Co-Working-Spaces auf dem Land

Arbeiten zwischen Feld und Wiesen

Ruhe, Weite, Einsamkeit: Vielen Großstädtern wurden die Vorzüge des Landlebens durch die Corona-Krise erst so richtig bewusst. Nicht nur deshalb kann ländliches Co-Working attraktiv sein.

Laptop und Handy: Für viele Jobs braucht es erst einmal nicht viel mehr. Wenn Internetverbindung, Telefonnetz und Stromversorgung stimmen, kann quasi von überall gearbeitet werden.

Zwischen Büro und den eigenen vier Wänden eröffnen sich da natürlich viele neue Möglichkeiten. Eine davon ist der ländliche Coworking Space.

„Im Gegensatz zu Co-Working-Spaces in der Großstadt geht es auf dem Land sehr viel ruhiger zu“, sagt Hans-Albrecht Wiehler. Er ist Leiter des Landesbüros Niedersachsen der Genossenschaft CoWorkLand, die Spaces auf dem Land unterstützt und vernetzt. So könne man an vielen Orten im Freien arbeiten, mit Blick auf die Natur.

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Küste, Berge und Bauernhöfe locken mit „Workation“

Grob kann man zwischen zwei bis drei ländlichen Co-Working-Modellen unterscheiden. Zum einen gibt es Spaces, die Arbeit und Urlaub kombinieren. „Das nennt sich dann Workation“, sagt er. „Der Gedanke dahinter ist: Ich arbeite mal einen halben Tag oder Tag und kann mich dann in der restlichen Zeit entspannen.“ Solche Modelle werden beispielsweise an der Küste angeboten, in den Bergen und auf Bauernhöfen.

Zum anderen gibt es Modelle, die ländliche Regionen im Allgemeinen aufwerten sollen. „Diese Co-Working-Spaces werden oft von den Gemeinden und Städten unterstützt“, sagt Christian Cordes, Vorstandsmitglied der German Coworking Federation.

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So könnten beispielsweise leerstehende Gebäude umfunktioniert oder Dorfgemeinschaftshäuser besser genutzt werden. Das soll dazu beitragen, vor allem junge Menschen an den ländlichen Raum zu binden.

Zuletzt gibt es noch sogenannte Pop-up-Projekte. Diese werden für eine begrenzte Zeit an einem Ort angeboten und ziehen dann weiter zum nächsten.

Co-Working auf dem Land: Ruhe und Austausch fördern

Wie in den meisten Co-Working-Spaces gibt es in der Regel eine Aufteilung zwischen Ruhe- und Kommunikationsräumen. „Vielen ist es wichtig, dass sie ungestört arbeiten können“, sagt Dr. Axel Minten, Vize-Präsident des Bundesverband Coworking Spaces.

Gleichzeitig schaffen Co-Working Spaces aber bewusst Räume, in denen der Austausch innerhalb der Gemeinschaft gefördert wird. „Das ist ja genau das, was Co-Working-Spaces so besonders macht: Die Community, das Netzwerk. Man lernt Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen kennen, knüpft neue Kontakte und hilft sich gegenseitig“, sagt er.

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Schwierige Zeiten für kleine und neue Spaces

Das funktioniert teilweise sogar in Corona-Zeiten. Mittlerweile dürfen die Spaces wieder aufmachen, die ein Hygienekonzept umsetzen können. „Wenn jedoch nicht jeder Platz besetzt werden darf, bricht Umsatz weg. Besonders gefährdet sind Spaces, die sich durch die anliegenden Konferenzräume für Meetings und Schulungen mitfinanzieren“, sagt Wiehler.

Zwar hätten etwa drei Viertel der Kunden die Mietverträge aus Solidarität nicht gekündigt. Klaus-Peter Stiefel vom Team Cognitive Environments am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) sagt jedoch: „Gerade bei den kleinen oder neuen Spaces befürchte ich, dass es viele nicht durch die Krise schaffen werden.“

Schub beim mobilen Arbeiten kann Coworking pushen

Die Corona-Krise könnte sich langfristig aber auch positiv auf die Co-Working-Spaces auswirken. „Viele Unternehmen haben in der Krise gelernt, dass ihre Mitarbeiter auch zuverlässig und gut arbeiten, wenn sie nicht im Firmen-Büro sitzen“, sagt Cordes.

Auch eine Studie des Fraunhofer-Insituts aus dem Jahr 2017 bestätigt die Attraktivität von Co-Working-Spaces für Arbeitgeber*innen. „Einerseits erhöhen sie die Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter, andererseits können gute, kreative Mitarbeiter an eine Firma gebunden werden, obwohl sie nicht jeden Tag zu festen Zeiten in einem Büro sitzen wollen“, erklärt Stiefel.

150 bis 300 Euro für einen Arbeitsplatz im Grünen

In manchen Fällen würden Unternehmen das Arbeiten in Co-Working-Space nicht nur tolerieren, sondern auch finanziell unterstützen. Der Preis der Spaces hängt stark davon ab, welche Leistungen in Anspruch genommen werden: Mietet man nur den Arbeitsplatz? Oder sind Essen, Car-Sharing-Angebote, Kinderbetreuung oder Telefonkabine inklusive? Grundsätzlich kostet ein Tagesticket für einen Flexdesk meist zwischen 10 und 30 Euro, ein Monatsticket für einen festen Arbeitsplatz etwa 150 bis 300 Euro.

„Auch wenn man die Kosten selbst tragen muss, kann sich das beispielsweise bei Pendlern schon lohnen“, sagt Minten und fügt hinzu: „Dazu spart man natürlich auch eine Menge Zeit.“ Menschen, die stark familiär eingebunden sind, könnten ebenfalls von den wohnortnahen Arbeitsräumen auf dem Land profitieren.

Co-Working auf dem Land: Anbindung, Atmosphäre, Angebote

Während der Standort für die einen ein Vorteil ist, kann er für Großstädter ohne Auto aber auch zum Nachteil werden. Denn die Spaces sind oft nicht besonders gut mit öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen.

Unterm Strich ist es also eine sehr individuelle Entscheidung, ob ein Co-Working-Space auf dem Land für jemanden der geeignete Arbeitsort ist. „Ein Co-Working-Space lebt von den Menschen, die dort arbeiten. Überall ist die Atmosphäre anders, überall gibt es andere Schwerpunkte und Angebote“, sagt Minten. Gerade zu Beginn lohne es sich daher, mehrere Spaces auszuprobieren.

Bild: imago images/photothek

Ein Laptop und ein Smartphone: Für viele Jobs braucht man inzwischen kaum mehr. Das bietet die Freiheit, grundsätzlich von überall arbeiten zu können – vorausgesetzt Internet- und Stromversorgung sind gesichert.

Sophia Reddig, dpa

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