Das Amsterdamer Start-up New Optimist will kreislauffähig wirtschaften. Auf seine Mode aus recycelter Baumwolle gibt es Pfand.
In Veldhoven stehen drei Getreidemühlen. Eine davon, reetgedecktes Dach mit Flügeln wie Schaufeln, dreht sich noch im Wind. Die Gemeinde liegt in der niederländischen Provinz Noord-Brabant, grenzt zur Rechten an die Technologie-Stadt Eindhoven, zur Linken an Äcker und Wälder. Hier sitzt Europas wertvollster IT Konzern. Bei ASML entsteht Hightech, um die sich gerade China und die USA streiten.
ASML baut 150 Millionen Euro teure Maschinen. Sie können filigrane Halbleiter herstellen, die wichtigste Komponente von Hochleistungschips für Künstliche Intelligenz. Anfang dieses Jahres schaute die Welt auf Veldhoven: China solle keine der Zaubermaschinen mehr bekommen, forderte US Präsident Joe Biden. Der Westen will damit auch seinen Tech-Vorsprung schützen, unabhängiger werden.
Europa mangelt es an Firmen wie ASML – an Schlüsseltechnologien für die Digitalisierung, Energie- und Verkehrswende. So kommen nur 10 Prozent der weltweit produzierten Chips aus Europa, die meisten aus Nordamerika und Asien. Der Superproduzent, TSMC, sitzt ausgerechnet in Taiwan, auf das China Anspruch erhebt. Lithium-Ionen-Batterien, ebenfalls zu finden in Smartphones und E-Autos, sind wiederum eine Spezialität Chinas. Weltweit wurden im Jahr 2021 706 Gigawattstunden produziert, 558 von China, 11 von Deutschland.
Batterien und Chips sind das dünne Eis, auf dem wir unsere Wirtschaft digitalisieren und dekarbonisieren. Die Lieferketten knirschen und knarzen unter dem Gewicht geopolitischer Spannungen. Brechen sie an einer einzigen Stelle, kann das weltweit ganze Wirtschaftszweige lahmlegen. Wie geht es anders, sicherer – lokaler?
Dass sich etwas ändern muss, hat sich im Pandemie-Jahr gezeigt wie nie zuvor. Materialien wurden knapp, zum Beispiel Silizium für Mikrochips und Solarzellen. Der Stoff kommt zwar weltweit vor, wird aber vor allem in China verarbeitet. Im Juli 2022 melden 73 Prozent der deutschen Industrieunternehmen Material-Engpässe. 90 Prozent der Elektrotechnik-, Auto- und Maschinenbaufirmen fehlen Rohstoffe und Vorprodukte, insbesondere Chips. Hinzu kommen explodierende Energiepreise im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Im Mai 2023 haben immer noch mehr als 50 Prozent der Unternehmen aus der Elektroindustrie und dem Maschinenbau Probleme. Gesammelt wurden die Daten vom ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München.
Was war passiert? Coronabedingte Lockdowns, Straßensperrungen, in Panik stornierte Aufträge, Energiekrise, insolvente Zulieferer. Stimmt alles. Doch es geht um mehr als Pandemie und Krieg. Beide Katastrophen haben massive Abhängigkeiten offengelegt. Russland und die Ukraine gehören zu den wichtigsten Nahrungsmittelproduzenten der Welt. Exportstopps für Sonnenblumenöl, Weizen, Gerste und Mais machten sich weltweit bemerkbar, in Ostafrika haben sie Hungersnöte verschärft. Nie zuvor wurde unsere Abhängigkeit von russischem Öl und Gas sichtbarer. Im Mai 2022 sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg beim Weltwirtschaftsforum in Davos: „Freiheit ist wichtiger als Freihandel. Und der Schutz unserer Werte ist wichtiger als Profite.“ Der Begriff „Friendshoring“ verfing: Wir sollten unsere Produktionen in Länder verlagern, die unsere Werte teilen, appellierte etwa die US-amerikanische Finanzministerin Janet Yellen.
Selbst dann: Störungen gäbe es trotzdem reichlich, wie eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey zeigt. Demnach kommt es alle 3,7 Jahre zu größeren Schocks, ausgelöst durch Finanzkrisen, (Cyber-)Terrorismus, Extremwetter oder Naturkatastrophen. So brachten 2011 ein Erdbeben und Tsunami in Japan hochspezialisierte Elektrotechnik-Fabriken und damit Warenströme weltweit zum Erliegen. 2017 fegte ein Hurrikan durch die Südstaaten der USA, wo einige der größten Ölraffinerien sitzen. Die Produktion wichtiger Kunststoffe und Harze brach zwischenzeitlich ein. 2021 verschärfte extremes Wetter auch den pandemiebedingten Chipmangel: Wegen einer Dürre in Taiwan fehlte Wasser für die Halbleiter-Herstellung. In Texas, USA, mussten Chipfabriken wegen eines Schneesturms schließen.
Neues EU-Rohstoffgesetz
Solche (klimabedingten) Störungen bringen globale Lieferketten mindestens einen Monat lang aus dem Tritt. Gleichzeitig hat die Klimakrise einen Strukturwandel angestoßen, für den ebendiese Lieferketten reibungslos funktionieren müssen. Wir brauchen größere Mengen an kritischen Rohstoffen für nachhaltige Mobilität und Energiespeicherung, stellen diese aber kaum lokal her. Im Jahr 2030 wird unser Lithium-Bedarf 7- bis 18-mal so groß sein wie bisher, schätzt die EU-Kommission. Eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) ergab: Bei 14 von 27 kritischen Rohstoffen aus der EU-Liste ist Europa zu 100 Prozent von Importen abhängig. Bei Lithium, Silizium, Kobalt, Wolfram und Phosphorit etwa.
Der erste Versuch einer Antwort heißt „Critical Raw Materials Act“, ein Rohstoffgesetz der EU. Punkt 1 bis 3: Lokale Produktion und Recycling. Bis 2030 sollen 10 Prozent des jährlichen Verbrauchs kritischer Rohstoffe in der EU abgebaut, 40 Prozent in der EU verarbeitet und 15 Prozent recycelt werden. Punkt 4: Risiko streuen. Nicht mehr als 65 Prozent des jährlichen Bedarfs der EU dürfen aus nur einem Land bezogen werden, sofern es nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum gehört.
Gestern „Not in my backyard“-Politik, morgen Bergbau vor der Haustür? Anträge für die Förderung kritischer Rohstoffe will die EU künftig innerhalb von zwei statt zehn Jahren genehmigen.
Umweltverbände fürchten, dass Bergbauprojekte über das Umweltrecht gestellt werden könnten, mit gerodeten Wäldern und verschmutztem Grundwasser als Folge. Wie anderswo geschehen, um an Lithium, Kobalt & Co zu kommen. Zumindest in Skandinavien baut man schon Minen im Garten. Norge Mining macht sich im Süden Norwegens an das riesige Phosphat-Vorkommen, damit etwa Lithium Eisenphosphat-Akkus für Elektrofahrzeuge hergestellt werden können. In Finnland entsteht eine Lithium-Fabrik und Grönland will mehr Molybdän liefern, nötig für leistungsstarken Stahl in Windrädern, E-Autos oder Gebäuden.
Passend zum „Critical Raw Materials Act“ vom März 2023, genehmigte das EU-Parlament im Juli 2023 den „Chips Act“, und damit Fördermaßnahmen in Höhe von 43 Milliarden Euro. So soll sich Europas Anteil an der Halbleiterproduktion bis 2030 von 10 auf 20 Prozent verdoppeln. Staatliche Subventionen sorgen bereits jetzt dafür, dass in Magdeburg Werke des US-amerikanischen Halbleiterherstellers Intel entstehen. Auf dem Gelände eines ehemaligen Kohlekraftwerks im Saarland fertigt Wolfspeed, ebenfalls aus den USA, bald Super-Chips für reichweitenstarke E-Autos. Die neue Halbleiter-Fabrik von Bosch sitzt in Dresden. Und um Autobauer Volkswagen herum hat sich eine Allianz gebildet, die eine europäische Batterieproduktion aufbauen will.
Lieferwege verkürzen
Aufgrund der Schocks der vergangenen Jahre rücken Unternehmen näher an ihre Zielmärkte. Sie eröffnen zusätzliche Produktionsstätten in Europa statt anderswo, diversifizieren ihre Lieferketten. Ein weiterer Trend scheint sich abzuzeichnen: „Reshoring“, die Rückholung der Produktion ins Inland – oder zumindest in Nachbarländer („Nearshoring“). Der Standort Portugal boomt, liefert Textilien, IT, Fahrräder und Keramik. „Hat die Globalisierung ihren Zenit überschritten?“, fragen sich Politik und Öffentlichkeit. Und tatsächlich sah es zu Beginn der Pandemie so aus, als würden Unternehmen auf Reshoring setzen. Seitdem ist nicht mehr viel passiert, zeigt eine globale Vergleichsstudie der Unternehmensberatung McKinsey. Demnach kündigten 40 Prozent der Supply-Chain-Manager:innen 2020 an, ihre Produktionen zu regionalisieren, aber nur 15 Prozent hatten das ein Jahr später tatsächlich in die Wege geleitet. Sicher: 15 Prozent ist angesichts der Investitionen und des Planungsaufwandes, die Produktionsverlagerungen mit sich bringen, nicht gerade wenig. Von einem branchenübergreifenden Trend würde die Ökonomin Frauke Steglich dennoch nicht sprechen. „In den Daten sehen wir noch keinen großen Shift.“ Steglich forscht zu globalen Lieferketten und Corporate Social Responsibility am Kiel Institut für Weltwirtschaft und ist Teil des internationalen Forschungsnetzwerks Nachhaltige Globale Lieferketten. Was sich eher abzeichnet: Standorte werden vermehrt dort aufgebaut, wo die Rohstoffe herkommen und wo die Zulieferer sitzen. „Die Produktionen gehen also in die Breite, statt zurückzukommen.“ Sitzen Lieferanten in der Nähe, sind die Lieferwege kürzer, weniger störungsanfällig – und günstiger.
Wer seine Lieferketten anpasst, handelt meist aus Kostengründen. Das zeigt eine Studie des Herchenbach Supply Chain Institute von 2023, für die Logistik-Manager:innen befragt wurden. Während der Pandemie etwa entwickelte sich der Frachtverkehr zum Geldfresser, zeitweise versiebenfachten sich die Containerpreise von Shanghai bis Rotterdam. Der wichtigste Faktor aber: die Lohnkosten. Weil das Gefälle zwischen Asien und Europa langsam schrumpft, denken mehr Unternehmen über Reshoring nach. Wirklich lohnen tut es sich aber nur, wo Automatisierung möglich ist. Weniger Personal heißt geringere Lohnkosten – und ist in Ländern mit Fachkräftemangel ohnehin sinnvoll.
Reshoring geht nur teilweise
Ein bekanntes Beispiel ist C&A. Seit 2022 produziert das niederländisch-deutsche Modeunternehmen wieder Jeans in Deutschland, teils automatisiert, und wirbt mit: „Sustainability closer than ever.“ Gerade in der Textilindustrie ist Reshoring allerdings nur bis zu einem gewissen Grad möglich. Lieferkettenexpertin Steglich: „Einerseits wollen Modefirmen nah an den Endkonsument:innen sein, weil die Branche schnelllebig ist. Andererseits macht es Sinn, dicht an den Rohstoffen zu sein – die meisten Fasern kommen aus Asien.“
So haben Ketten wie H&M Produktionen in Asien, aber auch in Nordafrika oder in der Türkei, um schneller auf europäische Modetrends reagieren zu können. Adidas etwa eröffnete 2017 eine hochautomatisierte Schuhfabrik im deutschen Ansbach. Roboter nähten und klebten hier Treter, die zu aktuellen Trends oder Sportevents passten. 2020 schloss sie wieder: Asien hatte technologisch schneller aufgeholt als gedacht.
Die Beispiele zeigen, dass Re- oder Nearshoring nicht zwangsläufig mit Nachhaltigkeit zu tun hat. Punkte wie weniger Emissionen durch kürzere Transportwege oder hohe soziale und ökologische Produktionsstandards durch die Herstellung innerhalb der EU sind in den meisten Unternehmen (noch) nicht ausschlaggebend. Das zeigt auch die Umfrage unter Logistik-Manager:innen des Herchenbach Supply Chain Institute. Für 38 Prozent der 320 Befragten aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien ist der Preis entscheidend, für jeweils 27 Prozent Sicherheit und Schnelligkeit. Ganz anders sieht es bei vielen Unternehmen aus, die sich neu gründen. Mit lokaler Produktion streben sie einen niedrigen CO2 -Fußabdruck und hohe Qualität an. Das Start-up Local Tea etwa züchtet und braut Teesorten in den Niederlanden. Damit spart es Berechnungen der Forschungsgruppe Young Academy an der Universität Amsterdam zufolge 96 Prozent der CO2-Emissionen und 99 Prozent der Energie, die bei gängigen Teeprodukten aus Indien und China anfallen. BambooLogic pflanzt Bambus in Portugal, um europäische Industrieunternehmen mit einem schnell nachwachsenden Rohstoff zu versorgen.
Doch Fakt ist: Unsere globalen Lieferketten werden sich so nicht ersetzen lassen, „dafür ist unsere Nachfrage nach Tee oder Holz viel zu groß“, sagt Frauke Steglich. Lokal ist keine Alternative für global, sondern eine Ergänzung. Lokale, vermutlich höherpreisige Produkte für die eine Zielgruppe, globale Güter für den Massenmarkt. „Das kann und muss nebeneinander funktionieren.“ Denn würden sich europäische Firmen aus Ländern des Globalen Südens zurückziehen, ginge das vermutlich auf Kosten der Arbeiter:innen vor Ort. Steglich: „Tendenziell sind die Löhne und Qualitätsstandards im Globalen Süden höher, wenn die Abnehmerfirmen im Globalen Norden sitzen.“
Der führende Technologiestandort China etwa hat mit Niedriglöhnen begonnen, heute gleichen sich die Lohnkosten küstennaher Regionen denen in Osteuropa an. „In der Textilbranche Äthiopiens ist ein ähnlicher Trend zu erkennen. Mit automatisierter, höherwertiger Arbeit gründen sich Nebengewerbe und Zulieferer.“ Wichtig ist also, dass „wir uns um die Produktionsbedingungen in den Partnerländern kümmern“, betont Steglich, „und uns um neue strategische Partnerschaften bemühen“.
Was können wir im Tausch für Rohstoffe anbieten, das den Gesellschaften nutzt – Investitionen, Arbeitsplätze? Etwa Marokko für seinen grünen Wasserstoff, dem Senegal für sein Erdgas, Chile für Lithium. „Das Modell ‚Wir holen uns, was wir brauchen‘ ist längst überholt.“
Nachhaltigere Lieferketten
Wenn sich also (neue und alte) globale Lieferketten in vielen Bereichen – von Baumwolle bis zu Lithium – nicht lokalisieren lassen, was bleibt dann? Wir müssen sie nachhaltiger machen. Ein erster Schritt: Seit dem 1. Januar ist das Lieferkettengesetz der deutschen Regierung in Kraft, die EU arbeitet noch an einem europaweiten Konzept.
Es verpflichtet große Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden im Inland zur Einhaltung von Menschenrechten entlang ihrer Lieferketten – von Vertragspartnern bis hin zu Zulieferern. So müssen sie faire Löhne und den Schutz vor Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Umweltzerstörung sicherstellen. Allerdings haben die meisten Unternehmen noch keinen Plan: Nur 13 Prozent der Firmen mit mehr als 1.000 Angestellten wissen genau über ihre unmittelbaren Lieferanten Bescheid. Das aufzuholen wird aufwendig und teuer. Wer trägt die Kosten, wie will die EU Verstöße bestrafen?
Noch ratloser macht das Thema Dekarbonisierung. Beispiel Containerschifffahrt: 300 Tonnen Schweröl verbraucht ein mittelgroßes Containerschiff pro Tag. 5.400 Containerschiffe insgesamt sind auf den Weltmeeren unterwegs. Ammoniak und Methanol wären die besten alternativen Antriebe. Das hat ein Forschungsteam der ETH Zürich 2022 analysiert. Bislang gibt es einen Methanol-Frachter weltweit.
Entscheidender als die Frage, wie globale Lieferketten nachhaltiger werden, ist wohl: Wie nachhaltig können globale Lieferketten in einem linearen Wirtschaftssystem überhaupt sein?
70 Prozent der globalen Treibhausgase sind Folge der verschwenderischen Gewinnung und Nutzung von Materialien, so die Organisation Circle Economy. Weltweit werden nur 7,2 Prozent der Ressourcen wiederverwendet. Würden wir auf 17 Prozent kommen, könnten wir die Erderhitzung auf unter zwei Grad begrenzen. Die Lösung heißt also: Kreislaufwirtschaft.
Doch selbst europaweit gibt es immer noch keinen richtigen Markt für sogenannte Sekundärrohstoffe, wie recyceltes Plastik. So bleibt Neuplastik günstiger. „Damit Recycling zur inländischen Mine wird, sich ökonomisch lohnt, müssen wir dabei Sekundärrohstoffe in großen Mengen gewinnen. Und die nötigen Abnehmer dafür haben“, sagt Adriana Neligan. Die Ökonomin ist am Institut der deutschen Wirtschaft, einem privaten Wirtschaftsforschungsinstitut in Köln und Berlin, für die Themen Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit und Umweltschutz zuständig.
Um den Recyclingmarkt zu vergrößern, müssten Unternehmen zirkuläre Geschäftsmodelle aufbauen – ihre Produkte kreislauffähig designen (demontierbare, nicht verklebte Einzelteile), sie reparieren und am Lebensende wieder einsammeln, um die enthaltenen, wertvollen Rohstoffe bergen zu können. Wer so wirtschaftet, ist sogar erfolgreicher. Das ergab eine Studie von Adriana Neligan und Kollegin Sarah Lichtenthäler, die 2023 im Fachblatt für Wirtschaftspolitik Intereconomics erschien. Dafür wurden 1.000 Unternehmen nach ihren zirkulären Strategien, Umsatzentwicklungen und Zukunftsprognosen befragt. Jetzt gilt es, so Neligan, diese Erkenntnisse zu verbreiten.
Immerhin: Auch das EU-Rohstoffgesetz rückt die Kreislaufwirtschaft in den Fokus, lässt aber Fragen zur Umsetzung offen. Gesellschaften, die immer mehr Neumaterialien fressen, sind auch durch Recycling nicht mehr zu retten. So sinkt der Anteil an Sekundärrohstoffen in unserer Weltwirtschaft, statt zu steigen, zeigt der jährliche „Circularity Gap Report“ von Circle Economy. Werden 2023 7,2 Prozent der Materialien wiederverwendet, waren es drei Jahre zuvor 8,6 und fünf Jahre zuvor 9,1 Prozent. Ohne einen sparsamen, effizienten Umgang mit Ressourcen geht es nicht. Anders ausgedrückt: Eine Kreislaufwirtschaft stößt dann an ihre Grenzen, wenn E-Autos auf die Straßen gebracht werden, ohne gleichzeitig Alternativen zu schaffen, die den Individualverkehr reduzieren. Streiten wir also für eine nachhaltige Wirtschaftsform mit weniger Verschwendung und Abhängigkeiten – und mehr lokalem und internationalem Handel auf Augenhöhe. Schaffen wir „glokale“ Lieferketten.
Ein Hafen im chinesischen Guangzhou: Container sind zum Symbolbild für die überfrachteten Lieferketten der Welt geworden.