Schwerpunkt: Grundeinkommen

So wird weltweit mit dem Grundeinkommen experimentiert

Überall auf der Welt wird die Sozialutopie bedingungsloses Grundeinkommen ausprobiert, mit ganz unterschiedlichen Konzepten. Mal in einer Stadt oder einem Dorf, mal in einer Region. Wir haben uns umgeschaut.

Maricá, Brasilien

Eine Stunde mit dem Auto von Rio de Janeiro, direkt an einem weißen Sandstrand, liegt die 160.000-Einwohner:innen-Stadt Maricá. Schon seit neun Jahren wird hier einem großen Teil der Bevölkerung die Renda Básica de Cidadania ausgezahlt, ein garantiertes monatliches Grundeinkommen von 200 Real (ungefähr 39 Euro). Für das Programm anmelden kann sich jede Person, die seit mindestens drei Jahren in der Stadt lebt und zu einem Haushalt mit einem Monatseinkommen von bis zu 3.135 brasilianischen Real (circa 610 Euro) gehört. Im Vergleich: Als arm gilt eine Familie in Brasilien, wenn sie pro Monat weniger als 178 Real verdient.

Im Moment erhalten etwa 42.000 Menschen in Maricá das Grundeinkommen. Es wird in einer digitalen Währung namens Mumbuca ausgezahlt. Sie wurde eigens für das Programm geschaffen und ist genauso viel wert wie der Real. Da der Mumbuca nur in Maricá akzeptiert wird, bleibt das Geld so in der Gemeinde. Das Programm läuft ohne Zeitlimit. Finanziert wird es mit Einnahmen aus der Ölwirtschaft der Stadt: Vom Stadtstrand kann man auf die vielen Ölplattformen blicken, die vor der brasilianischen Küste schwimmen.

Der Versuch wird langfristig von einem internationalen Forschungsteam des Jain Family Institute in New York City, USA, und der brasilianischen Universidade Federal Fluminense in Niterói wissenschaftlich begleitet. Die Policy für das Grundeinkommen geht vom ehemaligen Bürgermeister der Stadt aus, Washington Quaquá, der zur Arbeiterpartei Brasiliens (PT) gehört. Unter Quaquás Führung wurde der öffentliche Verkehr in Maricá kostenlos, zudem gibt es in der Stadt frei verfügbare Leihfahrräder. Eine andere Küstenstadt direkt gegenüber von Rio, Niterói, hat sich von dem Experiment ebenfalls dazu inspirieren lassen, 2022 ein Grundeinkommen-Projekt zu starten. Als soziale Sicherung gibt es in Brasilien bisher vor allem die Familienbeihilfe Bolsa Família von umgerechnet bis zu 72 Euro. Sie steht armen Familien zu und erreicht rund die Hälfte der Bevölkerung.

Nordirland, Vereinigtes Königreich

Die Nachwirkungen der gewaltsamen Auseinandersetzungen von 1969 bis 1998 sind in Nordirland bis heute spürbar. Psychische Erkrankungen sind um 25 Prozent häufiger als in den anderen Landesteilen des Vereinigten Königreichs; einer von fünf Menschen lebt in Armut. Besonders in den Städten kämpft die Region immer wieder mit paramilitärischer Kriminalität. Zwar gibt es seit 2017 eine Grundsicherung (Universal Credit) doch die Höhe der monatlichen Beträge sei je nach Ausgangslage sehr unterschiedlich und an strenge Bedingungen geknüpft, so Patrick Brown, Abgeordneter des nordirischen Landesparlaments und Gründer des Universal Basic Income Lab Nordirland. Ein einheitliches, verlässliches bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) könne das ändern und so für soziale Stabilität und Zusammenhalt in der krisengebeutelten Region sorgen.

Für Brown ist das nur gerecht, denn „bislang h…

Foto: Unsplash / Kristijan Arsov

Mit dem Grundeinkommen zur Kunstfreiheit: Ab Januar 2023 sollen 5.000 Menschen in der
spanischen Region Katalonien zwei Jahre lang jeden Monat bedingungslos Geld erhalten. Die zehn reichsten Prozent der Katalan:innen können nicht an dem Versuch teilnehmen. (Symbolbild aus Barcelona).

Schwerpunkt Grundeinkommen

Bedingungsloses Grundeinkommen

Die Sehnsucht nach einer einfachen, vertrauensbasierten Grundsicherung wächst. Könnte ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) die Lösung sein? Wir schauen uns an, wie weltweit mit der Sozialutopie experimentiert wird – von Brasilien bis Nordirland.

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