Die umgangssprachliche Bezeichnung Brennpunktschule schreckt viele ab. Dem Begriff haftet ein Stigma an: gewalttätige Kinder, integrationsunwillige Eltern, ausgebrannte Lehrkräfte – Stereotype, die Probleme fokussieren, aber keine Lösungen bieten. Das spüren auch die Schüler:innen. Wer betritt schon gerne einen Brandherd? Wo verbrannte Erde ist, wächst wenig.
Zwar gibt es für Brennpunktschulen keine einheitliche Definition. Der Deutsche Städtetag prägte in den 1970er-Jahren jedoch den Begriff sozialer Brennpunkt. Damit ist ein Stadtteil oder ein Wohngebiet gemeint, wo besonders viele Menschen leben, die gesellschaftlich benachteiligt sind: Meistens wohnen dort viele Personen auf engem Raum, sind finanziell arm, beziehen Transferleistungen, haben Migrationserfahrung und selten einen höheren Schulabschluss.
Apropos Schulen: Kinder, die in einem sozialen Brennpunkt aufwachsen, gehen meist auch dort zur Schule. So sieht es das Sprengelprinzip in den meisten Bundesländern vor: Grundschüler:innen sollen in ihrem Sprengel, also Einzugsgebiet, zur Schule gehen. Wer das nicht möchte und es sich leisten kann, klagt sich anderswo ein. Die Folge: soziale Segregation. Junge Menschen aus oft belasteten Verhältnissen kommen mit ihren komplexen Herausforderungen an einem Ort zusammen: in der Brennpunktschule.
Es ist wichtig, das zu benennen und vor gewissen Kategorien nicht zurückzuschrecken, denn: Diese Schulen verdienen aufgrund ihrer besonderen Herausforderungen besondere Aufmerksamkeit, sprich Ressourcen. Weil das auch ohne stigmatisierendes Label geht, sprechen die Hamburger Behörden nüchtern von Index-Schulen (siehe auch Artikel zum Schulsystem: Besser lernen aus der Krise), der Berliner Senat von Bonus-Programmschulen: Die Schulen bekommen dadurch zusätzliche Mittel für Schulsozialarbeit, Kunstprojekte oder Fortbildungen – den abwertenden Stempel im Namen aber nicht.
Auch Teach For Austria, eine Organisation, die sich für Bildungsgerechtigkeit einsetzt, indem sie erfolgreiche Hochschulabsolvent:innen an belastete Schulen schickt, hat den Begriff Brennpunktschule aus ihrem Sprachgebrauch gestrichen. Bernhard Reingruber, ehemaliger Teach For Austria Regionalleiter, schlägt stattdessen etwa herausfordernde Schulen oder Turnaround Schools vor. Das soll zeigen: Diese Schulen müssen sich wandeln, manche haben es bereits geschafft.
Was sie dafür brauchen: finanzielle Unterstützung, bessere Qualifizierung, mehr Personal und Zeit. Und nicht zuletzt: positive Bilder, die Lust auf Lernen machen. Ob nun Turnaround Schools, Index-Schulen oder Bonusprogramm-Schulen: Alles klingt lösungsorientierter als eine Schule, in der es brennt.
Kinder, die in einem sozialen Brennpunkt aufwachsen, müssen nach dem Sprengelprinzip in den meisten Bundesländern auch dort zur Schule gehen – das begünstigt die soziale Segregation. (Symbolbild)