Die Utopie

Eine Welt ohne Biopiraterie 

Biopiraterie – das Ausnutzen indigener Ressourcen zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil – könnte bald schwieirger werden. Ein neuer UN-Vertrag verlangt von Unternehmen, die Herkunft genetischer Ressourcen bei Patentanmeldungen transparent zu machen.

Das ist das Problem:

Eine Idee klauen, sie als eigene ausgeben, damit viel Geld verdienen, davon nichts abgeben – das ist ziemlich unfair. Doch so in etwa funktioniert Biopiraterie. Von dieser spricht man, wenn reiche Industriestaaten auf natürlichen Ressourcen aus dem Globalen Süden basierende Produkte verkaufen, ohne den Profit mit Völkern zu teilen, die diese seit Jahrtausenden nutzen. Eine solche Bereicherung am geistigen Eigentum Indigener gibt es schon seit der Kolonialzeit; ein klassisches Beispiel ist der Einsatz von Heilpflanzen. Heute haben eine ganze Reihe Produkte Einzug in unseren Alltag gehalten, deren Wirkung indigene Völker entdeckten: Stevia als Süßungsmittel, Bleichmittel für Jeanswaschungen, die Maca-Pflanze als „Superfood“. Die Liste ließe sich verlängern.

Oft sind es multinationale Unternehmen, die das Wissen Indigener abschöpfen und dieses dann auch noch als eigene Erfindung patentieren lassen. Zwar gibt es seit Jahrzehnten Regelungen wie das Abkommen TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) der Welthandelsorganisation, das die Rechte am geistigen Eigentum regeln soll. Der Biopiraterie Einhalt gebieten konnten sie nicht.

Das ist der Impuls:

Der kanadische Entwicklungsexperte Pat Mooney führte Anfang der 1990er-Jahre den Begriff „Biopiraterie“ ein und nahm den Kampf gegen diese auf: Mit der NGO Rural Advancement Fund International, heute Action Group on Erosion, Technology and Concentration (ETC), deckte er mehrere Fälle von Biopiraterie auf und machte sie bei internationalen Menschenrechtskonferenzen publik. Auch Vertreter:innen indigener Völker setzen sich seit Jahrzehnten für den Schutz von traditionellem Wissen ein.

Seit den 1990ern kämpfen zudem immer mehr Aktivist:innen und internationale Organisationen wie No patents on Seeds! oder die NGO GRAIN mit Petitionen, Demonstrationen und Publikationen gegen Biopiraterie. Immer wieder gab es kleinere Erfolge: Die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) – eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen (UN) – verhandelt seit mehr als 20 Jahren darüber, wie geistiges Eigentum nachhaltig geschützt werden kann. Doch da Verträge wie das 2014 beschlossene Nagoya-Protokoll nicht den gewünschten Erfolg erzielten, wurde fortlaufend weiterverhandelt.

Das ist die Lösung:

Ein im Mai 2024 ausgehandelter UN-Vertrag gilt nun als Durchbruch im Kampf gegen Biopiraterie: Laut diesem muss jeder, der ein Patent anmelden möchte, die Quellen der genetischen Ressourcen transparent machen. So kann überprüft werden, ob die anmeldende Firma alle nötigen Genehmigungen in den Herkunftsländern und bei den indigenen Völkern eingeholt hat. Laut WIPO ist dieser Vertrag der erste, der die Schnittstelle zwischen geistigem Eigentum, genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen behandelt.

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Auch Aktivist:innen und Indigene sehen ihn als wichtigen Schritt. In Kraft tritt er, sobald ihn 15 der 193 Mitgliedsstaaten der WIPO ratifiziert haben. Doch auch dieser Vertrag ist nicht ohne Lücken: Ungeklärt bleibt unter anderem die Frage der Kompensationen für diejenigen, deren Rechte am geistigen Eigentum bereits verletzt wurden. Grundlage für Schadensersatzregelungen könnte der UN-Vertrag gegen Biopiraterie indes sein.

 

Fotos: IMAGO / NurPhoto, World Intellectual Property Organization (WIPO) / Emmanuel Berrod

Der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) gelang im Mai 2024 ein Durchbruch für den Schutz indigenen Wissens.

Mona Gnan

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