den Stimmen meiner Kollegen. Dann wurde die Ausgangssperre verhängt und der Alltag aller Südafrikaner drastisch beschränkt. Man darf das Haus nur noch für Einkäufe, einen Arzttermin oder für als lebensnotwendig erachtete Anliegen verlassen. Das Homeoffice ist zur neuen Normalität geworden. Gegen diejenigen, die sich nicht an die Ausgangssperre halten, werden harte Maßnahmen ergriffen. Einige sind bereits verhaftet worden.
Ich persönlich fühle mich meistens gut, weil ich morgens vor der Arbeit Sport mache, um negative Gefühle und Gedanken loszuwerden und meinen Tag gut zu starten. Die Coronakrise hat eine drastische Auswirkung auf die Flugindustrie, weil wir viele Länder wegen des verhängten Einreiseverbots nicht mehr anfliegen dürfen. Aufgrund dessen werden unsere Flüge andauernd gestrichen, was bedeutet, dass unsere Passagiere oft im Ausland gestrandet sind und sie deswegen auch in Panik geraten. Viele sind gefrustet und bekommen Wutausbrüche, wenn sie uns kontaktieren. Meine Aufgabe ist es dann nicht nur eine Lösung zu finden, sondern auch dafür zu sorgen, dass der Kunde am Ende des Telefonats beruhigt ist. Das schaffe ich nicht, wenn ich selber nicht in guter Stimmung bin.
Ich sehe in Südafrika auch viel Solidarität: In den vergangenen Wochen habe ich im Supermarkt oft gesehen, dass Menschen bereits gekaufte Nahrungsmittel dort lassen. Diese Nahrungsmittel werden dann an weniger privilegierte Menschen, an Waisenhäuser, Obdachlose oder Tierheime gespendet. Viele Südafrikaner sind auch schon vor der Ausgangssperre zuhause geblieben. Hier gibt es sehr viele Menschen, mit HIV oder Tuberkulose. Dadurch, dass wir zuhause bleiben, schützen wir sie besonders.“
In Südafrika gibt es bisher laut der Johns Hopkins Universität 2605 Fälle von Menschen, die mit dem Corona-Virus infiziert sind, und 48 Todesfälle (Stand 17. April).
Die Corona-Pandemie betrifft Menschen weltweit.