Schwerpunkt: Kreislaufwirtschaft

Müllfrei auf dem Mond

Die internationalen Weltraumbehörden wollen den Mond besiedeln. Eine Chance, besser zu wirtschaften? Zuerst wird aufgeräumt.

Nur einen Katzensprung vom Warnemünder Strand entfernt liegt der Mond. Zumindest das, was ihm auf deutschem Boden am nächsten kommt. Mitten im Ostsee-Flughafen Rostock-Laage befindet sich hinter einer Plexiglaswand „#TheMoon“, die größte künstliche Mondlandschaft Europas.

„Jeder darf kostenlos hineinschauen“, sagt Frank Koch, deutscher Physiker und Schöpfer des Mecklenburg-Vorpommerschen Mondgeländes in einem Videocall, „Sie gehen rein in das Terminal: Rechts ist der Check-in-Schalter, links der Mond.“

Wer nicht vorhat in nächster Zeit persönlich nach Rostock zu fahren, kann sich #TheMoon aber auch auf seiner Website ansehen: Der Boden ist bedeckt mit einem fremdartigen, weißgrauen Gestein, aus dem eine Landekapsel, manchmal auch ein Raketenmodell, ragt. Ruckelige Rover-Roboter bahnen sich auf ihren kleinen Rädern mühsam ihren Weg durch das Geröll und wirbeln dabei helle Staubwolken auf – so wie es auch auf dem echten Mond der Fall wäre.

Das Gestein ist Ersatz für Regolith – so nennen Fachleute das echte Mondgestein – und wurde von Kochs Kooperationspartner Stefan Linke und dessen Team vom Institut für Luft- und Raumfahrt der TU Berlin ent- wickelt, damit Unternehmen und Wissenschaftler:innen unter lunaren Bedingungen forschen können. Das Interesse ist riesig: Denn der Mond feiert gerade ein großes Comeback.

130 Millionen Teile Weltraumschrott

Nachdem sich dort 50 Jahre kein Mensch mehr rumgetrieben hat, will die US-Raumfahrtbehörde NASA ab 2026 die erste Frau und die erste Person of Color auf unseren Trabanten schicken, China will ab 2030 eine bemannte Landung durchführen. Gemeinsam mit anderen internationalen Weltallbehörden, unter anderem mit der europäischen ESA, will die NASA zusätzlich ein dauerhaftes Basislager auf dem Mond errichten: das Artemis Camp. Diese Forschungsstation soll zusammen mit dem Lunar Gate- way, einer Raumstation in der Mondumlaufbahn, als Zwi- schenstopp für die nächste große Expedition ins Welt- all dienen: die erste menschliche Reise zum Mars.Und wie wurde Frank Koch Teil dieses riesigen Unterfangens?

Physiker Frank Koch (li.), Schöpfer des Testgeländes #TheMoon (re.) in Rostock-Laage. Fotos: privat / Frank Koch

„Vor vielen Jahren, als ich eigentlich gerade damit beschäftigt war, an energiesparenden Rechenzentren zu forschen, entwickelte ein Freund von mir ein Weltall-Teleskop und bat mich um Hilfe“, erzählt der Wissenschaftler. Koch blickte durch ein Fernrohr in den Nachthimmel, um die Sterne zu betrachten und sah: ein vermülltes Universum. Expert:innen gehen von gut 130 Millionen Teilchen Weltraumschrott im Erdorbit aus.

Diese Splitter, die einen Zentimeter bis über einen Meter groß sein können, stammen zum Beispiel von Raketenresten, getrocknetem Treibstoff, vor allem aber von kaputten Satelliten. Diese Grundpfeiler unserer Kommunikation werden zu Tausenden ins Weltall geschossen, obwohl sie keine lange Lebensdauer haben. So ist die Erde mittlerweile von Ringen umgeben, wie sie auch den Planeten Saturn umschließen, nur bestehen unsere nicht aus Eis und Gestein, sondern aus menschengemachtem Müll.

„Um die Erde herum gibt es eine ähnliche Verschmutzung wie in unseren Ozeanen, nur ist dieser Müll für uns Menschen noch weniger sichtbar. Das macht es leicht, ihn zu ignorieren“, sagt Koch. Dabei ist der Schrott in unserem Orbit eine reale Gefahr für Menschenleben.

Im niederrheinischen Uedem überwacht die Bundeswehr den Überflug des Batterie-Blocks der ISS, um Unfälle zu verhindern. Immer wieder kracht Weltraumschrott auf die Erde, wie Anfang 2024 in Florida. Foto: IMAGO / Markus van Offern

Erst Mitte April 2024 bohrte sich ein Teil eines 2,6 Tonnen schweren Batterieblocks, der von der Internationalen Raumstation ISS abgekoppelt wurde, in ein Haus in Florida. „Es durchbrach mein Dach und ging durch zwei Stockwerke. Traf fast meinen Sohn“, schrieb der Besitzer des Hauses, Alejandro Otero, auf X. Auch die ISS selbst und aktive Satelliten sind p…

Foto: IMAGO / piemags, Frank Koch

Rumpelnd über das künstliche Mondgestein: Testfahrt eines Rovers im Rostocker Testzentrum.

Schwerpunkt Kreislaufwirtschaft

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