Nicht wenige Menschen in den USA halten Donald Trump für einen Gesandten Gottes, der sie vor Feminismus, nicht-weißen und nicht-heterosexuellen Waffenhasser:innen beschützen wird. Von Pennsylvania bis Texas posieren sie bei Trump-Rallyes mit Schildern eines weißen Jesus, der eine rote Make-America-Great-Again-Baseball-Cap trägt. Dasselbe Bild hielt eine Frau in die Höhe, als Trump-Fans am 6. Januar 2020 das Kapitol stürmten. Andere beliebte Slogans im Wahlkampf: „Make America godly again“ und „God, Guns, Trump“.
Trump und sein Team spielen bewusst mit dem Image als Heilsbringer: Er macht Werbung für die God-Bless-the-USA-Bibel, einer seiner Wahlspots predigt: „So God made Trump.“ Acht von zehn weißen evangelikalen Christ:innen in den USA haben ihn laut der Wahlumfrage AP VoteCast am 5. November gewählt. Dazu passt, dass 87 Prozent aller weißen Sympathisant:innen und Anhänger:innen eines christlichen Nationalismus laut einer Studie des Public Religion Research Institute 2023 der Aussage zustimmten, Amerika sei für europäische Christ:innen das Gelobte Land. Wie gefährlich dieses Denken ist, haben auch zwei ehemalige evangelikale Prediger begriffen, die in ihrem erfolgreichen Podcast Straight White American Jesus über weißen christlichen Nationalismus in den USA aufklären.
Doch natürlich hat die MAGA-Bewegung – MAGA ist die Kurzform von Make America Great Again – den weißen Jesus nicht erfunden. Obwohl sich die meisten Historiker:innen einig sind, dass der historische Jesus wie ein durchschnittlicher Mann im Nahen Osten ausgesehen haben muss – aufgrund seines jüdischen Glaubens bärtig, mit olivfarbener- bis dunkelbrauner Haut, dunklem Haar und dunklen Augen –, halten sich Darstellungen, die ihn mit rosiger Haut und blonden Locken zeigen. Seit sich das Christentum in Europa verbreitete, gibt es dieses Bild; mit dem Kolonialismus wurde es in den Rest der Welt exportiert. Ein weißer Jesus war für die Kolonialherren ein nützliches Propaganda-Tool: Mit seiner Hilfe wurden sie für missionierte Einheimische optisch zu gottgleichen, ihnen überlegenen Wesen.
Der Historiker Edward J. Blum schreibt in seinem Buch The Color of Christ, in den USA sei das Bild eines weißen Jesus historisch instrumentalisiert worden, um Sklaverei, Lynchjustiz, Gesetze gegen „gemischte“ Ehen und Feindseligkeit gegenüber nicht-weißen Einwander:innen zu rechtfertigen.
In der Bibel beschreiben nur wenige Stellen Jesu Äußeres. Im Buch Jesaja wird prophezeiht, dass der Messias nicht besonders attraktiv sein werde. Im Brief an die Hebräer heißt es, Jesus sei vom Stamm Juda, vermutlich sah er also semitisch aus. Und in der Offenbarung steht, er habe Haar wie „weiße Wolle“, Füße wie „Golderz“ und ein Gesicht, das „leuchtet wie die Sonne“. Doch beschreibt Johannes hier seine Vision des auferstandenen Jesus und stellt ihn kaum realistisch, sondern als göttttliche Erscheinung dar. Aber entscheidender als sein Aussehen ist doch: Jesus war ein Flüchtling, der Nächstenliebe predigte und unter Imperialismus und Diskriminierung litt. Not very MAGA.
Von Trump-Rallyes nicht wegzudenken: Die rote Baseball-Cap mit dem Wahlkampf-Slogan Make America Great Again.