Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa hat am 6. März den Import von Palmöl mit sofortiger Wirkung verboten. Zudem sollen statt Palmöl auf den entsprechend genutzten Plantagen im Land schrittweise Kautschuk oder andere umweltfreundlichere Pflanzen angebaut werden. Jährlich sollten so jeweils zehn Prozent der bisherigen Palmölplantagen verschwinden. Gründe für den Vorstoß wurden auch auf Anfrage nicht genannt. Rajapaksa hatte vor den Präsidentschaftswahlen 2019 versprochen, die Palmölkultivation zu beenden, nachdem etliche Dorfbewohner*innen seit Jahren dagegen protestiert hatten. Die Menschen kritisieren, dass der Anbau unter anderem zu Abholzung, Bodenerosion und Wasserverschmutzung führe.
Jährlich werden nach Behördenangaben rund 200 000 Tonnen Palmöl nach Sri Lanka importiert, hauptsächlich aus Indonesien und Malaysia. Genutzt wird es unter anderem für Backwaren, Tierfutter oder Seifen. Die verarbeitende Industrie zeigte sich entsprechend empört über das Importverbot. Zudem gibt es auf dem Inselstaat rund 11 000 Hektar Palmölplantagen, die rund 18 000 Tonnen Palmöl pro Jahr erzeugen. Die Anbaufläche ist relativ klein im Vergleich zu jener etwa für Tee oder Kautschuk.
Weltweit werden pro Jahr mehr als 70 Millionen Tonnen Palmöl produziert. Greenpeace gab den damit oft einhergehenden Opfern des Anbaus vor Jahren ein Gesicht: Mit seinem langen, rotbraunen Fell und den freundlichen Augen gilt noch immer der Orang-Utan als sinnbildlicher Leidtragender der Palmöl-Industrie – und der Zerstörung des Regenwalds. Doch nicht nur bedrohte Tierarten, sondern auch die lokale, häufig indigene Bevölkerung leidet unter dem Raubbau.
In dem Kampagnenvideo der Umweltschutzorganisation aus dem Jahr 2010 packt ein Mann im Büro seinen Kitkat-Schokoriegel aus – und beißt genüsslich in den haarigen Finger eines Menschenaffen. Blut rinnt ihm das Kinn herunter, tropft auf die Tastatur. Schnitt: Regenwald wird abgeholzt. All das, damit Palmöl-Plantagen entstehen können. Und auch zehn Jahre später ist die Nachfrage nach Öl aus den Früchten der Ölpalme riesig.
Palmöl steckt in jedem zweiten Produkt
Die Umweltschutzorganisation WWF schätzt, dass jedes zweite Produkt im Supermarkt Palmöl enthält: Angefangen bei Cremes, Sonnenmilch, Seife und Duschgel über Wasch- und Putzmittel bis hin zu Kerzen und Lacken. Laut Branchenverband OVID hat allein Deutschland im Jahr 2018 insgesamt 1,3 Millionen Tonnen Palmöl und Palmkernöl importiert – ungeachtet des Palmöls, das bereits in verarbeiteten Produkten steckt. Eine aktuelle Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und der Rainforest Foundation Norway stellt fest: Vor allem für Biokraftstoffe steigt der Bedarf. Allein die Europäische Union nutzte im Jahr 2019 etwa vier Millionen Tonnen Palmöl, um daraus Biokraftstoffe wie Biodiesel zu gewinnen. Der Großteil kommt aus Indonesien und Malaysia. Für die Länder ist der Anbau eine lukrative Einnahmequelle.
Doch die globale Gier nach Palmöl hat gravierende Folgen: Mit der oft auch illegalen Abholzung oder Brandrodung sowie der Trockenlegung von Mooren steigen die CO2-Emissionen. Tierarten wie der Sumatra-Tiger, Waldelefanten und eben der Orang-Utan sind vom Aussterben bedroht. Und die großen Palmölplantagen beuten nicht nur Arbeiter*innen, darunter auch Kinder aus, sondern rauben der lokalen, häufig indigenen Bevölkerung ihre Lebensräume, vertreiben sie mitunter gewaltsam.
Indigene verlieren ihre Lebensgrundlage
Laut einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch aus dem Jahr 2019 haben Tausende Indigene wegen der Abholzung der indonesischen Regenwälder ihre Lebensgrundlage verloren. Auf rund 14 Millionen Hektar Land in Indonesien wachsen Ölpalmen. Zwischen 2001 und 2017 verlor das Land 24 Millionen Hektar Waldfläche, das entspricht fast der Größe Großbritanniens.
Der Bericht konzentrierte sich auf die verheerenden Auswirkungen zweier Palmölplantagen insbesondere auf zwei indigene Völker: die Ibaner, eine Untergruppe der in Borneo beheimateten Dayak-Völker und der Orang Rimba, eine halbnomadische, indigene Bevölkerungsgruppe im Zentrum Sumatras, die auf Wälder angewiesen ist. Eigentlich verpflichten sowohl indonesische Gesetze als auch internationales Recht Palmölplantagen-Betreiber*innen dazu, Rücksprache mit den lokalen Gemeinschaften zu halten. Doch laut Human Rights Watch erfuhren manche Völker erst von der Zerstörung der Wälder, als die Bagger bereits angerollt kamen, auch Entschädigungen gab es nicht. Viele der Indigenen leben heute in extremer Armut, mitunter obdachlos.
Human Rights Watch zitiert unter anderem Mormonus, einen 49-jährigen Dorfvorsteher von Semunying Jaya. Die Polizei nahm ihn und eine weitere Person im Jahr 2006 fest, weil sie gegen die Expansion der Plantagen in ihren Wald Proteste organisiert hatten. „Wald bedeutet alles. Der Wald liefert Wasser. Wasser ist Blut…. Land ist Körper, Holz ist Atem. Als wir den Wald verloren, haben wir alles verloren. Wir können nicht zum Gott der Ölpalme beten.”
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Der Anbau trifft nicht nur Indonesien. In einem gemeinsamen Statement äußerten sich verschiedene indigene Völker und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Südostasiens im Februar scharf zu den Zerstörungen durch Palmölplantagen und damit einhergehender Ausbeutung, Entwaldung und Land Grabbing. Darin betonen sie auch: Die Standards des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO) seien sinnvoll, aber leider nicht rechtlich bindend.
Der Runde Tisch wurde 2004 vom WWF initiiert. Die Teilnehmenden einigten sich auf Mindeststandards, etwa für Plantagen keine Primärwälder und ökologisch wertvolle Waldflächen mehr zu roden. Doch Umweltschutzorganisationen kritisieren die Standards als zu schwammig und sehen darin Greenwashing, da die Industrieseite am Runden Tisch stärker als NGOs vertreten ist. Der Marktanteil von RSPO-zertifiziertem Palmöl ist noch immer gering. So stellte eine Anfang des Jahres veröffentlichte Untersuchung des WWF fest: Nur 78 der 132 befragten Unternehmen gaben an, vollständig RSPO-zertifiziertes Palmöl zu nutzen. Weltweit sind laut RSPO 19 Prozent, sprich rund 15 Millionen Tonnen Palmöl als nachhaltig und verantwortungsbewusst zertifiziert.
Manche Konsument*innen versuchen mitunter komplett auf Palmöl zu verzichten. Doch ein kompletter Stopp des Palmölanbaus scheint unrealistisch. Schließlich braucht die Produktion von Sonnenblumen-, Raps- oder Kokosöl weitaus mehr Anbaufläche. Und kaum eine andere Ölpflanze ist ertragreicher und anspruchsloser als Ölpalmen, wenn es um Dünger und Pestizide geht.
Alternativen: Öle aus Algen oder Mikroorganismen
Hoffnung wecken Öle etwa aus Algen oder Mikroorganismen. So gewinnt etwa das 2017 in New York gegründete Start-up C16 Biosciences ein alternatives Öl mittels Hefepilzen, die sich von Lebensmittelabfällen und anderen Industrie-Nebenprodukten ernähren. Zwar ist das vor drei Jahren gegründete Start-up noch recht klein, kürzlich hat sich jedoch Breakthrough Energy Ventures, eine Investorengruppe um Microsoft-Gründer Bill Gates, mit rund 18 Millionen Euro beteiligt.
Das indonesische Start-up Biteback wiederum setzt auf Käferlarven, die sich von Lebensmittelabfällen ernähren, Nebenprodukte können etwa als organischer Dünger verwendet werden. Ein Kreislauf. Das Öl aus den Insekten enthält gesunde Fettsäuren, Mineralstoffen und Vitaminen. Bereits jetzt wird es in Südostasien zum Verzehr verkauft – aber auch für Biodiesel und Reinigungsmittel wäre Insektenöl denkbar. Und auch das größte Problem des Palmölanbaus will Biteback lösen, denn: Der Ertrag pro Fläche sei um das 40-Fache höher als bei Palmölplantagen, gibt das Start-up an.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel erschien bereits im März 2020 und wurde aktualisiert.
Auf rund 14 Millionen Hektar Land in Indonesien wachsen Ölpalmen.