Zukunftsbegriff: Assisted Evolution

Wissenschaft rettet bedrohte Arten

Die Klimakrise bedroht den Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten. Kann das Prinzip der „Assisted Evolution“  das Aussterben verhindern?

Die Erde heizt sich so schnell auf wie noch nie: War es vor 15 Jahren noch 0,87 Grad Celsius wärmer als vor Beginn der Industrialisierung, sind wir mittlerweile bei ungefähr 1 Grad. Wegen der Erderhitzung kommt es öfter zu extremen Wetterereignissen wie Flutkatastrophen, die unsere Häuser zerstören; Dürreperioden, die die Ernten ruinieren; und Hitzewellen, die mehr Tote fordern.

Verlierer:innen der menschengemachten Klimakrise sind vor allem Tiere und Pflanzen. Arten, die sich nicht schnell genug an ihre veränderte Umwelt anpassen können, sterben aus. Nach Charles Darwin wird das „Survival of the Fittest“ genannt und gehört zur Evolution dazu. Heute sterben sie jedoch bis zu hundertmal schneller aus als im Schnitt der letzten zehn Millionen Jahre. Innerhalb der nächsten Jahrzehnte verschwindet Wissenschaftler:innen zufolge eine Million der geschätzten acht Millionen Arten.

Um dagegen anzukämpfen, machen sich Wissenschaftler:innen das Prinzip der „Assisted Evolution“ zunutze: Sie greifen in Evolutionsprozesse ein, um den vom Klimawandel bedrohten Arten zu helfen, sich schneller an ihre veränderte Umwelt anzupassen, als es bei natürlicher Auslese dauern würde. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Einsatz von Assisted Evolution bei Korallenriffen. Weil die Meere immer wärmer werden, kommt es vermehrt zu Korallenbleichen. Dabei stoßen Korallen die mit ihnen in einer Gemeinschaft lebenden Algen ab – und verlieren so ihre Farbe. Doch ohne die Algen sind die Korallen ihren Feinden schutzlos ausgesetzt und sterben.

Deswegen forschen zum Beispiel Meeresbiolog:innen auf den Fidschi-Inseln nach widerstandsfähigeren Korallen und siedeln diese dann in Gebiete um, wo die Polypen sich trotz erschwerter Bedingungen stark vermehren können. Das Coral Resilience Lab auf Hawaii trainiert Korallen regelrecht: In Versuchstanks setzt es die Nesseltiere wiederholt erhöhten Temperaturen aus, damit sie später ausgewildert werden können und die Widerstandsfähigkeit ganzer Riffe verbessern.

Im Grunde ist Assisted Evolution nichts Neues: Seit Jahrtausenden gehört sie zur gängigen Praxis, um die Eigenschaften von Nutzpflanzen und -tieren sowie von Holz zu verbessern. Der nichtkommerzielle Nutzen von Assisted Evolution rückte erst in den zurückliegenden Jahren in den Fokus der Wissenschaft.

Foto: Unsplash / Diane Picchiottino

Ein rot-violettes Korallenriff trotzt den klimatischen Veränderungen unter Wasser.

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