Üppig und grün gedeiht das Gemüse in Refiloe Molefes neuem Garten. Im Pflanztunnel sprießen Kohl und Spinat. Sie sind fast erntereif. Die Bäuerin steht stolz vor ihren Beeten in der goldenen Wintersonne Jonhannesburgs, das Gras unter ihren Füßen noch gelblich von der Trockenheit der vergangenen Monate. Sie blickt zufrieden auf die bevorstehende Ernte ihres Bio-Gemüses. Damit versorgt die 62-jährige Simbabwerin die Nachbarschaft, lokale Unternehmen und Kinderkrippen. „In einer Suppenküche im Township Soweto haben wir letzten Monat 1.000 Menschen ernährt.“ Um ihren Kopf trägt sie ein traditionelles Tuch, dazu T-Shirt und einen langen bunten Rock. „Im August legen wir dann richtig los: Wir pflanzen Kürbis, Rote Bete, Salat und erneut Spinat.“
Täglich um fünf Uhr früh geht es für Mam’ Refiloe, wie Molefe respekt- und liebevoll genannt wird, aufs Feld. Sie wässert, gräbt und sät. Auf dem knapp einen Hektar großen Areal helfen ihr regelmäßig junge Menschen, mal von Jugendeinrichtungen, mal von der Universität Johannesburg. Im Gegenzug teilt sie ihr Wissen um biologischen Ackerbau. Denn für Molefe bedeutet Nahrungssicherheit nicht, im Supermarkt weißes, nährstoffarmes Toastbrot zu shoppen. Nahrungssicherheit heißt: ein autonomer Zugang zu Nahrung. Für alle. „Ich bin eine starke Frau, die sich nicht aufhalten lässt.“ Ihr Ziel: so viele Menschen wie möglich ernähren und Bioanbau verbreiten.
Mit ihrem Aktivismus stellt sie das Ernährungskonzept ihres Landes infrage. Seit Jahren legt Südafrika die nationale Nahrungsversorgung vor allem in die Hände der großen Lebensmittelindustrie. Trotzdem ist Hunger weit verbreitet. Fast 30 Jahre nach dem Ende der Apartheid rangiert Südafrika in einem Bericht der Weltbank vom März noch immer als das ungleichste Land der Welt. Paradox: Theoretisch wird genug produziert, um die 60 Millionen Menschen zu ernähren. Doch nicht alles ist für den eigenen Markt bestimmt, vieles wird exportiert: Ende 2020 hatte fast ein Viertel der Bevölkerung nicht genug zu essen, um regelmäßig satt zu werden oder alle lebenswichtigen Nährstoffe aufzunehmen, fast jeder siebte Mensch in Südafrika musste zeitweise hungern.
Ernährungssicherheit in Südafrika: Suppenküche für 1.000 Menschen
Das bestätigte eine Skala der Welternährungsorganisation FAO, die Integrierte Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphase (IPC), im ersten Pandemiejahr: Die südafrikanische Ernährungssicherheit hat sich drastisch verschlechtert. Das war auch der Grund, warum Molefe, eigentlich gelernte Krankenschwester, nun Bio-Gemüse züchtet. Vor 15 Jahren sah sie, dass Kinder in der Nachbarschaft Hunger hatten. Also ging sie zur Stadt Johannesburg und bekam einen Hektar Land zur Pacht. Sie begann anzubauen, auf „natürliche Weise“, wie sie sagt. Erst später fand Molefe heraus, dass das, was sie tat, in der Sprache der Märkte Bio ist. Sie ist überzeugt: Ihr Modell ist der Weg zu Ernährungssicherheit.
Die Ernährungskrise in Südafrika ist geprägt von der Geschichte der Rassentrennung und Diskriminierung de…
Refiloe Molefe (Mitte) kocht gemeinsam mit jungen Menschen, die mal von Jugendeinrichtungen, mal von der Universität Johannesburg zu ihr kommen.