Histourismus

Was uns die Natur über Queerness lehrt

Hermaphroditische Bäume und Gewächse, die ihr Geschlecht wechseln können. Ein Ausflug in die Ausstellung „Queer Nature“ will die Diversität der Natur zeigen.

Neben Riesenfarnen und Wasserfällen begegnet man in den Royal Botanic Gardens in London neuerdings auch polygamen Palmen und sich selbst klonenden Zitrusfrüchten.

Das heißt, eigentlich waren sie schon immer da. Sie waren nur nicht als solche gekennzeichnet. Die Ausstellung „Queer Nature“ in den viktorianischen Gewächshäusern im Westen der Stadt beschäftigt sich mit der Frage, warum das so ist. Wann immer Parteien und Päpste sich ereifern, dass alles von der „Nuclear Family“ um Mann, Frau und Kind Abweichende eine Gefahr für die menschliche Moral an sich sei, fällt schnell das Wort „unnatürlich“. Drag Queens? Unnatürlich. Homosexuelle? Unnatürlich. Transmänner, die schwanger werden? Genau. Der Inbegriff von UNNATÜRLICH.

Das behaupteten natürlich zuallererst die abrahamitischen Religionen. Aber unterstützt wurden sie von der Wissenschaft – unter anderem von der botanischen Geschlechtsklassifizierung. Auf zwischen den Pflanzen versteckten Infotafeln erfährt man unter anderem vom schwedischen Botaniker Carl von Linné, dessen Klassifikation der Sexualität der Pflanzen im 18. Jahrhundert zum Standard in Sachen Flora-Fortpflanzung wurde. Linné verwendete die Begriffe „männlich“ für den Pollen und „weiblich“ für die Narbe einer Pflanze und verglich deren Sexualverhalten mit dem von Mann und Frau. So entstand die Idee, dass das heterosexuelle Paar der ultimative Blueprint der Schöpfung sei. Die Ausstellung setzt Adam und Eva die geballte Queerness der Pflanzen und Pilze entgegen.

„Die Na…

Foto: IMAGO / Panthermedia

Der Gemeine Spaltblättling ist ein Pilz mit über 23.000 verschiedenen Geschlechtern.

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