Bestäuber auf Reisen
In Großbritannien leben viele wichtige Bestäuber wie die Wildbienen Nomada sexfasciata und Eucera nigrescens; beide sind vom Aussterben bedroht. Ackerbau und urbane Infrastruktur schränken ihre Bewegungsfreiheit und das Nahrungsangebot massiv ein. „B-Lines“ sollen helfen: Wildblumenpfade für Insekten, die sich wie Schnellstraßen durchs ganze Land ziehen. Insgesamt will die britische Artenschutz-Organisation Buglife 150.000 Hektar blühenden Lebensraum wiederherstellen – bislang sind 3.326 Hektar geschafft. Mitwirken kann jede:r. Ob man an einer B-Linie wohnt oder arbeitet, lässt sich online anhand einer interaktiven Landkarte prüfen. Helfer:innen registrieren hier auch ihren Beitrag.
Arznei für Korallen
Korallenriffe sind das Herz maritimer Ökosysteme, ungefähr ein Viertel der Meereslebewesen sind von ihnen abhängig, darunter Meeresschildkröten, Algen und über hundert Fischarten. Doch die Klimakrise setzt den Nesseltierchen zu. 50 Prozent der weltweiten Bestände sind bereits abgestorben. Raquel Peixoto, Professorin für Meeresbiologie an der King Abdullah University of Science and Technology in Saudi-Arabien, will Korallen nun mit Probiotika verarzten, also mit Mikroorganismen bekannt aus Joghurt, Kefir und Sauerkraut. Probiotika helfen Korallen offenbar dabei, Stress besser auszuhalten und machen sie bis zu 40 Prozent widerstandsfähiger. Übrigens: Korallen gibt es nicht nur in tropischen Gewässern. Ein Forschungslabor im schwedischen Tjärnö kämpft für das Überleben von Augenkorallen: Diese sind nicht weiß, wenn sie ausgeblichen und tot, sondern wenn sie kerngesund sind.
Feuchtgebiete
In der Uckermark, am Flusslauf der Sernitz, ist gut was los. Schreiadler kreisen und Zwerglibellen surren, in den Baumwipfeln zwitschern Seggenrohrsänger, am Boden stakst eine Uferschnepfe durchs Gras. Viele, vor allem bedrohte Arten fühlen sich im Sernitzmoor wohl. Seit Kurzem trotten auch Wasserbüffel durch die sumpfige Landschaft nahe Angermünde. Die wirtschaftliche Nutzung mit Weidetieren ist ein Pilotprojekt der neuen Initiative ToMOORow, um die Landschaft und damit Artenvielfalt zu erhalten.
Denn: Werden Moore trockengelegt, um etwa Ackerbau zu betreiben, gelangt extrem viel CO2 in die Atmosphäre. Das gilt bereits für 95 Prozent der Moore in Deutschland und macht sieben Prozent der jährlichen CO2- Emissionen aus. ToMOORow steuert dagegen, indem es „Paludikultur“ fördert, das heißt die land- und forstwirtschaftliche Nutzung nasser Hochund Niedermoore. Die 2021 gestartete Initiative der Umweltstiftung Michael Otto und der Succow Stiftung will ökonomische Anreize für Landwirt:innen schaffen, Flächen nicht trockenzulegen oder sie wiederzuvernässen.
Im Moor lässt sich dann etwa Schilf anbauen für Dachreet und Torfmoos für Pflanzenerde im Gartenbau sowie Rohrkolben für Viehfutter oder für Baustoffe wie Isolierplatten. Pflanzen, die im Moor wachsen, können außerdem Biomasse-Heizwerke antreiben. Auch Photovoltaikanlagen bieten sich an bestimmten Stellen an. Ein weiterer wichtiger Hebel für den Erhalt bzw. die Wiedervernässung sind Klimazertifikate. Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen verkaufen schon länger „MoorFutures“: CO2-Zertifikate, die Firmen und Privatleute erwerben können, um Emissionen zu kompensieren. Ein Zertifikat entspricht einer Tonne CO2. Aktuell sind alle Zertifikate ausverkauft, Ende des Jahres sollen neue Wiedervernässungsprojekte in Brandenburg und Schleswig-Holstein starten.
Tierleidfreier Strom
Fledermäuse sind beeindruckende Tiere: Sie sehen mit den Ohren, schlafen kopfüber und fliegen mit ihren Händen (und sind überhaupt das einzige uns bekannte Säugetier, das fliegen kann). Ein leichtes Leben haben sie aber nicht. Ihr Lebensraum schrumpft, und viele von ihnen sterben in der Nähe von Windkraftanlagen, jedes Jahr mindestens 250.000 allein in Deutschland. Der Unterdruck lässt ihre Organe platzen. Für einige Vogelarten, wie Mäusebussarde, können außerdem die Rotorblätter gefährlich werden.
Tierschutzorganisationen fordern deswegen, keine Anlagen in Wäldern und an Waldrändern, in Nationalparks und Naturschutzgebieten zu bauen. Der Ökostromanbieter VeganStrom, gegründet 2020 von dem Physiker Erik Oldekop, geht sogar noch einen Schritt weiter: Er lehnt alle Quellen ab, die nachgewiesen oder wahrscheinlich Tierleben beeinträchtigen. Das heißt: Wasserkraftwerke (Fische), Onshore-Wind (Vögel und Fledermäuse), Offshore-Wind (Meeressäuger, Vögel, Fische) und Biomasse…
Eine Uferschnepfe im Ochsenmoor in Niedersachsen. Die Vogelart brütet vorwiegend auf Feuchtwiesen. Ihr Lebensraum schrumpft, weil Feuchtbiotope oft trockengelegt werden, um Ackerbau zu betreiben.