Alles für anderthalb Grad Celsius, das fordern Klimaaktivist: innen schon lange. Denn auf der Erde wird es seit der Industrialisierung immer heißer, Jahr für Jahr – der Anstieg sollte 1,5 Grad aber nicht überschreiten. 195 Länder verständigten sich auf der Klimakonferenz 2015 in Paris darauf, die Erderhitzung auf maximal 2, möglichst nur 1,5 Grad bis 2100 zu begrenzen. Politisch wird dies höchstwahrscheinlich scheitern. Laut einem UN-Bericht von 2020 steuern wir heute eher auf 3 Grad zu. Kein Land unternimmt laut Klimaschutz-Index der Umweltorganisation Germanwatch genug, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Neueste Berechnungen der Weltorganisation für Meteorologie lassen vermuten, dass der Wert schon in den nächsten Jahren, bis 2026, erstmals überschritten sein wird. Ist der Begriff „Ziel“ also noch zeitgemäß – oder eine leere Hülse?
Damals war die Formulierung wichtig, um eine kollektive Zukunftsvision zu zeichnen. Heute sollte hingegen von einer „Grenze“ gesprochen werden: Wird diese 1,5-Grad-Grenze überschritten, drohen deutlich mehr tödliche Wetterextreme wie Dürren, Starkregen und schneller steigende Meeresspiegel, die ganze Landstriche unbewohnbar machen werden.
Das 1,5-Grad-Ziel verliert seine Kraft als kollektives Leitmotiv. „Ziel“ wird zu Symbolpolitik. So fehlt es in der Abschlusserklärung der kürzlich abgehaltenen Klimakonferenz COP27 an verbindlichen Maßnahmen. Das Gefühl, das alles verloren ist, muss die Politik mit neuen – konkreten, umsetzbaren – Rahmenbedingungen auffangen. Effektiv angetrieben von den Klimbewegungen. Aus „Alles für anderthalb Grad Celsius“ wird: Alles geben für jede Klimaschutzmaßnahme.